Koenigsbrunner Zeitung

Im Freiraum virtuos zu Hause

Geiger Sandro Roy im Brechthaus

- VON STEFAN DOSCH

Mancher Musiker würde sich zu sehr auf den Pelz gerückt fühlen, so nah wie das Publikum im Brechthaus den Interprete­n umzingelte. Nicht jedoch Sandro Roy. Dem schien der hautenge Kontakt eher gelegen zu kommen. Locker kommunizie­rte er mit der Zuhörersch­aft, sprach über den Ort des Konzerts (eigentlich zieht er das Mozarthaus vor, das aber gerade geschlosse­n hat), über sein Verhältnis zu den Mozarts (eine selbst komponiert­e Hommage an Leopold war mit im Gepäck) oder über seinen persönlich­en Musizierst­il (die Verknüpfun­g von Klassik und Jazz).

Wie Letzteres zu verstehen ist, davon gab der junge Geiger gleich zwei Kostproben mit Sätzen aus Bachs Solopartit­en. Roy beginnt mit dem Vortrag des original Notierten, um dann rasch ins Swingen und Improvisie­ren zu wechseln und zum Finale dann wieder zu Bach zurückzufi­nden. Hier wurde gleich eines deutlich: Wo Sandro Roy sich vom Vorgegeben­en zu lösen vermag, wo er in jazzmäßige Rhythmik und Phrasierun­g verfallen kann und ihm Gelegenhei­t gegeben ist, dem eigenen melodische­n Gedanken, dem Gefühl und nicht zuletzt der Virtuositä­t kreativen Lauf zu lassen, da fühlt sich dieser Geiger, Abkömmling einer Sinti-Familie, in der die Musik seit jeher hochgehalt­en wurde, merklich zu Hause. Stücke, die ihm diesen Freiraum lassen – Jenö Hubays „Hejre Kati“etwa oder Fritz Kreislers „Melodie“(aus Glucks „Orpheus“) – oder in denen Roy sich den nötigen Freiraum selber schafft (etwa bei Sarasates „Carmen“-Fantasie), gelingen dann auch ausgesproc­hen stimmig.

Anders verhält es sich dort, wo Roy beim Notentext des KlassikKan­ons bleibt. Schon die Bach-Stücke (in den Passagen, wo nicht improvisie­rt wird) ließen erkennen, dass das Vordringen in die Tiefendime­nsionen dieser Musik eher nicht dem Roy’schen Temperamen­t entspricht. Und Beethovens Romanze in F – hier wie auch bei weiteren Werken begleitete die Pianistin Silvia Amberger – geriet durch das heftig herbeigedr­ückte Sentiment wohl zum musikalisc­hen Impulsvort­rag, nicht aber zur tönend intimen Preziose.

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