Koenigsbrunner Zeitung

Was die Uni zum Naturparad­ies macht

Wissenscha­ftler haben rund 120 verschiede­ne Pflanzenar­ten auf dem Gelände gefunden, aber noch blüht es nicht überall. Ein neuer Naturführe­r soll zeigen, wo interessan­te Lebensräum­e zu finden sind

- VON EVA MARIA KNAB

Im April startet an der Uni Augsburg das Sommerseme­ster. Dann tummeln sich rund 20000 Studenten in den Lehrgebäud­en und auf dem Campus. Das Unigelände gilt als eines der schönsten in Bayern. Und es hat auch eine überrasche­nde Vielfalt an seltenen heimischen Pflanzen zu bieten. Umweltwiss­enschaftle­r haben den Bestand ermittelt. Sie wissen, wo die interessan­testen Lebensräum­e für Bienen, Hummeln und sogar Feldhasen zu finden sind. Bald sollen es auch Besucher erfahren.

Reiner Schwandt vom Wissenscha­ftszentrum Umwelt der Universitä­t hat die Natur auf dem Campus genau im Blick. Für seine Masterarbe­it hat er die Pflanzenwe­lt erfasst. Dabei kam er zu überrasche­nden Ergebnisse­n. Er fand zum Beispiel das „Kleine Seifenkrau­t“, eine selten gewordene Pflanze, die vom Aussterben bedroht ist. Sie ist eigentlich typisch für Gebirgsreg­ionen. Wie sie auf das Dach der Augsburger Jura-fakultät kam, ist ein Rätsel. „Angepflanz­t wurde sie dort nicht“, sagt Schwandt. Er vermutet, dass die Samen durch Windtransp­ort oder Vögel nach Augsburg kamen. Die begrünten Dächer vieler Universitä­tsgebäude sind für das Kleine Seifenkrau­t und andere Gebirgspfl­anzen allerdings ein guter Lebensraum. Die hohen Dächer mit kargem Boden und starker Sonneneins­trahlung seien für diese Pflanzen wie Berge, sagt Schwandt.

Ein anderer Überlebens­künstler aus der heimischen Pflanzenwe­lt wächst an der Universitä­t zwischen Straßenbah­nschienen: die Weiße Fetthenne. Dieses wasserspei­chernde Gewächs kommt gut mit trockenen, heißen Standorten zurecht. Und es hat noch eine weitere Eigenschaf­t, die ihm bei starkem Verkehrsau­fkommen in der Stadt zugutekomm­t. Wenn Trams oder Fußgänger ein Blatt der Fetthenne abbrechen, macht das nichts. Jedes Blatt kann für sich neu keimen und Wurzeln schlagen.

Schwandt zufolge hat der Unicampus ein sehr großes Potenzial für Artenvielf­alt. Er sagt, „es wäre eine vertane Chance, wenn man diese Lebensräum­e nicht nutzen würde, gerade in Zeiten des Artensterb­ens“. Vor allem ein Projekt hatte zuletzt einen durchschla­genden Erfolg. Das Wissenscha­ftszentrum Umwelt (WZU) gegenüber den hat zusammen mit Partnern eine typische Augsburger Heidefläch­e angelegt. Dafür wurde der Boden speziell vorbereite­t und mit Samen von Augsburger Heidepflan­zen präpariert. Die Wiese durfte wachsen und wurde nicht ständig gemäht. Ergebnis: Auf der Uniheide haben sich inzwischen rund 120 verschiede­ne Pflanzenar­ten entwickelt. Das sei sehr gut, sagt Schwandt. „Auf den häufig gemähten Rasenfläch­en am Campus haben wir nur zehn bis 20 Arten.“

Die blühenden Wiesen vor dem haben positive Folgen für die heimische Tierwelt. Im Sommer kommen Bienen, Hummeln, Schmetterl­inge und viele andere Insekten, die dort Nahrung finden. Es sei ein Summen und Brummen in der Luft, beschreibt der Umweltwiss­enschaftle­r die besondere Atmosphäre. Sogar Feldhasen kommen häufig zu Besuch. Und auch der Stieglitz wurde schon gesehen.

Ganz zufrieden sind die Wissenscha­ftler vom WZU aber dennoch nicht. Die blühende Uniheide sei derzeit nur ein kleiner Teil des weitphysik­gebäuden läufigen Unicampus, sagt Schwandt. „Wir würden gerne eine größere Fläche entwickeln.“Doch bei einer solchen Entscheidu­ng reden auch andere Instanzen der Universitä­t mit. Entschiede­n ist bislang noch nichts.

Ein anderes Projekt der Umweltwiss­enschaftle­r steht dagegen kurz vor der Realisieru­ng. Die Universitä­t wird voraussich­tlich bis zum Sommer erstmals einen Online-naturführe­r für den Campus herausbrin­gen. Dort werden die verschiede­nen natürliche­n Lebensräum­e BEWZU schrieben und mit einigen typischen Pflanzen vorgestell­t. Schwandt verspricht einen Führer, der nicht botanisch-wissenscha­ftlich ausgelegt sein wird und nur Experten interessie­ren würde. Vielmehr soll der Naturführe­r einen Nutzen für interessie­rte Laien bringen. Beispielsw­eise wird der Führer darüber informiere­n, wo bestimmte Pflanzen auf dem Campus herkommen, wofür man sie in früheren Zeiten verwendete und verarbeite­te, oder auch, ob man sie nicht nur anschauen, sondern auch essen kann.

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Foto: Bernd Hohlen Reiner Schwandt vom Wissenscha­ftszentrum Umwelt der Universitä­t hat untersucht, wie groß die Artenvielf­alt auf dem Campus ist. Von einigen Funden war er sehr überrascht und mit einem Projekt ist er besonders zufrieden.
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Foto: Reiner Schwandt Der Feldhase kommt häufig auf die Uniheide.
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Foto: Reiner Schwandt Der Hauhechel-bläuling findet an der Uni Nahrung.
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Foto: Reiner Schwandt Wie das Seifenkrau­t kam, ist ein Rätsel.aufdenCamp­us
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Foto: Reiner Schwandt Die Weiße Fetthenne ist ein Überlebens­künstler.

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