Mops braucht Anwalt
Schüsse Die Bürger in Holland trauern. Weiterer Verdächtiger verhaftet Posse Durfte Edda auf Ebay verkauft werden?
Utrecht Eine Stadt trauert: Menschen in Utrecht legen am Tag nach den tödlichen Schüssen in einer Straßenbahn Blumen an dem Platz nieder, wo drei Menschen erschossen und fünf verletzt worden waren. Ein Gymnasium in der Stadt gedenkt des Vaters zweier Schüler, der zu den Opfern gehört – doch die Straßenbahnen fahren wieder normal. Im Hintergrund ermittelt die Polizei intensiv. Denn die Stadt, ja das ganze Land trauert nicht nur, sondern rätselt auch über das Motiv des Täters, der am Montag in dem Tram-Waggon plötzlich seine Waffe zog.
Einen Tag später verdichten sich die Anzeichen auf einen terroristischen Hintergrund der Tat. Dafür spreche ein im Fluchtwagen gefundener Brief, teilte die niederländische Polizei mit. Auch die Art der Tatausführung deute in diese Richtung. Andere Motive würden aber nicht ausgeschlossen.
Der 37 Jahre alte Verdächtige Gökmen T. war am Montagabend nach stundenlanger Fahndung festgenommen worden. Wie am Dienstagabend bekannt wurde, hat die Polizei außerdem einen weiteren Verdächtigen verhaftet: Es handele sich um einen 40-jährigen Mann aus Utrecht, teilte die Staatsanwaltschaft mit. Der Mann sei bereits am Nachmittag von einer Spezialeinheit der Polizei festgenommen worden. Einzelheiten nannte die Staatsanwaltschaft nicht. Zwei weitere Männer, die bereits am Montag festgenommen worden waren, wurden aus der Haft entlassen. Sie seien nicht länger verdächtigt.
Der 37-jährige Gökmen T. gilt als mutmaßlicher Haupttäter. Er soll zwei Männer und eine Frau in einer Straßenbahn erschossen und drei andere Menschen lebensgefährlich verletzt haben. Die Frau ist 19 Jahre alt und stammt aus Vianen in der Provinz Utrecht. Die beiden Männer, 28 und 49 Jahre alt, sind aus der Stadt. Die bisherigen Ermittlungen hätten keine Hinweise auf irgendeine Beziehung zwischen dem Hauptverdächtigen und den Opfern ergeben, teilte die Polizei mit. Zuvor war über eine Beziehungstat spekuliert worden.
Präsident Recep Tayyip Erdogan sagte, er lasse den türkischen Geheimdienst Nachforschungen anstellen, um Klarheit über die Motive zu erhalten. Das niederländische Parlament in Den Haag gedachte der Opfer am Dienstag mit einer Schweigeminute. „Utrecht liegt im Herzen unseres Landes“, sagte Ministerpräsident Mark Rutte. „Die Niederlande sind ins Herz getroffen worden.“Die Folgen der Tat seien groß. Dennoch seien die Utrechter am Dienstagmorgen wieder in die Straßenbahnen eingestiegen und ganz normal zur Arbeit gefahren. Diese Routine sei die beste Antwort auf eine solche Tat. Sie zeige, „dass unsere Gesellschaft stärker ist als Hass und Gewalt“.
Rechtspopulist Geert Wilders forderte im Parlament den Rücktritt von Justizminister Ferdinand Grapperhaus. Gökmen T. habe zahlreiche Vorstrafen und sei erst kürzlich freigelassen worden, was niemals hätte geschehen dürfen. „Sie sind dafür verantwortlich“, sagte Wilders zu Grapperhaus. „Sie müssen zurücktreten! Abhauen!“Am heutigen Mittwoch werden in den Niederlanden Wahlen für die Provinzparlamente abgehalten. Ahlen Ein Rechtsgutachten für einen gepfändeten Mops – so etwas hat es in Deutschland wohl noch nie gegeben. Die Stadt Ahlen hat damit jetzt schriftlich, dass sie Hund Edda im Internet verkaufen durfte. Verfasst haben das Papier Mitarbeiter der renommierten Kanzlei Wolter Hoppenberg mit Standorten in Hamm und Münster.
Der Ton des Hunde-Gutachtens ist knochentrocken. Für das 19-seitige Dokument rekonstruierte die Kanzlei den Fall, der sogar die New York Times beschäftigte: Die Pfändung von Rasse-Mops „Edda vom Cappenbergersee“sowie den Verkauf über Ebay. Das interne Gutachten enthüllt ein robustes Vorgehen der Beamten. So kam es laut dem Papier am 26. November 2018 auf „richterliche Anordnung hin“zu einer „Durchsuchung der Privatwohnung der Schuldnerin“. Die Ahlenerin hatte bei der Stadt rund 7000 Euro Schulden, unter anderem wegen der Hundesteuer und Ganztagsbetreuung für zwei schulpflichtige Kinder. Bei der Suche nach pfändbaren Vermögenswerten seien die Vollziehungsbeamten auf den Mops gestoßen, „dessen Anschaffungspreis nach Auskunft der Schuldnerin bei 2400 Euro lag“. Außer dem Tier habe man nichts Wertvolles gefunden – also wurde Edda später abgeholt. Darf man das? Ja, sagen die Gutachter. Die MopsPfändung sei zulässig, da Frauchen sich „besonders hartnäckig“geweigert habe, ihre Schulden zu bezahlen. Vielmehr habe sie stattdessen den teuren Hund gekauft. Auch die emotionale Bindung zum Mops könne so groß nicht sein: Das Angebot der Stadt, die Pfändung rückgängig zu machen, habe sie abgelehnt. Hat die Posse jetzt ein Ende? Wohl kaum. Eddas neues Frauchen, die den Mops in Wilma umtaufte, hat Klage gegen die Stadt eingereicht. Sie will den Kaufpreis von 690 Euro zurück und Geld für die Tierarztkosten. Denn Edda, als kerngesund angepriesen, erholt sich gerade von einer Augen-OP.