Im Freiraum virtuos zu Hause
Geiger Sandro Roy im Brechthaus
Mancher Musiker würde sich zu sehr auf den Pelz gerückt fühlen, so nah wie das Publikum im Brechthaus den Interpreten umzingelte. Nicht jedoch Sandro Roy. Dem schien der hautenge Kontakt eher gelegen zu kommen. Locker kommunizierte er mit der Zuhörerschaft, sprach über den Ort des Konzerts (eigentlich zieht er das Mozarthaus vor, das aber gerade geschlossen hat), über sein Verhältnis zu den Mozarts (eine selbst komponierte Hommage an Leopold war mit im Gepäck) oder über seinen persönlichen Musizierstil (die Verknüpfung von Klassik und Jazz).
Wie Letzteres zu verstehen ist, davon gab der junge Geiger gleich zwei Kostproben mit Sätzen aus Bachs Solopartiten. Roy beginnt mit dem Vortrag des original Notierten, um dann rasch ins Swingen und Improvisieren zu wechseln und zum Finale dann wieder zu Bach zurückzufinden. Hier wurde gleich eines deutlich: Wo Sandro Roy sich vom Vorgegebenen zu lösen vermag, wo er in jazzmäßige Rhythmik und Phrasierung verfallen kann und ihm Gelegenheit gegeben ist, dem eigenen melodischen Gedanken, dem Gefühl und nicht zuletzt der Virtuosität kreativen Lauf zu lassen, da fühlt sich dieser Geiger, Abkömmling einer Sinti-Familie, in der die Musik seit jeher hochgehalten wurde, merklich zu Hause. Stücke, die ihm diesen Freiraum lassen – Jenö Hubays „Hejre Kati“etwa oder Fritz Kreislers „Melodie“(aus Glucks „Orpheus“) – oder in denen Roy sich den nötigen Freiraum selber schafft (etwa bei Sarasates „Carmen“-Fantasie), gelingen dann auch ausgesprochen stimmig.
Anders verhält es sich dort, wo Roy beim Notentext des KlassikKanons bleibt. Schon die Bach-Stücke (in den Passagen, wo nicht improvisiert wird) ließen erkennen, dass das Vordringen in die Tiefendimensionen dieser Musik eher nicht dem Roy’schen Temperament entspricht. Und Beethovens Romanze in F – hier wie auch bei weiteren Werken begleitete die Pianistin Silvia Amberger – geriet durch das heftig herbeigedrückte Sentiment wohl zum musikalischen Impulsvortrag, nicht aber zur tönend intimen Preziose.