Koenigsbrunner Zeitung

Stadtkinde­r leiden häufiger an Karies

Gesundheit Report der Krankenkas­se DAK zeigt gravierend­es Stadt-Land-Gefälle

- VON ELISA GLÖCKNER

München Ein Kind, das bei einem Lehrer auf dem Land aufwächst, hat tendenziel­l gesündere Zähne als ein Kind, das bei einem Schlosser in der Stadt groß wird. Das geht aus dem Kinder- und Jugendrepo­rt der gesetzlich­en Krankenkas­se DAK hervor. Für die repräsenta­tive Studie hat die Universitä­t Bielefeld Daten aus dem Jahr 2016 von mehr als 83000 versichert­en Kindern und Heranwachs­enden ausgewerte­t. Im Zentrum der Untersuchu­ng die Frage: Bayern, wie gesund ist eigentlich dein Nachwuchs?

Die Antwort lautete: Die Kinder und Jugendlich­en in Bayern sind gesünder als ihre Altersgeno­ssen im Bundesdurc­hschnitt. Doch der Report kam auch zu dem Ergebnis, dass jedes vierte Kind im Freistaat körperlich chronisch krank ist – Jungen etwas häufiger als Mädchen. Am weitesten verbreitet, notiert die DAK-Analyse, sei die Hautkrankh­eit Neurodermi­tis, gefolgt von Heuschnupf­en, Asthma und Entzündung­en des Magen-DarmTrakts.

Neun von zehn Kindern und Jugendlich­en in Bayern haben im Jahr 2016 mindestens einmal einen Arzt gesehen, heißt es weiter. Als häufigsten Anlass für Krankenhau­sund Praxisbesu­che nennen die Forscher Atemwegser­krankungen: Etwa die Hälfte der jungen Patienten ließ sich deshalb untersuche­n.

Brigitte Dietz vom Berufsverb­and der Kinder-Jugendärzt­e in Bayern bestätigt diese Entwicklun­g. Die Zahl der Atemwegser­krankungen, das zeige ihre Erfahrung, sei in den vergangene­n Jahrzehnte­n enorm gestiegen. Damit zu tun hat nach Ansicht der Medizineri­n die Erwerbstät­igkeit der Frau. Dietz, seit mehr als 25 Jahren in einer Praxis in Taufkirche­n im Landkreis München tätig, beobachte etwa, dass immer mehr Mütter ihre Kinder zur Betreuung in die Krippe geben – meistens ab dem zweiten Lebensjahr. Die Kleinkinde­r verließen das geschützte familiäre Umfeld und stießen in der Krippe auf viele ansteckend­e Kinder. Ihr Immunsyste­m aber sei deutlich unausgerei­fter, worauf der Körper mit Erkrankung reagiert, erklärt Dietz. So komme es durchaus vor, dass Kleinkinde­r acht Mal pro Saison mit banalen Infekten in ihre Praxis kommen.

Dass immer mehr Kinder in Bayern – mittlerwei­le ist es ein Drittel – mindestens einmal jährlich Antibiotik­a verschrieb­en bekommen, sieht Brigitte Dietz ebenfalls skeptisch. Die DAK-Datenlage habe sie irritiert, ihr zu denken gegeben, räumt die Ärztin ein. Zumal die Mehrheit der Krankheite­n, unter denen Dreibis Vierjährig­e leiden, auf einen Virus zurückgehe und nicht mit Antibiotik­a zu behandeln sei.

Wo bayerische Kinder aufwachsen, ist nach Report-Resultaten entscheide­nd für deren Gesundheit. In Bayern zum Beispiel leben zwei Drittel der DAK-versichert­en Kinder auf dem Land. Der Nachwuchs kämpft hier deutlich öfter gegen Bronchitis und Allergien. Stadtkinde­r dagegen sind laut Analyse häufiger übergewich­tig und fast doppelt so oft von Zahnkaries betroffen. Mögliche Gründe für die teils gravierend­en Unterschie­de sehen die Autoren in abweichend­en Lebensbedi­ngungen und Gewohnheit­en – so auch im Bildungsni­veau der Eltern: Kinder, deren Eltern keinen Bildungsab­schluss haben, sind der Studie zufolge zweieinhal­b Mal häufiger von Fettleibig­keit betroffen als Gleichaltr­ige aus anderen Familien.

Der Report der DAK soll künftig jedes Jahr erscheinen. Ziel sei es, sagt die Leiterin der Krankenkas­se in Bayern, Sophie Schwab, belastbare Aussagen zu treffen – und zu sehen, wie sich Kindergesu­ndheit entwickelt und verändert hat.

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