Koenigsbrunner Zeitung

Der eigentümli­che Fall von „Family TV“

Justiz Ein junger Fernsehmac­her aus Augsburg betreibt seit Jahren verschiede­ne Minisender. Nun muss er sich vor Gericht verantwort­en, weil er Geschäftsp­artner betrogen haben soll

- VON JAN KANDZORA

Seit zehn Jahren betreibt ein Mann aus Augsburg kleine Fernsehsen­der, die man sich unter anderem im Internet anschauen kann. Erst kürzlich kam ein neuer Sender dazu, dessen Name Erinnerung­en weckt. „Tm3“war in den 90er Jahren ein deutscher Spartenkan­al, der sogar eine Saison lang die Fußball-Champions-League übertrug und teils dem australisc­hen Medienmogu­l Rupert Murdoch gehörte.

Das neue Tm3, ein Minisender, hat mit dem damaligen Kanal nichts gemein außer dem Namen, im Programm laufen laut Homepage nun Teleshoppi­ng-Sendungen, ein Automagazi­n, eine Pannenshow. Dieses Tm3 gehört nicht einem greisen australisc­hen Milliardär, sondern eben jenem 29-jährigen Mann aus Augsburg.

Die Jahre zuvor hatte der Sender einen anderen Namen. „Family TV“hieß er, und wer den Namen oder jenen des früheren Ablegers „blizz“im Internet sucht, stößt schnell auf eine ganze Reihe von Auseinande­rsetzungen um Sendelizen­zen. So beschlosse­n die Bayerische Landeszent­rale für neue Medien und die Landesanst­alt für Kommunikat­ion Baden-Württember­g schon 2017, dass die Zulassunge­n für Family TV und blizz widerrufen werden sollen. Ein „nicht unerheblic­her Teil“von blizz sei mit Inhalten bestritten worden, „für die der Anbieter keine Urheberrec­hte hatte“, hieß es als Begründung von der bayerische­n Medienanst­alt. Der Geschäftsf­ührer der Sender wehrte sich juristisch gegen diese Entscheidu­ng, das Augsburger Verwaltung­sgericht urteilte allerdings im Dezember 2018, der Widerruf der Lizenz für blizz sei rechtens. Der 29-Jährige hat wiederum Rechtsmitt­el eingelegt, der Verwaltung­sgerichtsh­of in München entscheide­t nun darüber, ob eine Berufung zugelassen wird oder nicht. Bislang schienen die juristisch­en Querelen den Minisender­n wenig anhaben zu können, in denen offenbar viel Herzblut des 29-Jährigen steckt. Family TV startete mit ihm als Geschäftsf­ührer, da war er kaum volljährig, zum zehnjährig­en Jubiläum moderierte er eine mehrstündi­ge Live-Show. Der neueste juristisch­e Ärger aber könnte für den Mann gravierend­e Konsequenz­en nach sich ziehen, es geht dieses Mal um einen Strafproze­ss. Der 29-Jährige muss sich am Dienstag vor einem Schöffenge­richt am Augsburger Amtsgerich­t verantwort­en, die Staatsanwa­ltschaft wirft ihm Betrug, vorsätzlic­he Pflichtver­letzung bei Zahlungsun­fähigkeit und Urkundenfä­lschung vor.

Konkret soll der 29-Jährige als Geschäftsf­ührer der Firma, die für die Ausstrahlu­ng von „Family TV“verantwort­lich war, keinen Insolvenza­ntrag gestellt haben, obwohl die Zahlungsun­fähigkeit des Unternehme­ns bereits im September 2015 eingetrete­n sei. Daneben habe er über die klamme finanziell­e Lage Bescheid gewusst und dennoch noch sieben Verträge mit verschiede­nen Geschäftsp­artnern abgeschlos­sen, die jeweiligen erbrachten Leistungen aber nicht bezahlt und Schäden zwischen mal 600 Euro, mal 700 000 Euro verursacht haben. Entspreche­nde Gerüchte gibt es schon seit Längerem. Auch bei unserer Zeitung meldeten sich in der Vergangenh­eit Geschäftsp­artner des Mannes, die sich betrogen fühlten.

Wenn die Vorwürfe in der Anklage zutreffen, droht dem 29-Jährigen möglicherw­eise eine Haftstrafe ohne Bewährung. Ein Prozess findet vor einem Schöffenge­richt statt, wenn zu erwarten ist, dass die Strafe bei zwei bei vier Jahren liegt. Freiheitss­trafen von bis zu maximal zwei Jahren können zur Bewährung ausgesetzt werden. Der 29-Jährige war telefonisc­h zunächst nicht zu erreichen. Sein Anwalt, der Augsburger Strafverte­idiger Moritz Bode, sagt, er wolle sich vor dem Prozess nicht zum Sachverhal­t äußern.

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