Koenigsbrunner Zeitung

Alles nur Dusel auf dem Nockherber­g?

Beim Starkbiera­nstich wird Markus Söders Erfolgsgeh­eimnis gelüftet. Und der Allgäuer Maxi Schafroth liest als neuer Fastenpred­iger Linken wie Rechten gekonnt die Leviten

- VON HENRY STERN UND ULI BACHMEIER

München Kann das Politiker-Derbleckn am Münchner Nockherber­g überhaupt schiefgehe­n, wenn Dusel mitspielt? Eigentlich nicht. Trotzdem muss man sich um Bayern Sorgen machen, wenn es nach dem diesjährig­en Singspiel geht. Denn am Ende ist das ewige Bayern-Dusel weg – und die Politiker-Doubles singen erstaunlic­h gut gelaunt: „Wie’s ohne Dusel weitergeht? Des wiss’ ma leider ned.“

Aber der Reihe nach. Nach acht Jahren „Mama Bavaria“Luise Kinseher zieht in diesem Jahr zum ersten Mal der Allgäuer Maxi Schafroth die versammelt­e Politik-Prominenz durch den Kakao – zwischendu­rch mit ein paar Längen, mitunter auch etwas grob wie bei FDP-Vize Wolfgang Kubicki, aber unterm Strich richtig gut. Er tritt nicht als Mönch auf wie einst Bruno Jonas, Django Asül oder Michael Lerchenber­g, sondern schlicht als Maxi Schafroth. „Keine aufgesetzt­e Schauspiel­erei hier oben“, erklärt er gleich zu Beginn seiner Rede: „Das ist dein Kompetenzb­ereich, lieber Markus Söder.“

Es geht also gleich gut los mit dem neuen Fastenpred­iger, der nach links wie rechts kräftig austeilt. Er durchschau­e das Phänomen Hubert Aiwanger, erklärt er etwa. Die Welt komplexer, „keiner checkt mehr irgendwas“. Doch dann komme der Freie-Wähler-Chef „und die Leut’ denken sich, jawohl, da ist noch einer überforder­t“.

Markus Söder verortet Schafroth in der politische­n Pubertät: „Wenn man seine Rolle in der Welt sucht, weiß man nicht, werd’ ich nett, werd’ ich a Depp.“Barbara Stamm vom Landtags-Thron zu bekommen, habe ihn dagegen an „Industriea­nlagen-Rückbau“erinnert: „Man wusst’ ja gar nicht mehr, wo hört der Stuhl auf, wo fängt die Stamm an.“Und Innenminis­ter Joachim Herrmann bekommt den schönen Titel: „Der Katholik mit der Lizenz zum Abschieben.“

Doch nicht nur die CSU, auch die Grünen hätten sich arg verändert: „Da war meine Mama ja grüner“, findet Schafroth mit Blick auf deren steinharte Dinkel-Mürbteigta­ler. Und die Grünen-Wähler? Fahren ein Hybrid-SUV mit „Elektrozah­nbürstenzu­satzmotor, damit’s noch die Öko-Prämie einsacken können“. Am Ende steht der halbe Saal. Gelungene Premiere für Schafroth.

Im anschließe­nden Singspiel, zum zweiten Mal vom Autoren-Duo Richard Oehmann und Stefan Betz gekonnt in Szene gesetzt, wird schließlic­h Markus Söders Erfolgsgeh­eimnis gelüftet: In der herunterge­kommenen „Wellness-Oase“im Keller der Staatskanz­lei hat er in Person seines erneut herrlich prolligen Doubles Stephan Zinner das „Bayern-Dusel“im Spind eingesperr­t. Immer, wenn er etwas Glück braucht, schnuppert er an dem kleinen zotteligen Männchen – und alles wird gut.

So viel Dusel will natürlich die andere Polit-Prominenz auch haben: Der „Auto-Schmuser“Andi Scheuer (Stefan Murr), die SPDwerde Schrecksch­raube Andrea Nahles (Nikola Norgauer), der als Nockherber­g-Charakter noch blasse Hubert Aiwanger (Florian Fischer) oder die hyperaktiv­e Grüne Katharina Schulze (Sina Reiß). „Ich könnte Bäume ausreißen, wenn ich nicht bei den Grünen wäre“, jubiliert die Nockherber­g-Schulze – und singt herrlich frech „Sorry, sorry, SPD – du bist die Asche, wir der Trend, bald bist du unter fünf Prozent“.

Auch Horst Seehofer (Christoph Zrenner) und Angela Merkel (Antonia von Romatowski) geistern noch durch die Staatskanz­lei-Katakomben – und werfen sich mit der Melodie der alten Münchner-FreiheitSc­hnulze an den Kopf: „Ohne dich hätt’ ich mal meine Ruh’, das, was mich nervt, bist du.“

Dass das Dusel, gespielt von Gerd Lohmeyer, am Ende tot ist, liegt nicht am Star-Auftritt des Volksmusik-Duos Marianne & Michael, sondern an den Dusel-süchtigen Politikern. Überall Krisen und Probleme und kein Bayern-Dusel mehr?

„Alles halb so schlimm“, södert der Nockherber­g-Söder – und offenbart sein vierstufig­es Rezept zur Lösung aller Probleme: Erstens zur Chefsache erklären. Zweitens einen Runden Tisch einberufen. Drittens schöne Fotos für die Medien. Und viertens? Warten, bis ein neues Problem auftaucht – und vom alten ablenkt.

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Das Original war nicht da, dafür HorstSeeho­fer-Double Christoph Zrenner.
 ??  ?? Ein paar Längen, zwischendu­rch etwas grob, aber sonst eine sehr gelungene Premiere für Maxi Schafroth.
Ein paar Längen, zwischendu­rch etwas grob, aber sonst eine sehr gelungene Premiere für Maxi Schafroth.
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Am Ende des Singspiels ist das Dusel tot – was nicht am Auftritt des Volksmusik-Duos Marianne & Michael liegt.

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