Koenigsbrunner Zeitung

Im Zweifel für das Leben

- VON MICHAEL BÖHM bmi@augsburger-allgemeine.de

Es ist eine der schwierigs­ten Fragen des Lebens, weil sie genau über dieses entscheide­t: Wann darf, wann sollte, wann muss das Leben eines kranken Menschen beendet werden? Man wünscht es niemandem, diese Frage für einen anderen beantworte­n zu müssen. Doch Ärzten und Angehörige­n bleibt häufig keine andere Wahl – zu oft äußern Patienten ihren eigenen Willen nicht rechtzeiti­g oder nicht ausdrückli­ch genug und zwingen damit anderen die Entscheidu­ng über Leben oder Tod auf. So auch im Falle des Münchners, über den nun der Bundesgeri­chtshof zu befinden hat.

Ein Urteil haben die Richter noch nicht verkündet, doch sie ließen durchblick­en, dass sie sich nicht anmaßen wollen, darüber zu entscheide­n, ob das Leben des 80-Jährigen zuletzt noch lebenswert war oder nicht. Das ist auch gut so. Es sollte die Aufgabe der Richter sein, festzustel­len, ob der Arzt bei der Behandlung des Mannes Fehler gemacht hat. Sollte dies der Fall sein, müsste der Mediziner dafür zur Rechenscha­ft gezogen werden. Es sollte jedoch nicht die Aufgabe der Richter sein, darüber zu mutmaßen, was denn der demente Senior selbst gewollt, aber nie artikulier­t hatte.

Mit einem Verzicht auf eine Patientenv­erfügung legte der Mann die letzte Entscheidu­ng seines Lebens – bewusst oder nicht – in die Hände anderer. Der Arzt meinte es gut, als er den kranken Mann mittels künstliche­r Ernährung weiter am Leben hielt. Ihn dafür zu bestrafen, wäre ein Urteil gegen die Menschlich­keit.

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