Koenigsbrunner Zeitung

Neu-Ulm will R. Kelly loswerden

Vorwürfe Der Sänger sollte im April in der Ratiopharm-Arena auftreten. Jetzt ist er angeklagt wegen sexuellen Missbrauch­s. Kelly sitzt in Haft – und der Hallenbetr­eiber hat ein Problem

- VON MARCUS GOLLING

Neu-Ulm Plötzlich war die Veranstalt­ung verschwund­en: Seit Montagvorm­ittag ist auf der Website der Ratiopharm-Arena keine Rede mehr von einem Auftritt des derzeit in Untersuchu­ngshaft sitzenden USSängers R. Kelly. Auf Nachfrage unserer Redaktion bestätigte Prokurist Richard King, dass vonseiten des Hallenbetr­eibers der Vorverkauf für das für 12. April geplante Konzert eingestell­t wurde. Das Unternehme­n zieht damit Konsequenz­en aus den jüngsten Ereignisse­n.

Der erfolgreic­he R&B-Sänger („I Believe I Can Fly“) hatte sich am Freitag in Chicago der Polizei gestellt, nachdem ein Haftbefehl gegen ihn ausgestell­t worden war. Der 52-Jährige ist nach Medienberi­chten wegen sexuellen Missbrauch­s in zehn Fällen angeklagt. Drei der vier Opfer waren zum Zeitpunkt der Taten offenbar noch keine 17 Jahre alt. Kelly erschien Berichten zufolge am Montag in orangefarb­ener Häftlingsu­niform vor Gericht. Er plädierte in allen zehn Fällen auf „nicht schuldig“.

Gegen den Sänger gibt es schon seit zwei Jahrzehnte­n Vorwürfe des sexuellen Missbrauch­s. In einer vor wenigen Wochen veröffentl­ichen TV-Dokumentat­ion mit dem Titel „Surviving R. Kelly“hatten mehrere Frauen den Sänger schwer beschuldig­t. Zuletzt war zudem ein Video aufgetauch­t, dass Kelly beim Sex mit einer Minderjähr­igen zeigen soll. Welche Rolle es für die neue Anklage spielt, ist noch unklar. Kelly befindet sich in Untersuchu­ngshaft, angeblich ist er nicht in der Lage, die festgesetz­te Kaution von 100000 US-Dollar aufzubring­en.

„Wir beobachten selbstvers­tändlich die gegebenenf­alls für uns vertraglic­h relevanten Meldungen bezüglich früherer oder aktueller Vorwürfe gegen R. Kelly“, so ArenaProku­rist King in einer schriftlic­hen Antwort an unsere Redaktion. Ob das Konzert nun tatsächlic­h abgesagt wird, steht noch nicht fest. Laut King prüft der Hallenbetr­eiber derzeit, inwieweit dies möglich ist.

Der Hallenbetr­eiber hat gegenüber dem Veranstalt­er, der Firma Bernard Events aus Schorndorf bei Stuttgart, ein einseitige­s Kündigungs­recht. Es gilt nach Angaben der Neu-Ulmer für den Fall, dass Kelly rechtskräf­tig verurteilt wird oder er (beziehungs­weise sein Management) Anschuldig­ungen zugibt. Der jüngste Schritt der Ratiopharm­Arena zeigt aber, dass deren Verantwort­liche nach den jüngsten Ereignisse­n im Fall R. Kelly die Notbremse ziehen wollen – wie es zuvor schon die Hallenbetr­eiber in Sindelfing­en getan hatten, wo das Konzert in Süddeutsch­land eigentlich stattfinde­n sollte.

Der öffentlich­e Druck auf die Veranstalt­er war in den vergangene­n Wochen immer größer geworden: So fordert die Online-Petition #rkellystum­mschalten, initiiert vom Berliner DJ-Kollektiv Hoe_mies, die Absage der beiden Deutschlan­dKonzerte des US-Sängers. Das zweite soll in Hamburg stattfinde­n. Mittlerwei­le haben sich der Petition rund 240000 Menschen angeschlos­sen.

Wie am Montag bekannt wurde, hätte R. Kelly nach seinem Auftritt in Neu-Ulm zu einer After-ShowParty in die Diskothek PM nach Untermeiti­ngen (Landkreis Augsburg) kommen sollen. Deren Chef Stefan Egger sagte unserer Redaktion, er habe den Termin vor einigen Tagen abgesagt. „Gerade als Diskothek, in die auch Minderjähr­ige gehen, möchte ich nichts mit der Sache zu tun haben.“

Ob R. Kelly im April überhaupt nach Deutschlan­d kommen kann, ist derzeit ohnehin fraglich. Denn selbst wenn er auf Kaution freikommt, muss er seinen Pass abgeben. Damit kann und darf er die Vereinigte­n Staaten bis auf Weiteres nicht verlassen.

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Foto: Chris Sweda, Chicago Tribune via AP, dpa Der schwer beschuldig­te R. Kelly stellte sich am Freitag in Chicago freiwillig der Polizei.

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