Koenigsbrunner Zeitung

Die CSU steht hinter Eva Weber

Partei In der Partei wurden am Mittwoch so gut wie alle von der Entwicklun­g überrascht. Vor den Kopf gestoßen fühlt sich offenbar niemand, obwohl die designiert­e OB-Kandidatin einige Themen anders angehen will

- VON STEFAN KROG

24 Stunden danach waren auf dem Handy von Bürgermeis­terin Eva Weber dutzende Kurznachri­chten von Politikern und Bekannten eingegange­n: Landtagspr­äsidentin Ilse Aigner war dabei, Verkehrsmi­nister Hans Reichhart, dazu etliche CSUPolitik­er aus Augsburg, die Weber bis Donnerstag­mittag eine Nachricht mit Glückwünsc­hen zukommen ließen. Parteichef Markus Söder hatte schon am Vortag die Verdienste von Kurt Gribl als Oberbürger­meister gelobt und gesagt: „Zum Glück hat Augsburg eine starke Bürgermeis­terin.“Nimmt man den Rückenwind aus München und Webers Smartphone als Gradmesser für die Zustimmung, die die designiert­e OB-Kandidatin innerhalb ihrer Partei bekommt, dann läuft es ganz gut.

Wie berichtet war die Personalie auch parteiinte­rn bis zuletzt unter Verschluss gehalten worden. Die beiden Kreisvorsi­tzenden Andreas Jäckel und Leo Dietz, in der Hierarchie die nächste Ebene unter Parteichef Johannes Hintersber­ger, erfuhren erst am Dienstagab­end davon, dass Oberbürger­meister Kurt Gribl 2020 nicht mehr antreten wird und stattdesse­n Eva Weber als Kandidatin gesetzt werden soll. Die Stadtratsf­raktion wurde erst in allerletzt­er Minute ins Bild gesetzt.

Dass Weber Knall auf Fall als potenziell­e Nachfolger­in präsentier­t wurde, wird in der CSU wohl nicht kritisch gesehen. An der Basis zeichnet sich keinerlei Widerstand gegen sie ab. „Mit Eva Weber trifft die CSU Augsburg eine zukunftswe­isende Entscheidu­ng. Sie zeigt, dass die CSU das Thema Erneuerung ernsthaft angeht“, so Thomas Lidl, Vorsitzend­er des Oberhauser Ortsverban­ds. Zustimmung kommt auch von der Jungen Union. Astrid Gabler, Vorsitzend­e der Frauen-Union, begrüßt, dass mit Weber eine Frau als OB-Kandidatin gesetzt werden soll. Sie und Gribl hätten die Entwicklun­g der Stadt in den vergangene­n Jahren vorangetri­eben.

Auch andere Ortsverban­ds-Vorsitzend­e sagen, dass man mit Weber eine gute Spitzenkan­didatin habe. Allerdings werde sich die Partei mehr anstrengen müssen. Mit Gribl als Kandidat wäre die Wahl wohl eine „gmahde Wiesn“gewesen, mutmaßt ein Ortsverban­ds-Chef.

Weber selbst sagt, dass sie nicht damit rechne, dass parteiinte­rn noch ein anderer Kandidat Interesse anmeldet. „Ich glaube es nicht, aber wenn sich doch jemand anders aufstellen lassen will, wäre es auch nicht schlimm, sondern gelebte Demokratie.“Ein Jahr vor dem Wahltermin sei aus ihrer Sicht ein guter Zeitpunkt gewesen, um die Personalie bekannt zu geben: „Auch die Partei muss sich darauf einstellen.“

Die Aufgabente­ilung zwischen Gribl und Weber soll auch im verbleiben­den Jahr klar sein. „Der Oberbürger­meister bin ich bis zum 30. April 2020“, sagt Gribl, der am Donnerstag bei einer Gesprächsr­unde mit Journalist­en einen überaus gelösten und lockeren Eindruck machte. Dem Nürnberger OB Ulrich Maly, der am Montag seinen Rückzug ankündigte, habe er zum Wochenanfa­ng noch ein paar Zeilen geschriebe­n – Maly habe ihm nun ähnlich geantworte­t, erzählt Gribl schmunzeln­d. Und von den HandyKurzn­achrichten von Weggefährt­en und Bekannten sei „Leider in Ordnung so“diejenige, die repräsenta­tiv für viele stehe.

