Die Milliarden-Baustellen
Zuletzt wurden in Bayern über 1100 Kilometer Schienen modernisiert. Doch nach wie vor gibt es jede Menge zu tun. Das sind die wichtigsten Projekte
Augsburg Die Deutsche Bahn will in den nächsten Jahren Milliarden in den Ausbau des Schienennetzes investieren. Denn die Zugverbindungen sollen pünktlicher und schneller werden. In Spitzenzeiten werde es bis zu 800 Bahn-Baustellen gleichzeitig geben, sagte der für Infrastruktur zuständige Bahn-Vorstand Ronald Pofalla. Die Bauvorhaben würden zu 100 Komplexen gebündelt. Auch in Bayern gibt es nach wie vor Verbesserungsbedarf.
Dabei wurden von der Bahn seit 2015 bereits mehr als 1100 Kilometer Schiene im Freistaat modernisiert. „Um pünktlich und zuverlässig unterwegs zu sein, müssen wir jedoch weiter in das Eisenbahnnetz investieren“, bestätigt bereits vor einiger Zeit auch der Konzernbevollmächtigte für den Freistaat, Klaus-Dieter Josel. Sechs große Maßnahmen stechen hervor:
● Augsburg–Ulm Erst vergangene Woche startete die Bahn in Augsburg offiziell das Projekt. Im Bundesverkehrswegeplan 2030 hat es die 85 Kilometer lange Hauptbahn, die die Städte Augsburg und Ulm miteinander verbindet, endlich in den vordringlichen Bedarf geschafft. Das mit knapp zwei Milliarden Euro veranschlagte Projekt steht jedoch erst am Anfang. In den nächsten Jahren soll geklärt werden, wie die Strecke ertüchtigt oder vielleicht gar neu gebaut werden soll.
Wichtig ist in diesem Kontext, dass das Projekt in Zusammenhang mit dem Ausbau eines dritten Gleises von Augsburg nach Dinkelscherben (Kreis Augsburg) steht. So soll in Zukunft der Regionalverkehr gestärkt werden. Es gibt aber bereits heute Verkehrsexperten, die bezweifeln, dass ein Gleis ausreicht, um in Schwaben einen 15-MinutenTakt einzuführen. Bei einem Neubau der Fernverkehrstrasse, beispielsweise entlang der Autobahn A8, würden die beiden heutigen Schienenstränge frei für den Regionalverkehr. Noch ist aber nichts entschieden.
● Augsburg–Donauwörth–Treuchtlingen Nicht so sehr im Mittelpunkt der Diskussion in Schwaben, aber für den Nord-Süd-Verkehr auch wichtig: Die Strecke Augsburg–Donauwörth–Treuchtlingen. Sie wird mit neuen Gleisen, Weichen und Brücken sowie einem digitalen Stellwerk ausgestattet.
● München–Lindau Wer die rund 300 Kilometer lange Strecke zwischen München und Zürich mit dem Zug zurücklegt, ist derzeit deutlich länger unterwegs als mit dem Auto. Das gibt auch die Deutsche Bahn selbst zu. Aber es soll sich ändern.
Davon profitieren wird vor allem die Strecke zwischen München und Lindau. Durch die Elektrifizierung und den Umbau der Gleise und Stationen entlang der Linie sollen Züge künftig deutlich schneller unterwegs sein – die Bahn peilt eine Fahrzeit von weniger als zwei Stunden zwischen München und Lindau an. Und sie stellt eine bessere Anbindung von Bahnhöfen im Allgäu und in Schwaben an den überregionalen Verkehr in Aussicht. Seit März letzten Jahres laufen die Arbeiten für die Elektrifizierung der 157 Kilometer langen Bahnstrecke München–Lindau. Das 440-MillionenProjekt ist eine Kette von Baustellen. Brücken und Übergänge werden modernisiert. Die Trasse bekommt elektronische Stellwerke und wird für den Einsatz schneller Züge mit Neigetechnik fit gemacht. Die Zeitvorteile, die der Ausbau bringt, werden mit dem Fahrplanwechsel im Dezember 2020 spürbar. Dann soll der Eurocity in drei Stunden und 30 Minuten von München nach Zürich fahren.
● Stammstrecke München In München steht die zweite Stammstrecke im Mittelpunkt. Zudem werden einige Stationen der ersten Tunnellinie, auf der sämtliche S-Bahn-Linien durch die Münchner Innenstadt führen, modernisiert. Derzeit werden am Hauptbahnhof München in der Gleishalle auf dem Bahnsteig zwischen Gleis 20 und 21 zwei Grundwassermessstellen und vier Brunnen erstellt. Im Herbst dieses Jahres ist der Baubeginn im Abschnitt „oberirdisch west“geplant. Die Inbetriebnahme ist für 2026 vorgesehen. Die Kosten des zweiten Tunnels werden mit über zwei Milliarden Euro veranschlagt.
● München–Rosenheim–Salzburg Die Strecke erhält neue Gleise, Brücken und Oberleitungen. Auch hier wird schon gebaut. Vom 11. April bis 24. Juni steht wegen Gleiserneuerungen nur eines von zwei Gleisen zur Verfügung. Die Linie ist Teil der europäischen Magistrale von Paris nach Budapest. Dies könnte zu weiteren Ausbaumaßnahmen führen. Darauf drängt vor allem die österreichische Bahn, da sie zwischen Salzburg und München eine Fahrzeit von einer Stunde statt heute eineinhalb Stunden anstrebt.
Auch über einen viergleisigen Ausbau des Abschnitts von Rosenheim in Richtung Kufstein wird verhandelt, um der erwarteten Verkehrszunahme nach Inbetriebnahme des Brennerbasistunnels gerecht zu werden. Die Trasse vor allem für Güterzüge von und nach Italien soll von München-Ost durch das Inntal bis Kufstein führen. Geschätzte Kosten: 2,6 Milliarden Euro. Doch noch ist nichts entschieden.
● München–Mühldorf Die 84 Kilometer Strecke könnte als Alternative zur Strecke von München über Rosenheim nach Salzburg genutzt werden, besonders im Hinblick auf das zu erwartende Verkehrsaufkommen im Zuge der Fertigstellung des Brennerbasistunnels. Hier wurde bereits in den vergangenen Jahren investiert. Der verbleibende zweigleisige Ausbau zwischen Markt Schwaben und Ampfing befindet sich in der Vorplanung. Zusammen mit der durchgehenden Elektrifizierung bis Freilassing wird dieser Ausbau auf Kosten von gut 1,1 Milliarden Euro geschätzt.