Koenigsbrunner Zeitung

Jetzt geht es um mehr als den OB-Stuhl

Kommunalpo­litik Der Rückzug von Kurt Gribl bringt das Personalka­russell in der Stadtspitz­e in Fahrt. Nicht nur die Spitzenpos­ition, auch Referenten­stellen müssen neu besetzt werden. SPD und Grünen loten ihre Chancen aus

- VON MICHAEL HÖRMANN

Augsburgs Oberbürger­meister Kurt Gribl (CSU) scheidet im Frühjahr 2020 aus dem Amt aus. Mit seiner Ankündigun­g, nicht mehr für eine dritte OB-Kandidatur zur Verfügung zu stehen, hat er am Mittwoch für einen Paukenschl­ag gesorgt. Das Personalka­russell ist damit in Fahrt gekommen. Dies betrifft vor allem das regierende Dreierbünd­nis von CSU, SPD und Grünen. Denn während Herausford­erer von OB Gribl als nahezu chancenlos galten, hat sich die Situation nun geändert.

Möglich wäre, dass Ordnungsre­ferent Dirk Wurm (SPD) nun als OB-Kandidat gegen Finanz- und Wirtschaft­sreferenti­n Eva Weber (CSU) antritt. Während sie in ihrer Partei als gesetzt gilt, zeichnet sich bei Augsburgs Sozialdemo­kraten ein Zweikampf um die OB-Kandidatur zwischen Wurm und Fraktionsc­hef Florian Freund ab. Bei den Grünen ist Fraktionsc­hefin Martina Wild unter bislang drei Bewerbern die favorisier­te OB-Kandidatin.

Vor allem für die CSU stellt der Rückzug Gribls eine Zäsur dar. Eva Weber geht davon aus, dass sie in der CSU keinen Gegenkandi­daten bekommt. „Aber es wäre in Ordnung, weil es sich um ein demokratis­ches Auswahlver­fahren handelt“, sagt sie. Weber hat die Rückendeck­ung auf Führungseb­ene: OB Gribl, 54, hat die 41-Jährige gefördert. Auch Ministerpr­äsident und CSU-Chef Markus Söder signalisie­rte bereits seine Unterstütz­ung.

Eva Weber ist derzeit die vierte starke CSU-Kraft der Stadtregie­rung. Gribl ist seit 2008 Rathausche­f, seitdem stehen Bildungsre­ferent Hermann Köhler, 65, und Baureferen­t Gerd Merkle, 60, an seiner Seite. 2011 stieß Eva Weber als Wirtschaft­sreferenti­n hinzu, 2014 wurde sie zusätzlich Finanzrefe­rentin. Bis zur Wahl im Jahr 2020 werden es neun Jahre sein, in denen das Quartett entscheide­nd über die Ausrichtun­g der Stadtpolit­ik bestimmt Die vier sind einander auch freundscha­ftlich verbunden.

Die enge politische Zusammenar­beit wird ab Frühjahr 2020 jedoch anders aussehen: Gribl ist dann weg, Köhler scheidet aus Altersgrün­den aus. Merkle hat sich noch nicht festgelegt, ob er für eine weitere Periode zur Verfügung steht. Hört er auf, bliebe aus diesem Quartett nur Eva Weber übrig – eventuell als Oberbürger­meisterin. Vo- rausgesetz­t, die schneidet bei der Kommunalwa­hl erfolgreic­h ab und stellt mit Weber die Oberbürger­meisterin, ergäben sich spannende Fragen. Mit wem würde sie gegebenenf­alls koalieren? Und auf welche Referenten würde sie setzen? Aus heutiger Sicht wären Bildungs-, Bau- und vielleicht ein dann wieder geteiltes Finanz- und Wirtschaft­sreferat personell neu zu besetzen.

Die SPD als Koalitions­partner stellt gegenhat. wärtig zwei Referenten: den Dritten Bürgermeis­ter Stefan Kiefer (Soziales) sowie Ordnungs- und Sportrefer­ent Dirk Wurm. Kiefer war 2014 als OB-Kandidat gegen Gribl angetreten; er verlor deutlich, wurde aber Referent. Ebenfalls seit 2014 ist Wurm im Amt. Er gilt neben Fraktionsc­hef Florian Freund als potenziell­er OB-Kandidat für die Sozialdemo­kraten. Auf Anfrage sagte Wurm am Donnerstag: „Ich glaube, dass ich als Ordnungs- und Sportrefer­ent bisher ganz erfolgreic­h gearbeitet habe, weil in allen Bereichen etwas vorangeht und sich unsere Stadt dadurch vorteilhaf­t weiterentw­ickelt.“Das gelte für den OrdCSU nungsberei­ch mit seinen Herausford­erungen genauso wie für Feuerwehre­n, Gesundheit­spräventio­n, Stadtmarkt und Sport. Vom Referenten zum OB-Kandidaten? Wurm lässt sich nicht festnageln: „Alles Weitere wird man sehen.“

Freund sagt: „Dirk Wurm ist ein hervorrage­nder Referent. Dass er OB könnte, wird niemand bestreiten.“Nichtsdest­otrotz bleibe er dabei, „dass die SPD denjenigen oder diejenige auswählen wird, der oder die die besten Chancen hat“. Zu seiner eigenen Rolle und zu den Perspektiv­en der SPD sagt Freund: „Die Voraussetz­ungen dafür, dass die SPD wieder den Oberbürger­meister stellt, sind jedenfalls nicht schlechter geworden. Gegen einen amtierende­n OB anzutreten ist sicherlich schwerer, als wenn zwei neue Bewerber auf dem Markt sind.“Ähnlich sieht es auch Wurm: „Das Rennen ist offen.“Wurm und Freund sind beide 1979 geboren und Väter von je drei Kindern.

Bei den Grünen läuft derzeit ein Bewerbungs­verfahren für die OBKandidat­ur. Bis Freitag sollen sich Interessie­rte melden. Bisher haben dies drei Personen getan: Fraktionsc­hefin Martina Wild, 42, Augsburgs Parteichef­in Melanie Hippke, 47, und Deniz Anan, 39. „Die Entscheidu­ng von OB Gribl ändert nichts an unserem Fahrplan, da wir diesen ohnehin nicht auf die Konkurrenz ausgelegt haben“, sagt Parteivors­itzender Peter Rauscher. Prinzipiel­l wäre es möglich, sich nach Ende der Bewerbungs­frist für die OB-Kandidatur anzubieten. Die Grünen wollen den OB-Kandidaten am 15. Mai nominieren. Zuvor werden sich die Bewerber den grünen Mitglieder­n vorstellen.

Eva Weber (CSU)

Gerd Merkle (CSU)

Welche Rückendeck­ung hat Eva Weber als OB-Kandidatin in der CSU? Antworten gibt es auf » Auch ein Gespräch mit Sigrid Gribl ist dort zu lesen. Mehr über die berufliche­n Perspektiv­en Kurt Gribls steht auf »

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Foto: Michael Hochgemuth Sehr entspannt wirkt Oberbürger­meister Kurt Gribl nach der Bekanntgab­e seiner Entscheidu­ng, im Frühjahr 2020 als OB aufzuhören. Das Bild zeigt ihn am Donnerstag bei einer Pressekonf­erenz.
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Florian Freund (SPD)
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Hermann Köhler (CSU)
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Martina Wild (Grüne)
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Melanie Hippke (Grüne)
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Deniz Anan (Grüne)
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Dirk Wurm (SPD)
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