Gas geben einmal anders
Autogas und Erdgas führen als Kraftstoffe für Autos in Deutschland ein Nischendasein. Dabei bieten sich die Fahrzeuge als günstige Alternativen auf dem Weg zur Elektromobilität an. Für wen sich die Umrüstung lohnt – und für wen nicht
E-Mobilität läuft den Gasautos den Rang ab
In Deutschland wird Fahrzeugen mit Auto- oder Erdgasantrieb häufig die kalte Schulter gezeigt. Die Vorteile vom flüssigen Autogas LPG (Liquefied Petroleum Gas) sowie dem komprimierten Erdgas CNG (Compressed Natural Gas) haben Autofahrer nur selten beim Kauf eines Wagens vor Augen. Das Interesse steigt erst, sobald die Spritpreise in die Höhe gehen. „Wenn die Rohölpreise steigen, wenden sich die Verbraucher verstärkt alternativen Kraftstoffen zu, und dann vor allem zum Autogas“, sagt Jörg Adolf, Chef-Volkswirt von Shell.
Gerade beim Autogas muss nicht immer gleich ein neues Auto her. Eine Umrüstung für eine sogenannte bivalente Lösung mit Benzin und Autogas kann auch für ältere Fahrzeuge aus wirtschaftlicher Sicht noch lohnend sein. „Die Kosten einer Umrüstung liegen je nach Fahrzeug zwischen 1800 und 2700 Euro. Bis heute machen umgerüstete Pkw den größten Teil der Autogas-Flotte auf deutschen Straßen aus“, sagt Andreas Stücke, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Verbandes Flüssiggas (DVFG).
Die Kosten der Umrüstung amortisieren sich je nach Kilometern schon nach zwei bis drei Jahren, da laut Stücke die Autogas-Preise im Juni 2018 durchschnittlich bei 61,10 Cent pro Liter lagen. Dagegen liegt der Durchschnittspreis für einen Liter Super mehr als doppelt so hoch. Allerdings muss beim Autogas ein höherer Verbrauch um bis zu zwei Liter auf 100 Kilometer einkalku- liert werden. Die Energiedichte des aus Propan und Butan bestehenden Gemischs, das bei der Erdölverarbeitung anfällt, ist niedriger.
Dafür kann der LPG-Fahrer auf ein breitgefächertes Netz an Zapfsäulen zurückgreifen. „Bundesweit bieten über 7100 Tankstellen Autogas an“, sagt Stücke. „Das ist etwa jede zweite Tankstelle in Deutschland.“Und der Tankvorgang ist so einfach wie das Tanken von Benzin, auch wenn viele Tankstutzen zuvor mit einem Adapter versehen werden müssen, ehe das Gas mit bis zu acht Bar durch die Schläuche flitzt. Der Tankvorgang selbst dauert in etwa so lange wie der „normale“.
Auch beim Erdgas ist der Tankvorgang ähnlich. Allerdings muss der gasförmige alternative Kraftstoff mit bis zu 250 Bar in den Tank gepresst werden, ehe es zur Kasse geht. Dort fallen zuletzt rund 1,06 Euro an – allerdings für das Kilogramm CNG, was viele Verbraucher verwirrt.
„Das Thema Erdgas ist für viele zu kompliziert in Bezug auf das Benzinäquivalent“, sagt Peter Weisheit von der TechnologieKommunikation von Volkswagen. Umgerechnet koste ein Liter Erdgas etwa 71 Cent. Dank einer besseren Energiedichte als beim flüssigen Treibstoff ist Erdgas für Weisheit „der billigste Kraftstoff, den man derzeit bekommen kann“.
Doch nicht nur deshalb hat VW eine Erdgas-Offensive gestartet. „Volkswagen hat früher Autogas und Erdgas gemeinsam angeboten“, sagt Weisheit. „Wir fokussieren uns jetzt auf CNG, da Autogas nur als fossiler Kraftstoff erhältlich ist, CNG dagegen nahezu CO2-neutral.“Überall ist der CO2-neutrale Brennstoff allerdings noch nicht erhältlich. Etwas mehr als ein Drittel der in Deutschland zur Verfügung stehenden CNG-Zapfsäulen werden mit Biomethan versorgt – Tendenz steigend. Allerdings ist die Abdeckung der CNG-Tankstellen nicht so weit verbreitet wie beim Autogas. 863 Möglichkeiten werden in Deutschland angeboten.
Neben der höheren Umweltverträglichkeit der Erdgasfahrzeuge spielen auch die Kraftstoffkosten eine große Rolle. Laut einer VWTabelle liegen die Kosten bei einem mit Benzin angetriebenen Golf mit 110 PS bei 1343,04 Euro pro 20000 Kilometer. Für den gleich starken Erdgas-Golf werden 784,08 Euro aufgeführt. Je nach Kilometerleistung pro Jahr amortisieren sich die preislichen Unterschiede von rund 4000 Euro schneller oder auch nicht.
Nachrüstlösungen gibt es bei Erdgasfahrzeugen kaum, da die technische Umrüstung zu aufwendig wäre und somit wirtschaftlich nicht sinnvoll. So bietet VW auch nur Erdgasfahrzeuge ab Werk an. Allerdings sind die Wolfsburger laut Weisheit recht erfolgreich mit den CNG-Modellen unterwegs: „Für dieses Jahr sind der Polo TGI und der Golf TGI ausverkauft, da die Nachfrage sehr hoch ist.“
Trotz vieler Vorteile werden es die Gasfahrzeuge auch in Zukunft schwer haben. Mittlerweile besitzen die Alternativen der alternativen Antriebe Vorrang gegenüber Erdund Autogas, wie Jörg Adolf anhand der Konzepte von Shell darstellt: „Shell hat 300 Autogas- und 56 Erdgas-Zapfsäulen in Deutschland.“Man sehe CNG und LPG als Brückentechnologien, setze aber auf „ein Kraftstoffmosaik“, in dem GasKraftstoffe eine gewisse Rolle spielen. „Wir verstärken unsere Bemühungen in Richtung Wasserstoff und E-Mobilität.“
Allerdings sind diese Technologien noch recht teuer. Für CNG gibt es hingegen bis 2026, für Autogas bis 2022 Steuervorteile beim Tanken. Und auch wenn diese wegfallen, dürften die Preise für das flüssige und komprimierte Gas wohl nur im einstelligen Cent-Bereich ansteigen, sodass Gasautos weiterhin eine günstige Alternative bieten werden.
Thomas Flehmer, dpa