Koenigsbrunner Zeitung

Neue Heimat gefunden – alte Heimat nicht vergessen

Die Sudetendeu­tsche Landsmanns­chaft feiert ihren 70. Geburtstag. In Krumbach stand die Wiege für den schwäbisch­en Vertrieben­enverband. Neuwahlen sind am 10. März

- VON HANS BOSCH

Krumbach Es war der damalige „Neu-Krumbacher“Richard Steinbrenn­er, der im Herbst 1948 mit der Idee an die Öffentlich­keit trat, eine eigene Vertrieben­enorganisa­tion zu gründen. Das erste Treffen fand in der Turnhalle neben dem Stadtsaal statt, der seit Kriegsende als Notquartie­r für Heimatlose diente und dies noch geraume Zeit bleiben sollte. Steinbrenn­er machte seinen Landsleute­n klar: „Wir sind keine Auswandere­r, sondern durch die Gewalt des Bajonetts aus unserer Heimat Vertrieben­e.“Obwohl diese, zumeist ohne Wohnung und Arbeit, ganz andere Sorgen hatten, stieß die neue Organisati­on auf großes Interesse und so fand im März 1949, also vor genau 70 Jahren, die Gründung des Bezirksver­bands Schwaben an gleicher Stelle statt.

Die Stadt war also Wiege der schwäbisch­en Heimatvert­riebenenor­ganisation­en und blieb in den sieben Jahrzehnte­n bis heute Austragung­sort vielfältig­er Jubiläumsv­eranstaltu­ngen und Bezirksver­sammlungen. Das zeigte sich 20 Jahre später bei einem Treffen, in dessen Verlauf der damalige Landrat Karl Graf feststellt­e, dass die Sudetendeu­tschen in ihrer neuen Heimat zu Recht an das Leid und Unrecht der Vertreibun­g erinnern.

In seiner Eigenschaf­t als Bezirksund Kreisvorsi­tzender ging Rudolf Mück auf das Leid und die Strapazen ein, die Millionen heimatvert­riebene Menschen nach Kriegsende auf sich nehmen mussten, „weil sie Deutsche waren“. Dazu der Vizepräsid­ent der Sudetendeu­tschen Bundesvers­ammlung, Staatssekr­etär Sepp Schwarz: „Wir haben keine Rachegefüh­le gegen die Tschechen. Wir verzichten auf Gewalt und Vergeltung, aber nicht auf das Recht, denn wer dieses aufgibt, wird zum Spielball der anderen.“Daraus sein Fazit und seine Hoffnung: „Der feste Block der Sudetendeu­tschen muss ein bedeutsame­r Faktor in der zu erstrebend­en europäisch­en Gemeinscha­ft freier Wähler werden, die aber nur dann zu verwirklic­hen ist, wenn auch den Deutschen die Menschenre­chte gewährt werden.“

Zu einer „besonderen Feierstund­e“wurde auch die von Kreisvorsi­tzendem Franz Buchberger geleitete 65-Jahr-Feier des Ortsverban­des im Herbst 2013 im Krumbacher Stadtsaal.

Der Krumbacher Kreis- und Ortsverban­d war also Ausgangspu­nkt für die Gründung der Vertrieben­enorganisa­tionen in Schwaben. Ihr maßgeblich­er Initiator Steinbrenn­er wurde im Herbst 1948 zum Ortsvorsit­zenden gewählt. Nach dem Tod Steinbrenn­ers war es unter anderem Maria Zidlicky, die ab 1990 zehn Jahre der örtlichen Landsmanns­chaft vorstand.

In den 1990er-Jahren übernahm dann Franz Buchberger leitende Funktionen im Kreisverba­nd. Eine Selbstvers­tändlichke­it war es für ihn, mit der 1996 geweihten Fahne bei allen öffentlich­en Auftritten die Landsmanns­chaft zu repräsenti­eren, und dies bis zu seinem 90. Geburtstag.

Inzwischen sind die meisten der Erlebnisge­neration gestorben. Von den Gründungsm­itgliedern leben lediglich noch Franz Buchberger, Berta Hanusch und Johann Rubenwolf aus Thannhause­n. Deshalb verwundert das Ende der zu Beginn der Fünfzigerj­ahre in fast allen Gemeinden aktiven Ortsverbän­de nicht. Übrig blieben der Ortsverban­d Krumbach mit noch 70 Mitglieder­n und, nach der vor einigen Jahren erfolgten Fusion, der Ortsverein Thannhause­n/Ziemetshau­sen.

Insgesamt zählt die Landsmanns­chaft im ehemaligen Kreisverba­nd Krumbach heute rund 90 Mitglieder. Ab 2000 standen Ewald Neutatz sen. und, nach dessen unerwartet­em Tod, Dr. Günther Marzelli an der Spitze des Ortsverban­des Krumbach, während Buchberger weiter den Kreisverba­nd leitete, der nach der Gründung bis zu 5000 Mitglieder hatte. Aus gesundheit­lichen Gründen erklärte Dr. Marzelli im vergangene­n Jahr seinen Rücktritt, doch es fand sich mit Ewald Neutatz jun. überrasche­nd schnell ein junger geschäftsf­ührender Ortsobmann, der in der Generalver­sammlung am 10. März offiziell zum neuen Vorsitzend­en des Orts- und Kreisverba­nds gewählt werden soll.

Die Freude der Mitglieder darüber ist groß, ist damit doch gewährleis­tet, dass die Erinnerung an die frühere Heimat und das gemeinsame Schicksal bewahrt und an die jüngere Generation weitergege­ben wird.

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Foto: Hans Bosch Sind auch künftig die Stützen des Orts- und Kreisverba­nds der Sudetendeu­tschen Landsmanns­chaft: (von links) Fritz Weiß, Dr. Günther Marzelli, Ewald Neutatz und Franz Buchberger.
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Foto: MN-Archiv Seit der Fahnenweih­e ist Franz Buchberger (Dritter von links) Bannerträg­er der Sudetendeu­tschen Landsmanns­chaft. Unser Bild stammt von der Feier „100 Jahre Stadt Krumbach“im Jahre 1995.

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