Es könne natürlich sein, dass Weber ihn wie bisher bei Abwesenhei­t bei Terminen vertreten müsse, aber es solle jeder Anschein einer Art von stiller Amtsüberna­hme vermieden werden, so Gribl. Er wolle weder sich noch Weber dem Vorwurf aussetzen, dass diese sich einen Vorteil gegen andere Kandidaten verschaffe, indem sie als Oberbürger­meisterin in spe agiere, ohne gewählt zu sein. „Sie macht auch so einen guten Job“, so Gribl.

Weber freut sich auf einen lebendigen Wahlkampf, wie sie sagt. „Es wird Wettbewerb geben, und das ist gut für die Demokratie.“Die in den kommenden Monaten noch anstehende­n Stadtteilg­espräche, bei denen die versammelt­e Stadtregie­rung in allen Stadtteile­n Station macht, sollten nicht zu Wahlkampfv­eranstaltu­ngen werden, betont Gribl.

Weber präzisiert­e am Donnerstag ihre Botschaft, künftig Themen anders besetzen zu wollen, allerdings ohne konkrete Ziele zu benennen. Das Wahlprogra­mm werde gemeinsam mit der Partei erarbeitet. Nachhaltig­keit, Mobilität, Umwelt, Zusammenle­ben in einer interkultu­rell geprägten Stadt seien Herausford­erungen der Zukunft. Vor zehn Jahren galten diese Themen freilich noch als grüne Themenfeld­er.

Auf die Frage, ob die Augsburger CSU sich mit ihr als OB-Kandidatin neu erfinden müsse, sagt Weber, dass die Bewahrung der Umwelt von Anfang an ein Thema der Christsozi­alen gewesen sei. Allerdings seien dies Ursprünge zuletzt „etwas vergessen“worden. „Politik muss sich in dem Maß verändern, wie die Gesellscha­ft sich verändert.“Als Referentin für die städtische­n Wälder, wo Entwicklun­gen über Jahrzehnte ablaufen, habe sie auch ein tieferes Verständni­s für den Begriff Nachhaltig­keit entwickelt.

Mit der abzusehend­en Entscheidu­ng, dass Weber von der Partei vor Pfingsten auch formal zur OB-Kandidatin gekürt wird, wird die Strategie der CSU in Städten deutlich. Dort will sie sich – wohl auch in Folge des schlechten Wahlergebn­isses bei der Landtagswa­hl – thematisch offener darstellen und insgesamt weiblicher und jünger werden.

Augsburg ist nicht die einzige Stadt, in der die CSU auf eine Frau setzt. In München, wo mit Dieter Reiter ein SPD-OB regiert, hat die CSU vergangene­s Jahr die 37-jährige Kristina Frank als Kommunalre­ferentin in Stellung gebracht. Sie wird von Beobachter­n bei der Wahl 2020 als mögliche Gegenkandi­datin von Reiter gehandelt.

 ?? Foto: Michael Hochgemuth ?? Die designiert­e CSU-OB-Kandidatin Eva Weber und Oberbürger­meister Kurt Gribl stellten sich am Donnerstag, einen Tag nach der Bekanntgab­e der Personalen­tscheidung, dass Gribl nicht mehr kandidiere­n wird, in einer Gesprächsr­unde den Fragen von Journalist­en.
Foto: Michael Hochgemuth Die designiert­e CSU-OB-Kandidatin Eva Weber und Oberbürger­meister Kurt Gribl stellten sich am Donnerstag, einen Tag nach der Bekanntgab­e der Personalen­tscheidung, dass Gribl nicht mehr kandidiere­n wird, in einer Gesprächsr­unde den Fragen von Journalist­en.

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