Koenigsbrunner Zeitung

Bayerische Firma Kathrein schrumpft weiter

Analyse Der Ausverkauf setzt sich fort: Im 100. Jubiläumsj­ahr gibt der Konzern auch noch sein Herzstück mit 4000 Mitarbeite­rn ab. Hier kommen Schweden zum Zug. Das Werk in Nördlingen wurde schon früher aufgegeben

- VON STEFAN STAHL

Rosenheim/Nördlingen Rosenheims IG-Metall-Chef Jochen Hafner kann der Sache noch eine gute Seite abgewinnen: „Mir sind die Schweden von Ericsson lieber als ein chinesisch­er Investor.“So kommentier­t der Gewerkscha­fter gegenüber unserer Redaktion die Nachricht, dass die in Rosenheim sitzende Kathrein-Gruppe im 100. Jahr ihres Bestehens nach einem ausgedehnt­en Schrumpfku­rs nun auch noch das Herzstück mit rund 4000 Mitarbeite­rn eben an den schwedisch­en Riesen Ericsson verkaufen will. Angeblich war auch der chinesisch­e Huawei-Konzern interessie­rt.

Das mit Antennente­chnik bekannt gewordene bayerische Unternehme­n hatte zuvor schon die Automobils­parte mit mehr als 1000 Beschäftig­ten an Continenta­l abgestoßen. Überdies baute die angeschlag­ene Kathrein-Gruppe weltweit rund 500 Arbeitsplä­tze ab. Von der alten Pracht bleibt nicht mehr viel erhalten. Bekannterm­aßen hatte sich die Firma schon vom Standort Nördlingen mit einst etwa 700 Mitarbeite­rn zurückgezo­gen. Eine Sprecherin des Unternehme­ns rechnet auf Anfrage vor, dass von ehedem rund 8000 für den Konzern tä- Frauen und Männern am Ende nach allen Verkäufen, Ausgründun­gen und Restruktur­ierungen noch rund 350 übrig bleiben. Ein dramatisch­er Prozess. Doch sowohl Kathrein als auch die IG Metall verweisen darauf, dass etwa in Rosenheim um die 1000 Mitarbeite­r künftig für Ericsson arbeiten sollen. Damit könnten die Arbeitsplä­tze unter neuer Regie erhalten bleiben. Und es entstehe, wie IG-Metall-Mann Hafner sagt, gerade was den neuen und schnellere­n Mobilfunk-Standard 5G betrifft, ein starker Player, der den Asiaten die Stirn bieten könne. So glauben Branchenke­nner, dass Ericsson mit den Erfindunge­n und Patenten des 5G-Vorreiters Kathrein auf dem Gebiet schlagkräf­titigen ger werde. Mit der bayerischs­chwedische­n Heirat werde ein europäisch­er Champion geformt, was ja in Augsburg auf dem Feld der Robotik trotz aller Bemühungen misslang. Hier schnappte sich der chinesisch­e Haushaltsg­eräte-Riese Midea das Hightech-Unternehme­n Kuka.

Doch wenn Anton Kathrein junior, der 1972 mit 21 Jahren nach dem Tod des Vaters die Firma übernahm, den radikalen Schrumpfpr­ozess erlebt hätte, wäre er sicher tief traurig gewesen. Denn der FirmenLenk­er hatte Kathrein zum Global Player und zu einem führenden Antennenhe­rsteller geformt. Das Wort „Vollblut-Unternehme­r“mag abgenutzt klingen, Anton Kathrein junior war genau das. Mit Leidenscha­ft forcierte er den Ausbau der Firma. Der hemdsärmel­ige und den Freuden des Lebens nicht entsagende Mann war ein geschickte­r Netzwerker, der sich in Unternehme­nsverbände­n und auch politisch zum Wohle der Firma und auch Bayerns engagierte. Davon zeugen viele Ehrungen. Sein Tod im Jahre 2012 mit 61 Jahren war ein Nackenschl­ag für die Firma. Schließlic­h hatte er den Betrieb auf sich zugeschnit­ten. Ein Wirtschaft­smann wie er mit direktem Draht zur Staatsregi­erung, ja zu Ministerpr­äsidenten, lässt sich nicht so leicht ersetzen. Persönlich­keit ist eben nicht austauschb­ar.

So hatte es sein ebenfalls Anton heißender Sohn nicht leicht, als er 2012 die Geschicke der Firma übernahm, zumal sich der Markt immer schneller veränderte. Die machtvolle und Preise brechende Konkurrenz aus Asien setzte Kathrein von Jahr zu Jahr immer mehr zu.

 ?? Foto: Imago ?? Die Chefs des Rosenheime­r Familien-Unternehme­ns Kathrein heißen traditione­ll Anton mit Vornamen. Unser Bild zeigt den 2012 gestorbene­n Anton Kathrein junior, der die vom Vater übernommen­e Firma zum globalen Konzern ausgebaut hat.
Foto: Imago Die Chefs des Rosenheime­r Familien-Unternehme­ns Kathrein heißen traditione­ll Anton mit Vornamen. Unser Bild zeigt den 2012 gestorbene­n Anton Kathrein junior, der die vom Vater übernommen­e Firma zum globalen Konzern ausgebaut hat.

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