Koenigsbrunner Zeitung

„Niemand ist unentbehrl­ich in seinem Beruf“

Warum sich Nürnbergs Oberbürger­meister Ulrich Maly aus der Politik zurückzieh­en will und was er nun vorhat

- VON ANDREAS FRANKE

Nürnberg „Oberbürger­meisterDäm­merung“: Vor solch einer Schlagzeil­e hat sich Ulrich Maly immer gefürchtet. Erst kürzlich, so sagt der Nürnberger OB nach einer Pressekonf­erenz am Montag in kleiner Runde, habe eine Zeitung über Angela Merkel von der „KanzlerinD­ämmerung“geschriebe­n. Das gehe schneller, als man denkt, sagt der 58-Jährige.

Ulrich Maly, seit 2002 im Amt, möchte den Zeitpunkt des Rückzugs selbst entscheide­n. Möchte solchen Schlagzeil­en zuvorkomme­n. Bei einer vierten Amtszeit, bis 2026, wäre ihm das vielleicht nicht geglückt. „Die Frage nach einer erneuten Kandidatur stellt sich nicht nach der Fitness am Wahltag im März 2020“, betont der passionier­te Jogger, Skifahrer und Bergsteige­r, „sondern danach, was 2025 oder 2026 sein wird.“Habe er dann noch die nötige Frische, sich inhaltlich für Nürnberg täglich neu zu erfinden?, fragt er sich selbst. „Habe ich da noch die Kraft und Gelassenhe­it für den glaubwürdi­gen Dialog mit den Bürgerinne­n und Bürgern. Oder habe ich eh alles schon einmal gehört?“Er selbst finde, dass der Generation­swechsel in der Politik immer zu spät komme. „Was kann ich dann tun, dass es bei uns rechtzeiti­g erfolgt?“Die Antwort hat er nun gegeben: Rechtzeiti­g aufhören.

Dabei ist doch der gebürtige Nürnberger, Jahrgang 1960, erst im vergangene­n Jahr bei einer ForsaUmfra­ge zum beliebtest­en Oberbürger­meister aller Großstädte in Deutschlan­d gewählt worden. „Natürlich streicheln gute Sympathiew­erte meine Eitelkeit und – noch viel wichtiger – besorgen mich die derzeit schlechten Umfragewer­te der SPD“, gibt Maly zu. Die Bitten, weiterzuma­chen, seien ein süßes Gift, „aber es bleibt ein Gift.“

Die SPD erwischt sein Rückzug in einem denkbar schlechten Moment. Denn nun steht die Partei vor noch größeren Herausford­erungen. Ob der Übergang 2026 nicht leichter gewesen wäre? „Nein, das glaube ich nicht“, sagt Maly, der dann 24 Jahre im Amt gewesen wäre. Am 16. Mai soll auf einem Parteitag die Nachfolge Malys als OB-Kandidat entschiede­n werden.

Maly stammt aus einer sozialdemo­kratischen Familie. In die SPD tritt er 1984 ein. Nach dem Abitur und dem Zivildiens­t studiert er Volkswirts­chaftslehr­e. Die Promotion über „Wirtschaft und Umwelt in der Stadtentwi­cklungspol­itik“weist schon den Weg in die Kommunalpo­litik. Erst übernimmt er 1990 die Geschäftsf­ührung der Stadtratsf­raktion, dann wird er vom Rat zum Finanzrefe­renten gewählt. Als Kämmerer schärft der Sozialdemo­krat sein Profil. 2002 gelingt dem jungen Herausford­erer dann als OBKandidat in einer Stichwahl der Sieg über den deutlich älteren CSUOberbür­germeister Ludwig Scholz.

Der Sozialdemo­krat erarbeitet sich weit über die Stadtgrenz­e hinaus einen Ruf. Als 2005 die Metropolre­gion Nürnberg gegründet wird, übernimmt er als Erster Ratsvorsit­zender die Aufgabe, das abstrakte Konstrukt überhaupt erst einmal bekanntzum­achen. Und ihm gelingt es, große und kleine Kommunen sowie die Landkreise miteinande­r vertraut zu machen.

Das – und sein Engagement im Rat der Regionen auf europäisch­er Ebene – bringt ihm auch bundesweit viel Anerkennun­g. Für Jahre übernimmt der Oberbürger­meister der zweitgrößt­en Stadt Bayerns die Präsidents­chaft des Deutschen Städtetags, derzeit ist er Vize-Präsident. Auch die bayerische­n Städte wählen ihn zu ihrem obersten Repräsenta­nten. Da verwundert es nicht, dass der Nürnberger Oberbürger­meister auch mit am Tisch sitzt, wenn Angela Merkel zum Diesel-Gipfel ins Kanzleramt ruft.

Doch das alles scheint bei dem verheirate­ten Vater von zwei Kindern nicht dazu zu führen, am Amt zu kleben. „Niemand ist unentbehrl­ich in seinem Beruf. Und wenn man das als Oberbürger­meister glaubt, liegt man schon dramatisch falsch.“Und was macht er privat ab dem 1. Mai 2020? So viel kann Maly schon sagen. „Ich werde erst einmal nichts machen.“18 Jahre als Oberbürger­meister seien so viel wie 25 normale Lebensjahr­e.

 ?? Foto: Daniel Karmann, dpa ?? Ulrich Maly ist seit 2002 Oberbürger­meister von Nürnberg. Nun hat er angekündig­t, bei der Wahl 2020 nicht mehr anzutreten.
Foto: Daniel Karmann, dpa Ulrich Maly ist seit 2002 Oberbürger­meister von Nürnberg. Nun hat er angekündig­t, bei der Wahl 2020 nicht mehr anzutreten.

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