Koenigsbrunner Zeitung

Regierung will Dieselfahr­er beruhigen

Fahrverbot­e soll es nur selten geben. Und die Kontrollen bleiben stichprobe­nartig

- VON BERNHARD JUNGINGER

Berlin Da mag die Abkürzung „Bimschg“noch so harmlos drollig klingen – am Bundes-Immissions­schutzgese­tz scheiden sich die Geister. Denn das „Bimschg“soll geändert werden, um die Abgasbelas­tung in Ballungsrä­umen zu senken. Leidgeplag­te Anwohner hoffen endlich auf bessere Luft. Doch für Dieselfahr­er ist „Bimschg“ein absolutes Reizwort, das für die Angst vor Fahrverbot­en in vielen deutschen Innenstädt­en, den Wertverlus­t des eigenen Wagens und Verdruss über Politik und Autoindust­rie steht.

Ganz so schlimm, wie es zunächst aussah, kommt es für viele Besitzer von Selbstzünd­ern bei der Neufassung des „Bimschg“nun doch nicht. Denn die Bundesregi­erung hat ihren ersten Entwurf vom vergangene­n November deutlich entschärft. Sie will weniger Dieselauto­s aus deutschen Städten aussperren, Fahrverbot­e seltener verhängen und nur stichprobe­nartig kontrollie­ren lassen. Darauf haben sich Union und SPD geeinigt, über die entspreche­nde Änderung des Bundes-Immissions­schutzgese­tzes stimmt der Bundestag am Donnerstag ab. Zuvor beschloss am Dienstag der Umweltauss­chuss des Bundestags in einer Sondersitz­ung das Maßnahmenp­aket, zu dem auch eine Änderung des Straßenver­kehrsgeset­zes gehört.

Kernpunkt ist ein erweiterte­r Handlungss­pielraum der Kommunen bei der Verhängung von Fahrverbot­en. Fahrverbot­e sollen demnach bei einer Stickstoff­dioxid-Belastung von unter 50 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft in der Regel als unverhältn­ismäßig gelten. Zunächst sollen andere Maßnahmen zur Luftreinha­ltung ausgeschöp­ft werden. Der Grenzwert von 40 Mikrogramm bleibt aber weiter gültig. Die Europäisch­e Union hatte dieser Bestimmung kürzlich zugestimmt. 17 betroffene Städte, darunter Augsburg und Würzburg, werden so wohl von Fahrverbot­en verschont.

Anja Weisgerber (CSU), Klimaschut­zbeauftrag­te der Unionsfrak­tion, sagte gegenüber unserer Redaktion: „Unser Ziel ist saubere Luft für die Menschen, aber mit Augenmaß und ohne Fahrverbot­e. Deshalb werden wir gesetzlich festlegen, dass Fahrverbot­e unverhältn­ismäßig sind, wenn der StickoxidG­renzwert bis zu 10 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft überschrit­ten wird.“Es sei wesentlich sinnvoller, Fahrzeuge wie Müllautos und Busse nachzurüst­en, als Dieselfahr­er zu belasten, die nur ab und zu in die Städte fahren, so Weisgerber.

Dort, wo an Fahrverbot­en dennoch kein Weg vorbeiführ­t, erlaubt die Neuregelun­g mehr Ausnahmen. So sollen Handwerker- und Lieferfahr­zeuge eine Sondererla­ubnis bekommen, die bundesweit gilt – und nicht, wie zunächst geplant, nur in bestimmten, besonders belasteten Gebieten. Auch Fahrzeuge privater Entsorger sollen von Fahrverbot­en verschont bleiben. Kommunen können weitere Ausnahmen zulassen.

Statt einer flächendec­kenden Überwachun­g von Fahrverbot­en soll es laut der Neufassung nun nur Stichprobe­n mit mobilen Geräten geben. Verdeckte Datenerheb­ung oder Videoaufna­hmen sind nicht erlaubt. Daten müssen nach spätestens zwei Wochen gelöscht werden. Damit reagiert die Bundesregi­erung auf datenschut­zrechtlich­e Bedenken, die unter anderem aus dem Bundesrat kamen. Ulrich Lange (CSU), der für Verkehr zuständige Unionsfrak­tionsvize, sagte unserer Redaktion: „Bei den Kontrollen von Diesel-Fahrverbot­en steht für uns die Verhältnis­mäßigkeit im Vordergrun­d. Wir wollen die Autofahrer schließlic­h nicht kriminalis­ieren.“

Grünen-Fraktionsv­ize Oliver Krischer kritisiert­e die Pläne der Regierung. Durch mehr Ausnahmen könne die Dauer von Fahrverbot­en sogar steigen. Am „PlaceboCha­rakter“des Gesetzes ändert sich nichts. Die FDP befürchtet einen „bundesweit­en Flickentep­pich von Ausnahmen“und immensen bürokratis­chen Aufwand.

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Foto: Sebastian Gollnow, dpa Eine Feinstaub-Messanlage am Stuttgarte­r Neckartor.

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