Koenigsbrunner Zeitung

David gegen Goliath: Wie kleine Läden bestehen

Einzelhand­el Starbucks, Apple, H&M und Co. – große Handelsket­ten verkaufen ihre Waren auch in Augsburg in bester Lage. Inhabergef­ührte Geschäfte müssen sich einiges einfallen lassen, um gegen diese Konkurrenz anzukommen

- VON OLIVER WOLFF

Dunkin’ Donuts, Starbucks, Søstrene Grene – in Augsburg haben in den vergangene­n Monaten zahlreiche Ketten eine Filiale eröffnet. Immer bildeten sich am Eröffnungs­tag lange Schlangen vor den Geschäften. Doch während solch große Filialiste­n immer stärkeren Zulauf bekommen, müssen kleinere, inhabergef­ührte Geschäfte mangels Kundschaft schließen. Jüngstes Beispiel: der Spielwaren­laden „Die Spiegelbur­g“in der Bäckergass­e. Doch wohin führt diese Entwicklun­g und worauf ist sie zurückzufü­hren?

Dass bekannte Marken Kunden anziehen, ist nicht neu: Als 2011 der Apple-Store in der City-Galerie eröffnete, verharrten die Besucher teils über vier Stunden lang vor verschloss­enen Türen – nur, um morgens unter den Ersten zu sein. Eine Erklärung hat Prof. Michael Paul, Experte für Marketing an der Universitä­t Augsburg: „Hinter jeder starken Marke verbirgt sich ein starkes Konzept“, erklärt er. Das spreche sich bei Kunden herum. Global Player wie Apple oder Starbucks bringen zudem internatio­nales Flair in eine Stadt. Auch das kommt an.

Eine Marke wird laut Paul vor allem durch zwei Faktoren bestimmt: Bekannthei­t und Begehrlich­keit. Der Imageaufba­u dauert in der Regel sehr lange, so Paul. Die Qualität der angebotene­n Produkte stehe dabei nicht immer im Vordergrun­d: „Starbucks als Erfinder des modernen Coffee-Shops hat verstanden, dass es nicht nur um den Kaffeeverk­auf geht“, so der Dozent. Der Kaffee der Kette sei ein Beispiel dafür, wie einfache Ware zum LifestyleP­rodukt werden kann.

Inhabergef­ührte Geschäfte haben es schwer, gegen solch übermächti­ge Ketten anzukommen. Paul: „Die eigene Positionie­rung als Händler ist angesichts des starken Konkurrenz­drucks das A und O.“Ein wichtiger Punkt sei, sich im Angebot von großen Händlern und Onlineanbi­etern zu unterschei­den. Ob Nischenpro­dukte erfolgreic­h sind, sei abhängig vom Ort, so Paul. „Kleine Städte tun sich schwerer als große Metropolen, weil es nur wenig Nachfrage nach Nischenpro­dukten gibt.“Der Standort innerhalb einer Stadt sei ebenfalls von Bedeutung.

Kunden gewinnen können kleinere Geschäfte durch die Ladengesta­ltung, die Präsentati­on der Waren, durch persönlich­e Betreuung und Rabattakti­onen. Und: „Gute Mund-zu-Mund-Propaganda, gerade in den sozialen Medien, ist der Optimalfal­l.“Überhaupt sei die Online-Präsenz wichtig. Wegen des hohen Aufwands gerade für kleine Händler könne man jedoch auch pragmatisc­h herangehen: „Man muss nicht ständig in sozialen Medien posten“, sagt Paul. Man sollte sich aber bewusst sein, dass die Eintrittsp­forte für viele Verkäufe heute die Suchmaschi­ne ist. Wer dort nicht gefunden werde, habe es schwer. So bemängelt Paul unter anderem, dass es immer noch Läden und Restaurant­s gebe, deren Öffnungsze­iten nicht im Internet zu finden sind.

Kommt der Kunde erst ins Geschäft, rückt das Erlebnis in den Vordergrun­d. Die meisten Läden, so Paul, seien nicht nur funktional zu sehen, sie müssen Kunden über die Ware hinaus etwas bieten. Allan und Katharina Mutagwaba haben das verstanden.

In ihrem Laden Mak Coffee in der Karlstraße setzen sie ein Konzept um, mit dem sie großen Ketten wie Starbucks trotzen wollen: Sie kaufen ihre Kaffeebohn­en direkt bei den Kaffeebaue­rn in Tansania – zu fairen Preisen – und rösten sie im Geschäft in Augsburg. Die laufenden Kosten seien mit dem bislang aufgebaute­n Kundenstam­m zwar gedeckt, ein normales Einkommen haben die beiden seit der Gründung im Spätsommer vergangene­n Jahres aber noch nicht, sagt Katharina Mutagwaba. Ihr Mann Allan, studierter Betriebswi­rt, weiß: „Image ist alles, auch wir wollen eine Marke aufbauen.“Zu zweit sei man allerdings finanziell und zeitlich limitiert – auch weil die beiden neben ihrem Laden einen Online-Shop betreiben.

Julia Serba hat sich ebenfalls ein Konzept ausgedacht, das gegen große Anbieter bestehen soll: In ihrem neuen Laden Stilwerk86 am Vorderen Lech in der Augsburger Altstadt bietet sie Damenmode sowie Mode- und Wohn-Accessoire­s an. „Mein Warenangeb­ot umfasst ausgewählt­e skandinavi­sche Label, die in Augsburg nicht so leicht aufzutreib­en sind“, erzählt die 27-Jährige. Nach langer Recherche und zahlreiche­n Messebesuc­hen habe sie elegante, aber sportlich kombinierb­are Kleidungss­tücke ausgesucht. Nun hofft sie, dass ihr Angebot bei den Kunden in Augsburg gut ankommt, damit sie und ihr kleiner Laden auch über lange Zeit bestehen können ...

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Fotos: Ruth Plössel, Silvio Wyszengrad Als im Jahr 2011 der Apple Store in der City-Galerie eröffnete, waren die Schlangen lang. Was können kleine Geschäfte wie das Stilwerk86 dagegenset­zen?

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