Facebook-Konto überführt Betrüger
Prozess Trotz 191 Straftaten: Informatik-Student zu Bewährungsstrafe verurteilt
Landkreis Augsburg Ein 33-Jähriger ist nun vor dem Augsburger Amtsgericht verurteilt worden – wegen 191 Fällen des Computerbetrugs. Der Mann kam gerade noch mal so um einen weiteren Gefängnisaufenthalt herum. Ein Jahr und elf Monate Haft auf Bewährung lautete das Urteil schließlich. Was war passiert?
Er studiere Informatik in Regensburg, erklärte der 33-Jährige aus Kamerun dem Schöffengericht unter Vorsitz von Richterin Susanne Scheiwiller. Er bekomme Unterstützung von seiner im Landkreis Augsburg lebenden Familie und habe einen Nebenjob. Damit meinte er freilich nicht jene Tätigkeit, wegen der er jetzt vor Gericht stand und seit vergangenem Juli in Untersuchungshaft saß.
Gemeinsam mit drei weiteren Beschuldigten soll der Student in Hunderten von Fällen Betrug mit Bahntickets begangen haben. Er räumte die Anklagevorwürfe über seinen Verteidiger vollumfänglich ein. In groben Zügen funktionierte das „Geschäft“so, dass sich die Beschuldigten mit verschiedenen E-Mail-Adressen beim Internet-Ticket-Portal der Bahn einwählten und dort Online-Fahrkarten bestellten. Bezahlt worden seien die Tickets online mit den KreditkartenDaten Unbekannter, die sich die Beschuldigten auf verschiedene Weise aus dem Internet beschafft („gephisht = gefischt“) hatten.
Durch die 191 Fälle, die letztlich dem jetzt Angeklagten zur Last gelegt wurden, entstand ein Schaden von über 35000 Euro: Zwischen 29,50 Euro und 730 Euro teuer waren die einzelnen Fahrkarten, die die Beschuldigten entweder für sich selbst nutzten, im Bekanntenkreis verwendeten oder an Dritte weiterverkauft haben sollen. Ein Ermittler der Bundespolizei beschrieb dem Gericht, wie man auf die Spur des Angeklagten gekommen sei und wieso man ihm die 191 Taten zuschreiben konnte.
Angefangen habe alles damit, dass die Deutsche Bahn betrügerische E-Mail-Adressen an die Bundespolizei in Potsdam weitermeldete. Von dort aus würden Daten verglichen, Vorgänge aufgeklärt.
Im konkreten Fall sei man auf den Angeklagten gekommen, weil eine der betrügerischen Mailadressen mit dem Namen seines FacebookAccounts übereingestimmt habe. Durch weitere Analysen habe man dann einzelne Fälle den verschiedenen Tätern einzeln oder gemeinschaftlich zuschreiben können.
Staatsanwältin Katharina Stoll forderte für jede der 191 Einzeltaten des Angeklagten zwei Monate Haft – sie hätte für den Fall des gewerbsmäßigen Betrugs auch sechs Monate ansetzen können. Aufgrund der gesetzlichen Zusammenziehung gleich gelagerter Fälle in einem engen zeitlichen Rahmen bildete sie eine Gesamtstrafforderung von zwei Jahren und zehn Monaten Haft.
Verteidiger Kai Wagler rief das werthaltige Geständnis und die seit vergangenem Juli dauernde Untersuchungshaft seines Mandanten in Erinnerung und landete bei einer Forderung von einem Jahr und neun Monaten, die noch zur Bewährung ausgesetzt werden könnten.
Auch das Schöffengericht von Richterin Scheiwiller sah die große Werthaltigkeit des Geständnisses des Studenten. Deswegen sei eine Haftstrafe von einem Jahr und elf Monaten, ausgesetzt zur Bewährung, angemessen. Ins Urteil geschrieben bekommt der Angeklagte zudem einen Passus zur Schadenswiedergutmachung.
Den gesetzlich vorgeschriebenen sogenannten Wertersatz über die 35 000 Euro Schadenssumme hatte das Gericht zuvor abgetrennt. Es hatte im Verfahren nicht klar bestimmt werden können, wer letztlich wegen möglicher Rückbuchungen seitens ausgespähter Kreditkartenbesitzer in welchem Umfang geschädigt worden war.
Das, so die Richterin, solle jetzt vom Rechtspfleger ermittelt und dann an den Angeklagten weitergereicht werden. Abschließend wurde der Untersuchungshaftbefehl gegen den Angeklagten aufgehoben. Er ist damit wieder auf freiem Fuß. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.