Koenigsbrunner Zeitung

70 Jahre Ehe ohne eine Krise

Hedwig und Hans Wiewe erzählen

- VON GERLINDE KNOLLER

Sie haben es bereits zum dritten Mal geschafft, mit ihrem Ehejubiläu­m in die Zeitung zu kommen: Jetzt, am 26. Februar, feiert das Ehepaar Hedwig (89) und Hans Wiewe (94) sein 70. Ehejubiläu­m. Schon bei ihrer Diamantene­n (60 Ehejahre) und ihrer Eisernen Hochzeit (65 Ehejahre) hatten sie Besuch.

Eng ist diese Geschichte einer Ehe mit der Geschichte der Banater Schwaben, einer deutschen Bevölkerun­gsgruppe in Südosteuro­pa, verbunden. Die beiden stammen aus demselben Dorf Triebswett­er im Südosten Rumäniens. Sie heirateten jung. 19 Jahre war Hedwig Wiewe alt, sie zog nicht nur zu ihrem Mann Hans, sondern auch zu dessen Vater und Bruder. Drei Männer hatte sie nun als junge Frau zu versorgen. Sie erinnert sich noch gut daran, wie sie ihre ersten Brote gebacken hat. Was war sie stolz. Umso mehr, weil man es ihr, der Arzttochte­r, zunächst nicht recht zugetraut hatte. Mehr noch gab es für die junge Frau am Hof zu tun: Sie zog Frühtomate­n und Paprika für Paprikapul­ver. Ihre Heimat war fruchtbar.

Für Hedwig und Hans Wiewe, das wird im Gespräch deutlich, gibt es nur diese eine Heimat im Banat. Eine Heimat, die sie verloren haben. Das erste Mal im Jahr 1951, als sie wie viele andere ihrer Landsleute zwangsumge­siedelt wurden in die Baragan-Ebene. Aus fast nichts haben sie sich dort – als Schutz vor Überschwem­mungen durch die Donau – ein Haus auf Pfählen gebaut, die Wände aus Weiden. „Als die ausgetrieb­en haben“, erinnert sich Hedwig Wiewe, „war alles grün.“Inzwischen hatte das Paar schon zwei Kinder, eine Tochter und einen

Zweimal verloren sie ihre Heimat

kleinen Sohn, der dort auf die Welt kam. „Unbeschrei­blich“sei dort die Situation gewesen, erinnern sie sich. „Es gab nichts zu kaufen – und auch nichts zu stehlen.“

Fünf Jahre später, 1956, durften sie wieder in ihr Heimatdorf zurückkehr­en. Hans Wiewe arbeitete als Buchhalter und Betriebswi­rt in einer rumänische­n Staatsfarm. Auch wenn sie ihr Auskommen hatten, spürten sie, wie ihre Landsleute auch, dass im Rumänien Ceausescus für sie als Deutschstä­mmige auf Dauer kein Bleiben war. Eine Familie nach der anderen verließ das Dorf. „Die Straßen wurden leer“, erinnert sich Hans Wiewe.

1984 dann zum zweiten Mal der Verlust ihrer Heimat. Sie siedelten nach Augsburg um. Hans Wiewe fand bald Arbeit bei der Regierung von Schwaben. Angesichts all dieser Herausford­erungen sagen sie: „Wir mussten zusammenha­lten.“Eine Ehekrise hätten sie in all den 70 gemeinsame­n Jahren nicht gehabt.

Das Banat ist für die beiden ein Lebensthem­a geblieben. Sie waren und sind aktiv in ihrer Landsmanns­chaft, feiern gemeinsam die Feste im Jahr, singen dort im Chor. Nicht nur mit ihrer Familie, auch mit der Landsmanns­chaft werden sie ihr hohes Ehejubiläu­m feiern.

 ?? Foto: Michael Hochgemuth ?? Als Hedwig Wiewe zu ihrem Mann Hans auf den Hof zog, hatte die Arzttochte­r viele ungewohnte Aufgaben zu erledigen.
Foto: Michael Hochgemuth Als Hedwig Wiewe zu ihrem Mann Hans auf den Hof zog, hatte die Arzttochte­r viele ungewohnte Aufgaben zu erledigen.

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