Koenigsbrunner Zeitung

Dieser 1,52-Meter-Mann zeigt Größe

Geburtstag Der „Lagger Toni“ist eine Marke in Augsburg, was mit seiner Vergangenh­eit als Faschingsf­igur zu tun hat. Heute ist der 80-Jährige ein Mutmacher, weil er sich von einer Erkrankung nicht unterkrieg­en lässt

- VON MICHAEL HÖRMANN

Die Eltern gaben ihm den Vornamen Anton. Schon in jungen Jahren wurde aus Anton der Toni. Diese Kurzform ist geblieben. Bis ins hohe Alter. Am Dienstag feiert der „Lagger Toni“seinen 80. Geburtstag. Das ist die nächste Auffälligk­eit. Wer über diesen Mann spricht, der es zu einer Augsburger Marke geschafft hat, nennt gerne den Nachnamen zuerst. Eine Erklärung dafür scheint es nicht zu geben. Jubilar Toni Lagger fällt jedenfalls keine ein. Es sei halt so.

Er mag sich darüber nicht den Kopf zerbrechen. Toni Lagger freut es vielmehr, wenn ihm die Menschen freundlich begegnen und er mit ihnen ins Gespräch kommt. Sollte der Jubilar einen Bekannten in der Stadt, beim FCA-Heimspiel oder im Wohnvierte­l erblicken, kommt der Betreffend­e einer Unterhaltu­ng meist nicht aus. „Was gibt’s Neues?“, ist jene Fragestell­ung, die man unwillkürl­ich mit dem „Lagger Toni“verbindet. Es gibt fast keine Plauderei, die nicht mit diesen Worten von ihm eröffnet wird. Klingt vielleicht etwas eingefahre­n und unspektaku­lär, doch gerade diese Begrüßungs­formel gehört einfach zum Leben des 80-Jährigen.

Ein Leben, das in den zurücklieg­enden fünf Jahren eine neue große Herausford­erung für ihn mit sich brachte. Dass er seit vielen Jahren herzkrank gewesen ist, damit wusste der gelernte Buchdrucke­r umzugehen. Deutlich schlimmer wurde es, als ihm die Luft zum Atmen weggeblieb­en ist. Als er nachts im Schlafzimm­er das Fenster aufreißen musste, um an Frischluft zu gelangen. Es sind Dinge, die Toni Lagger damals nicht jedem bei Begegnunge­n auf der Straße erzählt hat. Heute spricht er offen darüber.

Toni Lagger hat gelernt, ein Sauerstoff­gerät als Teil seines Lebens akzeptiere­n. Das Gerät, das einige Kilogramm wiegt, ist zum Wegbegleit­er geworden, wenn er unterwegs ist. Schläuche, die in die Nase führen, versorgen ihn mit Sauerstoff. Für Einkäufe, die ihn in schöner Regelmäßig­keit auf den Stadtmarkt führen, sitzt er darüber hinaus auf einem Elektrofah­rzeug, weil er die Lebensmitt­el ansonsten transporti­eren kann. „Ansonsten versuche ich zu laufen“, sagt Toni Lagger. Wer ihn beobachtet, sieht, dass ihm die Schritte mitunter schwerfall­en. Er weiß es selbst, „doch da ich Wert auf Pünktlichk­eit lege, muss ich halt früher los“.

Das Sauerstoff­gerät hat im Übrigen dazu beigetrage­n, dass ihn wildfremde Menschen auf der Straße annicht gesprochen hätten. „Wie machen Sie das?“, laute die Frage, erzählt der gesundheit­lich angeschlag­ene Mann. Er antwortet dann mit dem angeborene­n Optimismus: „Immer hoffnungsv­oll sein, man darf sich nicht gehen lassen.“

Unabhängig von Einschränk­ungen, die die Herz- und Lungenerkr­ankung mit sich bringen, gehört Toni Lagger zur Kategorie der kleinen Menschen. Er selbst nimmt seine Körpergröß­e mit Humor: „Ich war einmal 1,56 Meter und bin jetzt bei 1,52 Meter gelandet.“Er jedenfalls behauptet, dass ihn die fehlenden Zentimeter im Vergleich mit seinen Mitmensche­n nie wirklich gestört hätten: „Vielleicht habe ich gerade deshalb eine große Klappe. Ich habe mir nichts gefallen lassen.“

Es sind die Momente einer Unterhaltu­ng mit dem „Lagger Toni“, in denen die Ernsthafti­gkeit durchdring­t, die ihm neben allem Flachs wichtig ist. Der Mann, der früher viel Kabarett gemacht hat und im Augsburger Fasching als „Stoinerner Ma“aufgetrete­n ist, hat eine klare politische Überzeugun­g, die er stets bei seinen damaligen Auftritten gezielt einfließen ließ: „Ich bin zu

Er vertritt eine klare politische Überzeugun­g

Beginn des Krieges geboren und habe immer gesagt, dass es diese Zeit niemals wieder geben darf.“An seine Zuhörer richtete er stets die Botschaft: „Man muss aufpassen.“An dieser Grundeinst­ellung habe sich bis heute nichts geändert, sagt das SPD-Mitglied, dem das Agieren seiner Partei nicht immer gefällt. Er formuliert dies so: „Man muss von etwas überzeugt sein und dann muss man auch manches aushalten.“

Seinen runden Geburtstag wird Toni Lagger am Samstag mit Familie und Freunden feiern. Geselligke­it ist ihm stets wichtig gewesen. Geheiratet hat der „Lagger Toni“nie. Er lebt allein in der Sanderstra­ße. Spitzbübis­ch sagt er über seinen Familienst­and: „Was ich gesehen habe, da brauchte ich nicht zu heiraten.“Einsamkeit spüre er nicht, „weil wir einen sehr engen Zusammenha­lt in der Familie haben“.

Im Übrigen greife er ansonsten zum Telefon, wenn ihm zu Hause die Decke auf den Kopf falle. Man darf raten, was der „Lagger Toni“dann am Anfang des Telefonats sagt: „Was gibt’s Neues?“

 ?? Foto: Silvio Wyszengrad ?? Auf dem Augsburger Stadtmarkt ist Toni Lagger regelmäßig anzutreffe­n. Der Mann, der seit fünf Jahren ein Sauerstoff­gerät benötigt, ist eine Augsburger Marke. Am Dienstag wird er 80 Jahre alt.
Foto: Silvio Wyszengrad Auf dem Augsburger Stadtmarkt ist Toni Lagger regelmäßig anzutreffe­n. Der Mann, der seit fünf Jahren ein Sauerstoff­gerät benötigt, ist eine Augsburger Marke. Am Dienstag wird er 80 Jahre alt.

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