Koenigsbrunner Zeitung

In Hannover läuft vieles schief

Fußball Dem Bundesliga­vorletzten steht vor der Partie beim FC Augsburg das Wasser bis zum Hals. Warum die Niedersach­sen Augsburg dennoch als gutes Pflaster sehen

- VON WOLFGANG LANGNER

Es liegt vieles im Argen bei Hannover 96. Die Turbulenze­n im Verein gleichen einem Orkan. Dass der Klub in sich gespalten ist, liegt auch an dessen Chef Martin Kind. Der starke Mann des Klubs versucht schon lange, die 50+1-Regel auszuhebel­n. (Es handelt sich bei ihr um eine in Deutschlan­d exklusive Note, die es Investoren untersagt, die Stimmenmeh­rheit über eine Profifußba­llgesellsc­haft zu halten. Und die garantiere­n soll, dass der an der Profigesel­lschaft beteiligte Stammverei­n die Geschäfte führt – vor allem: uneingesch­ränkt). Kürzlich machte das Gerücht die Runde, dass St. Pauli-Geschäftsf­ührer Andreas Rettig in Hannover der Kandidat der Vereinsopp­osition werden solle. Dies wurde jedoch schnell dementiert.

Aber das ist nicht der einzige Brennpunkt. Die Mannschaft taumelt dem Abstieg entgegen. In dieser Saison wurde schnell klar, wohin die Reise geht. Zwar gab es am 1. Spieltag ein achtbares 1:1 in Bremen und am zweiten Spieltag noch ein 0:0 gegen Dortmund, doch dann, nach drei Niederlage­n in Folge, war das Team um den damaligen Coach André Breitenrei­ter, der im Januar 2019 entlassen wurde, im Tabellenke­ller angekommen.

Die Chemie scheint aber auch bei den Bossen nicht zu stimmen. So wird Sportdirek­tor Horst Heldt immer wieder mal aufgrund seiner Einkaufspo­litik öffentlich und verbal von Ex-Nationalsp­ieler Dieter Schatzschn­eider angegriffe­n. Pikant dabei ist, dass Schatzschn­eider ein guter Freund von Präsident Martin Kind ist. Heldt und Kind scheinen sich nicht mehr grün zu sein. Kürzlich kritisiert­e Kind, die Mannschaft „sei schlecht zusammenge­stellt, kaputt und gescheiter­t.“

Heldt lobte dagegen das Team nach der knappen 2:3-Niederlage gegen Leverkusen im Fachmagazi­n Kicker: „Die Mannschaft hat gefightet und alles versucht. Ich habe nicht gesehen, dass die Spieler nicht wollen oder kaputt sind.“

Na ja – nur alles versuchen, reicht halt nicht. Auch der Trainerwec­hsel hat nicht allzu viel bewirkt. Vier Niederlage­n und nur ein Sieg (2:0 gegen Nürnberg) ist die bisher eher kärgliche Bilanz von Thomas Doll, der nach der Entlassung von Breitenrei­ter verpflicht­et wurde. Ob die Schicksals­gemeinscha­ft Doll/Heldt auch bei einem Abstieg in Hannover bleibt, ist äußerst fraglich.

Heldt wird immer wieder mal mit anderen Klubs in Verbindung gebracht, und Thomas Doll steht nach einigen hohen Niederlage­n wie dem 0:3 in Leipzig, dem 0:3 in Hoffenheim oder dem 1:5 in Stuttgart schon jetzt – zumindest bei den Fans – in der Kritik. Jetzt in Augsburg muss man fast gewinnen, um wenigstens die Chance auf die Relegation zu wahren.

Man setzt auch darauf, dass sich die Spieler auf ihren letzten Auswärtser­folg in der Bundesliga besinnen. Und der war im Oktober 2017. Wo? In Augsburg. „Vielleicht schließt sich der Kreis. Das wäre eine schöne Geschichte“, sagt Doll.

Allerdings weigert man sich in Hannover, trotz der prekären Lage von einem „Pflichtsie­g“zu sprechen: „Jeder weiß, wie wichtig dieses Spiel ist, aber in Augsburg hat es keine Mannschaft leicht“, weiß Doll.

Zumal den Augsburger­n mit Alfred Finnbogaso­n der zehnfache Torschütze wieder zur Verfügung steht (siehe Kommentar). Auch Heldt will von einer „letzten Chance“nichts wissen: „Solange es möglich ist, geben wir nicht auf. Wir können nur auf die Bedeutung des Spieles hinweisen.“

Ganz haben auch die Fans von Hannover 96 die Hoffnung auf den Klassenerh­alt in der Bundesliga noch nicht aufgegeben. Jedenfalls werden ungefähr 600 Anhänger das Team auf den weiten Weg nach Augsburg begleiten um es dort zu unterstütz­en.

Schnell war in dieser Saison klar, wohin die Reise geht

Die Chemie scheint nicht mehr zu stimmen

 ?? Foto:Christophe Gateau/dpa ?? Finstere Mienen in Hannover: Sportdirek­tor Horst Heldt (links) und Trainer Thomas Doll wissen, wie schwer die Aufgabe beim FC Augsburg wird.
Foto:Christophe Gateau/dpa Finstere Mienen in Hannover: Sportdirek­tor Horst Heldt (links) und Trainer Thomas Doll wissen, wie schwer die Aufgabe beim FC Augsburg wird.
 ??  ??
 ?? Foto: dpa ?? Martin Kind hält die Zeit seines Klubs in der Bundesliga für abgelaufen.
Foto: dpa Martin Kind hält die Zeit seines Klubs in der Bundesliga für abgelaufen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany