Sensationsversteigerung im Auktionshaus Sotheby’s
Im Mai kommen in Paris zwei Figuren unter den Hammer, deren „Geschwister“in Augsburg stehen. Eine galt seit Jahrhunderten verschollen – und auch um die andere rankt sich eine spannende Geschichte
Sensationen aus Augsburg haben Seltenheitswert. Umso mehr dürften sich Kunstkenner über diese Nachricht freuen: Das renommierte Auktionshaus Sotheby’s versteigert im Mai in Paris zwei steinerne Putten, die der Augsburger Künstler Hans Daucher im 16. Jahrhundert für die Kaufmannsfamilie Fugger gefertigt hatte. Das Spektakuläre daran ist: Eine der beiden Figuren galt seit dem 19. Jahrhundert als verschollen. Die Existenz der zweiten war selbst Augsburger Kunsthistorikern bislang nicht bekannt.
Viele Augsburger, aber auch Touristen dürften die pausbackigen Engel aus Kalkstein kennen: Sie zieren die Balustrade der Fuggerkapelle in der Annakirche. Bis vor knapp zwei Jahren standen dort sogar die Originale aus dem 16. Jahrhundert. Weil 2001 aber eine von sechs Figuren gestohlen worden war, beschloss die Familie Fugger gemeinsam mit der Stadt, Kopien anfertigen zu lassen und die Originale künftig nur noch im Museum zu zeigen. Seit Juli 2017 sind die kleinen Figuren im Maximilianmuseum ausgestellt.
Was bislang niemand wusste: Daucher fertigte für die Fugger damals offenbar nicht nur sechs, sondern sieben Putten. Sie sollten die Grablege der Kaufmannsfamilie in der damals noch katholischen Annakirche schmücken, an deren Gestaltung auch Albrecht Dürer beteiligt war. Ob tatsächlich jemals sieben Figuren auf der Balustrade standen, ist jedoch unbekannt. „Nachgewiesen waren bislang nur sechs“, sagt Christoph Emmendörffer, Leiter des Maximilianmuseums.
Im Jahr 1821 wurden die Putten aus der Kirche entfernt. Als man die Kapelle in den 1920ern rekonstruieren wollte, wurden laut Emmendörffer fünf der sechs Putten in der Region Augsburg wiederentdeckt; die sechste blieb verschollen. Um die Kapelle komplett restaurieren zu können, ließ man damals eine Kopie anfertigen, die von da an mit den fünf Originalen in der Fuggerkapelle zu sehen war. Ein wenig findiger Dieb ließ 2001 ausgerechnet diese Kopie mitgehen.
Nach bisherigen Erkenntnissen ging der verschollene Putto samt eines siebten Exemplars irgendwann rechtmäßig in den Besitz des Barons Arthur von Schickler über. Aus dessen Nachlass wurden die Figuren nun ans Auktionshaus Sotheby’s gegeben. Augsburgs Kunstsammlungsleiter Christof Trepesch spricht von einem „spektakulären Fund“, Christoph Emmendörffer von „Meisterwerken der deutschen Renaissanceskulptur“.
Genau deshalb will die Stadt im Mai mitsteigern, wenn die beiden Figuren aufgerufen werden. Der Schätzwert liegt dem Vernehmen nach bei 800000 bis 1,2 Millionen Euro. Je nach Interessenslage könnte es auch teurer werden. Kulturreferent Thomas Weitzel bestätigte am Dienstag, dass die Stadt sich um den Ankauf der beiden Putten bemühe. Ohne die Hilfe von Förderern werde dies aber nicht funktionieren: Man könne diesen Erwerb nicht aus Steuergeldern finanzieren, sondern müsse vielmehr versuchen, die Kulturstiftung des Landes mit ins Boot zu holen.