Die Sorgen und Trends des Reisejahres 2019
Messe Overtourism, Brexit … Wenn kommende Woche die ITB in Berlin startet, hat die Branche viel Diskussionsstoff
Mehr Urlaub geht nicht: zumindest in 26 Berliner Messehallen. Wenn nächste Woche am 6. März mit der Internationalen Tourismusbörse (ITB) die größte Reisemesse der Welt startet, geht es für die meisten Messebesucher um Inspiration für die schönsten Wochen des Jahres. Die Touristiker dagegen werden den Branchentreff nutzen, die aktuellen Probleme des Reisejahrs 2019 zu diskutieren. Ein Überblick:
● 1. Overtourism Amsterdam, Venedig, Dubrovnik: Viele beliebte Reiseziele in Europa leiden unter Besuchermassen – etwa, weil durch die Vermietung von Wohnungen an Urlauber Mieten steigen oder zu viele Kreuzfahrtgäste gleichzeitig an Land gehen. In vielen Städten gibt es bereits Pilotprojekte – aber auch drastische Maßnahmen. Gerade erst kündigte die Stadt Paris an, den Unterkunftsvermittler Airbnb auf eine „Rekordstrafe“zu verklagen, da illegale Touristenunterkünfte die Mieten erhöhten. Das Reiseportal Travelzoo wird eine Studie zu Overtourism vorstellen.
● 2. Chaos am Himmel Erst Air Berlin, nun Germania: Wenn Airlines pleite gehen, ist das Geld für gebuchte Tickets oft verloren. Das betrifft Passagiere, die keine Pauschalreise gebucht haben. Der Frust darüber ist groß, Verbraucherschützer erwarten Lösungen. Auch der Deutsche Reiseverband (DRV) forderte nach der Germania-Pleite im Februar erneut eine Insolvenzabsicherung für Airlines. Hinzu kommt die Sorge, wie stabil der Flugverkehr nach dem Chaosjahr 2018 im Sommer sein wird. Betroffene AirBerlin-Kunden warteten teils noch immer auf rechtmäßige Entschädigungen. Auch an den deutschen Flughäfen lief vieles nicht rund, etwa wegen langsamer Sicherheitskontrollen. Eine Situation wie 2018 soll sich nicht wiederholen. Doch die Fluglotsengewerkschaft GdF hat bereits vor einem neuerlichen Chaos im europäischen Luftverkehr im kommenden Sommer gewarnt. ● 3. Der Brexit Großbritannien verlässt die EU. Doch zu welchen Bedingungen und mit welchen Folgen, ist immer noch offen. Der Brexit dürfte auch große Auswirkungen auf den Reiseverkehr haben. „Das wird sicher ein Thema sein“, sagt David Ruetz, Leiter der ITB. Eine Veranstaltung auf der Messe heißt „Großbritannien-Tourismus am Scheideweg“. Die größte Unsicherheit betrifft die Flüge: Die EUKommission hat einen Notfallplan vorgelegt, wonach der Flugverkehr bei einem harten Brexit auf dem Niveau von 2018 aufrechterhalten werden soll. Aber für 2019 neu aufgelegte Sommerverbindungen würden nach Ansicht des Luftfahrtexperten Heinrich Großbongardt aus Hamburg ausfallen. Betroffen davon wären zehntausende Passagiere. Die Wartezeiten bei der Einreise könnten sich zudem noch einmal verlängern, Großbritannien zählt nicht zu den Mitgliedern des Schengener Abkommens. Darüber machten sich auch Busreise-Anbieter Gedanken, wie Ruetz erklärt.
● 4. Weniger fliegen? Es ist eine unangenehme Frage für die Tourismusbranche: Müssten wir alle nicht viel weniger fliegen, um den Klimawandel zu bremsen? Die globale Erwärmung soll in diesem Jahrhundert maximal 1,5 Grad betragen. Entscheidend dabei ist, den Kohlendioxid-Ausstoß zu reduzieren. Jeder einzelne Bürger trägt aber besonders durch Flugreisen genau zu diesen Emissionen bei. Nachhaltigkeit ist auf dem ITB-Kongress ein Schwerpunktthema. Wissenschaftler erläutern den Status quo und mögliche Maßnahmen – zum Beispiel teurere Flugtickets.
● 5. Luxustourismus Einen besonderen Fokus setzt die ITB auch auf das Thema der Luxusreisen. Touristiker müssten hohe immaterielle Luxusansprüche erfüllen. Nach Ansicht von Ruetz geht es beim „neuen Luxus“um Faktoren wie Zeit, saubere Luft, besondere Dienstleistungen und Geheimtipps.
● 6. Die Buchungslage Unabhängig von diesen fünf Faktoren ist die Buchungssituation nicht so, wie es die Branche für das Reisejahr 2019 erwartet hat. Ausgerechnet im Januar, dem wichtigsten Buchungsmonat, gibt es einen herben Dämpfer mit einem Umsatzminus von neun Prozent im Vergleich zum starken Vorjahresmonat. Noch gehen die Reiseanbieter davon aus, dass die Delle sich wieder ausgleicht: Denn die Konsumlaune ist weiter hoch und Urlaubsreisen stehen traditionell weit oben in der Gunst der Bundesbürger. 2018 gaben die Deutschen vorläufigen Schätzungen zufolge rund 75 Milliarden Euro für 71 Millionen Reisen aus – jeweils etwas mehr als im Jahr zuvor.
● 7. Die Reiseziele Spanien ist nach wie vor das beliebteste Auslandsziel der Deutschen. Doch spürt das Land das touristische Comeback von Ländern wie der Türkei, Ägypten und Tunesien. Reiseland Nummer eins bleibt generell Deutschland. Trotz der Unwägbarkeiten des Brexits stellen die meisten Veranstalter bislang keine Zurückhaltung der Kunden aus Deutschland bei den Buchungen fest.