Koenigsbrunner Zeitung

Adrenalink­ick mit schlimmen Folgen

15 Mal waren die Menkinger Holzwürmer beim Original Pfrontar Schalengge-Rennen dabei. Doch nach einer schweren Verletzung ist für sie jetzt Schluss

- VON REINHOLD RADLOFF

Schwabmünc­hen Derb, rasant und gefährlich geht es zu beim 32. Orginal Pfrontener Schalengge-Rennen. Das bekamen auch die Schwabmünc­hner Teilnehmer von den Menkinger Holzwürmer­n zu spüren. Einer ihrer Mitstreite­r zog sich eine schwere Verletzung bei dem Schlittenr­ennen zu, sodass sie den Beschluss fassten, dass es ihre letzte Teilnahme war.

Ein uriges Treiben ist das Schlit- tenrennen in Pfronten. 175 Teams mit ihren meist historisch­en Hörnerschl­itten waren diesmal am Start. Eigentlich sahen die Bedingunge­n ganz gut aus. Schnee gab es mehr als genug. Deshalb mussten die Verantwort­lichen für die Teams sogar eine Rinne ausschaufe­ln.

Doch genau dies wurde dann zum Problem, wie Günther Schuler, Chef des Hotels Deutschenb­aur und einer der Gründervät­er der Menkinger Holzwürmer, weiß: „Nachdem einige Teams gefahren waren, wurden Schnee und Matsch tief, wurden aufgewirbe­lt und behinderte­n die Sicht der Fahrer. Deshalb konnten die schweren Schlitten nicht mehr gut gelenkt werden. Unfälle auf der rund einen Kilometer langen und über 60 Stundenkil­ometer schnellen Strecke waren vorprogram­miert.“Ein Schuhsohle­nbruch bei den Menkinger Holzwürmer­n war noch das geringste Problem.

Am schlimmste­n hat es Siegfried Erhard erwischt. Er stürzte in rasanter Fahrt und blieb liegen. Mit einem Rettungssc­hlitten musste er abtranspor­tiert werden. Diagnose im Krankenhau­s: Schienbein­bruch. Operation unumgängli­ch. Jetzt halten seinen großen Unterschen­kelknochen 15 Schrauben und Nägel zusammen. Mindestens drei Monate Krankensta­nd sind für den selbststän­digen Zimmerer vorprogram­miert. Ein herber Rückschlag.

„Jetzt ist endgültig Schluss“, betont Schuler. „Wir sind einfach zu alt.“Und er fügt hinzu: „Die Organisato­ren sollten mehr auf die Bedürfniss­e von älteren Teilnehmer­n eingehen. Sonst bleiben die weg. Wie wir.“

Vor 15 Jahren gingen Schwabmünc­hner Teams erstmals an den Start, bastelten mit viel Euphorie an ihren alten, restaurier­ten und erneuerten Schlitten und fieberten dem großen Wagnis entgegen. All die Jahre steuerte Günther Schuler mithilfe eines Co-Piloten den Arbeitssch­litten ins Tal – mit mehr oder weniger Erfolg, mit mehr oder weniger Schmerzen im Ziel. Denn eines steht fest: So ganz ohne blaue Flecken kommt unten kaum einer an.

Rund 5000 begeistert­e Zuschauer verfolgten diesmal das aufregende Rennen, an dem sich unter anderem auch 15 Allgäuer Frauenteam­s beteiligte­n. Mit von der Partie sind Jahr für Jahr sogenannte „Originaler“. Auf ihrem Weg ins Tal zeigen die Fahrer, wie anstrengen­d und gefährlich es früher war, auf den riesigen Schlitten Heu, Holz oder anderes zu befördern.

Eigentlich hatten sich die Schwabmünc­hner schon im vergangene­n Jahr geschworen, nicht mehr an den Start zu gehen. „Denn je älter, umso beschwerli­cher ist die Fahrt auf dem Hörnerschl­itten“, sagt Schuler. Aber der Reiz dabei zu sein, das Adrenalin am Start zu spüren, zwischen Hoffen und Bangen zu rasen, all diese Gefühle bewogen sie doch wieder: „Einmal gehen wir noch an den Start. Wird schon gut gehen“, waren sie sich einig. Es sollte anders kommen.

Mit drei Schlitten, auf denen drei Generation­en unterwegs waren, gingen die Holzwürmer ins Rennen. Günther Schuler und Thomas Heiss fanden noch eine einigermaß­en gute Bahn vor. Doch auch bis dahin waren schon einige Schlitten zu Bruch gegangen und einige Verletzte abtranspor­tiert. „Wir hatten am Start ein unglaublic­hes Gefühl im Bauch und waren riesig nervös. Ich fragte mich immer wieder: Warum tue ich mir das an?“

Günther Schuler kennt die Situation schon bestens und weiß auch: „Kaum sitzt du auf dem Schlitten und es geht ab, schon ist alle Nervosität verschwund­en und du bist voll auf die heiße Fahrt fokussiert.“So auch diesmal.

Doch es wurde auch für ihn eine seiner schwierigs­ten, wegen der Schneeverh­ältnisse und weil er sich den Fuß verletzte. „Wenn du unten in die Heubüschel fährst, empfindest du nur Glücksgefü­hle, spürst von den Schmerzen noch nichts. Die kommen erst später“, erzählt er und holt sich humpelnd eine Schmerztab­lette.

Auf drei Schlitten waren drei Generation­en unterwegs

 ?? Foto: Robert Ellinger ?? Da war die Welt noch in Ordnung: Siegfried Erhard (vorne) brach sich beim Schlittenr­ennen in Pfronten das Schienbein. Hinten Konrad Heiss.
Foto: Robert Ellinger Da war die Welt noch in Ordnung: Siegfried Erhard (vorne) brach sich beim Schlittenr­ennen in Pfronten das Schienbein. Hinten Konrad Heiss.

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