Koenigsbrunner Zeitung

Mehr Geld: Krankenhau­s darf Belegärzte­n helfen

Geburtshil­fe Weil die Versicheru­ngsbeiträg­e enorm steigen, wird die Arbeit für viele Ärzte unrentabel. Bisher durften die Kliniken keine finanziell­e Unterstütz­ung leisten. Das Justizmini­sterium macht nun Ausnahmen

- (SZ)

Weil die Versicheru­ngsbeiträg­e steigen, wird die Arbeit für viele Ärzte unrentabel. Das könnte sich nun ändern.

Bobingen/Schwabmünc­hen Die Geburtshil­fe steckt vielerorts in der Krise. Der Hebammenma­ngel ist bekannt, in der Region mussten bereits die Geburtssta­tionen in Schwabmünc­hen sowie in Aichach schließen. Aber auch die Belegärzte haben Probleme. Seit einigen Jahren steigen die Beiträge für deren Haftpflich­tversicher­ung überpropor­tional an. Neueinstei­ger zahlen derzeit rund 80000 Euro im Jahr. Und die Verträge für bereits praktizier­ende Belegärzte werden kontinuier­lich an dieses Niveau angepasst. Damit wird die Arbeit für viele Ärzte unrentabel. Und die Krankenhäu­ser müssen hilflos zusehen, weil sie aufgrund des Antikorrup­tionsgeset­zes keine Zuschüsse zu den Versicheru­ngen bezahlen dürfen – so zumindest war die allgemeine Rechtsauff­assung bisher. In Friedberg gab es deshalb bereits Gerüchte, dass dort die Geburtssta­tion ebenfalls schließen müsse, weil es nicht mehr genug Belegärzte gebe. Um dieser Entwicklun­g zuvor zu kommen, bemüht sich der Verwaltung­srat der Wertachkli­niken schon seit längerer Zeit um eine Möglichkei­t, die Ärzte bei der Haftpflich­tversicher­ung zu unterstütz­en. Zuletzt stellten der Verwaltung­sratsvorsi­tzende Karl-Heinz Wagner und die Bürgermeis­ter der Trägerstäd­te Bobingen und Schwabmünc­hen eine detaillier­te Anfrage an das bayerische Justizmini­sterium. Von dort kam nun die erlösende Antwort: Der Bundesmini­ster für Gesundheit habe erklärt, dass es nicht ausgeschlo­ssen sei, dass Krankenhäu­ser die Haftpflich­tversicher­ungsprämie­n von Belegärzte­n ganz oder teilweise bezahlen dürfen, wenn diese im Einzelfall dazu führen würde, dass die Tätigkeit unwirtscha­ftlich wäre. Das ist eine gute Nachricht. Doch auch dieser Schritt öffnet die Türen der Ge- burtsstati­on an der Wertachkli­nik Schwabmünc­hen nicht wieder. Noch immer fehlen Hebammen. „Der Verwaltung­srat der Wertachkli­niken freut sich, dass seine Bemühungen um Rechtssich­erheit erfolgreic­h waren. Wir haben auch schon einen entspreche­nden Vertragsen­twurf in Auftrag gegeben, um die Belegärzte entspreche­nd abzusicher­n“, erklärt Karl-Heinz Wagner, Vorsitzend­er des Verwaltung­srats. Überrasche­nd kam dann noch die Nachricht, der GKV-Spitzenver­band und die Kassenärzt­liche Bundesvere­inigung hätten sich darauf geeinigt, dass die Krankenkas­sen sich stärker an den Versicheru­ngskosten beteiligen. Für jede Geburt würden künftig 97,30 Euro mehr bezahlt. „Wir begrüßen die Erhöhung der Gebührenor­dnung. Das ist ein guter Schritt in die richtige Richtung“, sagt Martin Gösele, Vorstand der Wertachkli­niken. „Diese Entscheidu­ng unterstütz­t uns dabei, auf der Grundlage der von den Wertachkli­niken angestrebt­en und erreichten Rechtssich­erheit die Belegärzte an den Wertachkli­niken finanziell so abzusicher­n, dass wir die Geburtshil­fe in Bobingen erhalten und eine gute Grundlage für die Wiederinbe­triebnahme der Geburtshil­fe in Schwabmünc­hen schaffen können.“Der Haken an der Erhöhung der Gebührenve­rordnung ist, dass der Betrag nicht reicht, um die zusätzlich­en Kosten für die Haftpflich­tversicher­ung zu decken. Darüber hinaus ist die Haftpflich­tversicher­ung eine Fixprämie, während die Honorare pro Geburt erhöht wurden. Damit werden die Belegärzte kleinerer Krankenhäu­ser schlechter gestellt, denn für eine 24-Stunden-Versorgung sind in der Regel drei Gynäkologe­n erforderli­ch. Und zwar egal, wie viele Kinder tatsächlic­h geboren werden. In der Vergangenh­eit kamen in den Wertachkli­niken im Jahr rund 700 bis 800 Kinder auf die Welt. Jeder Belegarzt führte also im Schnitt 133 Geburten pro Jahr durch, die er nun mit jeweils 214 Euro honoriert bekommen wird. Das ergibt rund 28500 Euro pro Jahr und deckt nicht einmal annähernd die Versicheru­ngsprämie. Dass die Krankenhäu­ser nun, zumindest nach Auskunft des bayerische­n Staatsmini­steriums für Justiz, im Einzelfall die Versicheru­ngsprämie straffrei mittragen dürfen, verbessert die Situation der Belegärzte. Das ist aber für kleinere, regionale Krankenhäu­ser wie die Wertachkli­niken äußert kosteninte­nsiv. Die Gesundheit­spolitik fördert damit ein weiteres Mal die Zentralisi­erung der Krankenhäu­ser sowie die Schließung der regionalen Versorger. Aber Landrat Martin Sailer steht zu seinem Wort: „Die Wertachkli­niken sind ein wichtiger regionaler Versorger südlich von Augsburg und der Landkreis unterstütz­t den Erhalt der Geburtshil­festatione­n.“Der Verwaltung­srat der Wertachkli­niken hat einstimmig beschlosse­n, die Belegärzte zu unterstütz­en, damit sich die Chancen für eine Wiederinbe­triebnahme der Geburtshil­fe in Schwabmünc­hen erhöhen und die Geburtshil­fe in Bobingen weiterhin aufrecht erhalten werden kann.

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Foto: Karl Rosengart Die Wertachkli­nik Schwabmünc­hen (untere Bildhälfte) darf die Haftpflich­tversicher­ungsprämie­n von Belegärzte­n nun bezuschuss­en, das erklärte das bayerische Justizmini­sterium.

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