Im Himmel der Brotzeitdosen
Es gibt wohl kaum eine Mutter, der dieses Schicksal noch nicht widerfahren ist: Eigentlich hat man einen ordentlichen Vorrat an Brotzeitdosen, aber irgendwie werden es immer weniger. Der Brotzeitdosenschwund lässt stark vermuten, dass es irgendwo einen Himmel geben muss, in dem abertausende bunte Boxen aufbewahrt werden. Wir Mütter sind einfach unverbesserliche Idealisten, denn im Grunde unseres Herzens wissen wir sehr wohl, dass die Brut nicht wirklich schätzt, was wir morgens in liebevollster Kleinstarbeit in die Brotzeitdose zaubern. Wie in einer Art Wunsch-Demenz scheinen wir jeden Morgen aufs Neue zu vergessen, was uns die Erfahrung gelehrt hat. Als neulich der Brotzeitdosenvorrat wieder mal zur Neige ging und ich auch in den Schultaschen meiner Kinder nicht fündig wurde, ahnte ich, warum es im Zimmer meines jüngsten Sohnes seit Kurzem so eigenartig roch. Dem Geistesblitz folgend inspizierte ich unverzüglich sein Zimmer und stellte fest: Der Brotzeitdosen-Himmel ist unterm Bett! Das Farbspektrum der diversen Biotope – ursprünglich bestehend aus Cocktailtomaten, Gurken und Käsewürfeln – war tatsächlich himmlisch. Andy Warhol hätte sicherlich die höchste Freude gehabt, genau wie jeder Mikrobiologe. Aber der Geruch beim Öffnen der Dosen hatte mehr mit dem Teufel gemein. Der Ohnmacht gerade noch entkommen beschloss ich das, was die meisten Väter schon längst propagieren: In Zukunft gibt es Geld für eine Breze. Manche Erkenntnis will eben Weile haben.