Ehepaar durfte Rumänien nicht problemlos verlassen
Beim kommunistischen System waren die Kochs erst beliebt, dann in Ungnade gefallen
Untermeitingen Franz und Paula Koch sind seit 50 Jahren verheiratet. Die 74-Jährige stammt aus Bukarest, ihr 78-jähriger Mann aus Siebenbürgen. Ihre Ausreise nach Untermeitingen war ein steiniger Weg. Kennengelernt haben sie sich 1963 im rumänischen Hermannstadt auf einer Abiturfeier. Dann studierten sie an verschiedenen Universitäten: Franz Koch in Kronstadt, Paula Duramani im 270 Kilometer entfernten Klausenburg. Um in Kontakt zu bleiben, lieh sich Franz Koch von einem Freund immer wieder das Motorrad und besuchte seine Herzensdame. Die Fernbeziehung hielt, 1967 verlobten sich die beiden und zwei Jahre später heirateten sie.
In Hermannstadt arbeitete er als Ingenieur und sie als Lehrerin für Rumänisch und Französisch. „Wir hatten gute Positionen und waren angesehen bei den Leuten“, erinnert sich Paula Koch an diese Zeit, in der sie auch ihren Sohn zur Welt brachte. Als die junge Familie beschloss, nach Deutschland auszuwandern, änderte sich alles. Als Maschinenbauingenieur war Franz Koch in den Augen des kommunistischen Systems ein Geheimnisträger und konnte deshalb nicht einfach das Land verlassen. Er kündigte seine Stelle. Seine Frau, die eben erst eine der regelmäßigen Lehrproben mit Bravour bestanden hatte, bekam in einer Mittagspause einen Brief des Hermannstädter Inspektorats: Sie war fristlos entlassen, den Nachmittagsunterricht durfte sie nicht mehr halten. Der Staat hatte von ihren Auswanderungsplänen erfahren.
Da beide nun arbeitslos waren, begannen sie, ihren Besitz zu verkaufen und verließen 1985 Rumänien mit nur zwei Koffern und zwei Kisten in Richtung Deutschland. „Wir durften nicht fliegen, nicht einmal in der ersten Klasse der Bahn reisen. Ohne Sitzplatz fuhren wir mit dem Zug schließlich mitten in der Nacht los, unser Sohn hat auf einer Decke auf dem Boden geschlafen“, sagt Paula Koch. Doch eine Begebenheit während der Fahrt heiterte das Paar auf: „Ein Österreicher erfuhr, dass wir nach Deutschland auswanderten“, erzählt Franz Koch. „Er beglückwünschte uns, zückte eine Falsche Sekt und stieß mit uns auf unsere Zukunft an.“
In Deutschland angekommen, musste die Familie in ein Auffanglager in Nürnberg, dann in ein Übergangslager in Kaufering. 1989 zogen sie nach Untermeitingen und bauten sich ein neues Leben auf. Franz Koch arbeitete wieder in seinem alten Beruf, doch seine Frau unterrichtete nicht mehr. Sie konnte auch damals schon Deutsch, aber weil sie mit starkem Akzent und nicht völlig fehlerfrei sprach, wollte sie nicht vor die Schüler treten. Stattdessen arbeitete sie in der Altenpflege. Ganz aufgegeben hat sie das Lehren trotzdem nicht: Ehrenamtlich engagiert sie sich im Kunstkreis Lechfeld, wo sie Kindern im Jugendzentrum Untermeitingen und in der Grundschule Graben das Malen beibringt.
Zur goldenen Hochzeit brachte Untermeitingens Bürgermeister Simon Schropp Blumen und Geschenke vorbei. Das Paar verriet ihm das Geheimnis für eine so lange und glückliche Ehe: sich vom ersten Kennenlernen bis zur Hochzeit viel Zeit geben, sechs Jahre waren es bei den Kochs. Und sich gegenseitig Freiräume lassen – nichts sei schlimmer als Eifersucht.