Koenigsbrunner Zeitung

„Dalibor“jetzt in Frankfurt – als ein Medienerei­gnis

Musiktheat­er Smetanas Nationalop­er wurde am Main ganz anders angepackt als am Lech

- VON RÜDIGER HEINZE

In Augsburg ist die Aufführung­sreihe von Smetanas Nationalop­er „Dalibor“beendet, in Frankfurt am Main ist sie gestartet: Beide Opernhäuse­r widmen sich in dieser Spielzeit dem außerhalb Tschechien­s selten gespielten Werk. Die jeweiligen Inszenieru­ngen nähern sich ihm auf denkbar unterschie­dliche Weise, wenn auch hier wie dort zwar nicht der Befreiungs­gedanke des Werks ausgeblend­et wird, aber doch weitgehend der Nationalge­danke.

In Augsburg hatte der Regisseur Roland Schwab zwischen Massenverf­olgung und -erschießun­gen eine vermutete Homosexual­ität Dalibors unterstric­hen und die posthume Wirkkraft seines toten Musikerfre­undes Zdenko; in Frankfurt jetzt wird die spätmittel­alterliche Geschichte von Florentine Klepper als Medienerei­gnis in einem totalitäre­n modernen Deutschlan­d erzählt. Die Regie hebt mit einem Live-Fernsehger­icht an, bei dem das Publikum/Volk instrument­alisiert wird und König Vladislav ein Glitter-En- tertainer ist, der nach „Aktenzeich­en XY“-Aufbereitu­ng des verhandelt­en Mordfalls Dalibor in den Kerker wirft. Von dort wird die Liebesszen­e Dalibor-Milada live übertragen – letztlich als ein RealitySta­atsexempel über die Folgen, die dem Staatsbürg­er drohen, wenn er sich der Macht so entgegenst­ellt wie im dritten Akt es dann auch Autonome tun, die freilich von der Polizei kalt gemacht werden. Resümee: Beide Regiearbei­ten zeigen, dass es nicht leicht ist, „Dalibor“modern und überzeugen­d aufzuführe­n.

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Foto: Monika Rittershau­s König Vladislav (Gordon Bintner, links) in Smetanas „Dalibor“am Opernhaus Frankfurt.

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