Wasser-Streit: Gesundheitsamt bekommt recht
Gericht In Dinkelscherben muss das Trinkwasser weiterhin gechlort werden. Aber wie lange noch? Der Markt hatte geklagt, weil er die Anordnung für überzogen hält
Dinkelscherben/Augsburg Die Anordnungen zum Abkochen und der Chlorung des Trinkwassers in Dinkelscherben waren angemessen: Das entschied gestern die Erste Kammer des Verwaltungsgerichts Augsburg. Der Markt hatte die Schritte des Gesundheitsamts für überzogen gehalten und war deshalb vor Gericht gegangen.
Die Kammer wies die entsprechenden Klagen ab. Der Vorsitzende Richter Dr. Nikolaus Müller begründete nach einer zweistündigen Verhandlung die Entscheidung so: Die Behörde hatte handeln müssen, weil eine Grenzwertüberschreitung festgestellt worden war und weil die Versorgungstechnik nicht dem Stand der allgemein anerkannten Regeln entspreche.
Eine Abkochanordnung sei zunächst zwar in Ordnung. Aber: Eine Anordnung könne bei Bürgern auch in Vergessenheit geraten. Und: Die Verantwortung könne nicht einfach auf die Bürger abgewälzt werden. Es sei Aufgabe einer Gemeinde, für sauberes Trinkwasser zu sorgen. Eine Chlorung sei im Vergleich wirksamer.
Die erste Reaktion nach dem Urteil kam von Dinkelscherbens Zweitem Bürgermeister Willibald Gleich, der zusammen mit Geschäftsleiter Konrad Ruhland den Markt am Verwaltungsgericht vertrat. Er wirkte geknickt und sagte: „Wir versuchen jetzt weiter, unsere Hausaufgaben zu machen.“Das Ziel: ein schnelles Ende der Chlorung.
Wann es kommt, ist unklar. Gesundheitsamtsleiterin Monika Kolbe sagte gestern: „Zum jetzigen Zeitpunkt ist ein Ende nicht absehbar.“Sie versicherte: „Es wird aber keine unendliche Geschichte, wenn wir weiter so gut zusammenarbeiten.“Die Behörde verlange nichts Unmögliches. Kolbe: „Es läuft gut, an uns scheitert es nicht.“Derzeit geht es unter anderem um die Frage, was mit den zahlreichen Totleitungen im weiten Dinkelscherber Trinkwassernetz passiert. Müssen sie alle gespült werden? Und welches Risiko bedeuten alte Schieber, die für eine Spülung geöffnet werden müssen?
Die Kammer beschäftigte beim
Rechtsstreit eine ganz andere Frage. Hätte die Behörde denn eine andere Möglichkeit gehabt, als eine Chlorung anzuordnen? Rechtsanwalt Axel Weisbach, der den Markt Dinkelscherben vor Gericht vertrat, meinte: Es hätte länger abgekocht und gleichzeitig die Sanierung des Wassernetzes vorangetrieben werden können. Hygienekontrolleur
Uwe Breitfelder vom Gesundheitsamt entgegnete in der Verhandlung: Die Abkochanordnung sei zeitlich begrenzt. Es sei angesichts des hohen Risikos eine Maßnahme nötig gewesen, die umfassend funktioniert. Das Gesundheitsamt hatte damals schon vor dem Fund der Keime im Trinkwasser die Versorgung kritisiert. Die Mängel seien zum
Teil gravierend und hygienisch höchst bedenklich gewesen. Einer dieser Mängel führte dann im Mai 2018 wohl dazu, dass Pollen ins Trinkwassernetz Oberschöneberg gelangt waren. Daraufhin schritt die Behörde ein. Sie ordnete nicht nur für das Netz Oberschöneberg die Desinfektion an, sondern auch für die getrennte Versorgung von Dinkelscherben.
Ende der Chlorung noch nicht abzusehen
Das hatte einen bestimmten Grund. Die technischen Mängel seien in beiden Netzen ähnlich gewesen. Uwe Breitfelder erklärte: Die Probe sei nur eine Momentaufnahme gewesen. „Maßgeblich war der Anlagenzustand.“Keine Rolle spielte, dass es vor dem Keim-Fund lange keine Probleme gegeben hatte.