Nach tödlichem Unfall: Was tun gegen Geisterfahrer?
Verkehr Der Zusammenstoß eines 82-jährigen Mannes aus dem Landkreis Aichach-Friedberg ist nur einer von mehreren Fällen aus den vergangenen Monaten. Die Polizei stellt einen besorgniserregenden Trend fest
Aichach-Friedberg Über 40 Kilometer führte seine Geisterfahrt über die Autobahn A 9 – dann prallte der Senior aus dem Raum Friedberg nahe Denkendorf frontal mit einem entgegenkommenden Auto zusammen. Der 82-jährige Unfallverursacher starb noch an Ort und Stelle, die zwei Insassen des anderen Wagens wurden schwer verletzt. Wie kommt es zu solchen folgenschweren Unfällen?
„Die Gründe sind vielfältig und reichen von Versehen, Überforderung, Orientierungslosigkeit, Alkoholeinwirkung bis Mutprobe und Suizid“, sagt David Christ vom Polizeipräsidium Schwaben-Nord. Fest steht aber: Die Zahl der Geisterfahrten ist in den vergangenen Jahren stark gestiegen. 2018 erreichte sie mit 67 bekannt gewordenen Fällen im Bereich des Polizeipräsidiums einen Höchststand. Gegenüber dem Vorjahr wurde eine Zunahme um fast 40 Prozent verzeichnet.
Der Vorfall vom Sonntag ist zwar der schlimmste, aber nicht der einzige aus der Region in jüngster Vergangenheit. Auffällig ist, dass immer wieder ältere Autofahrer beteiligt sind. Tatsächlich wurden im vergangenen Jahr sechs der neun Geisterfahrten, bei denen Menschen zu Schaden kamen, von Autofahrern über 80 Jahren verursacht.
● Anfang Januar verursachte ein 80-jähriger Geisterfahrer aus dem Landkreis Aichach-Friedberg auf der A96 bei Landsberg einen schweren Unfall. Drei Personen wurden seinerzeit verletzt. Der Mann hatte bereits im Vorfeld gesundheitliche Probleme, am Tag des Unfalls war er dehydriert. Seinen Führerschein musste er allerdings erst abgeben, nachdem etwas passiert war.
● Aufsehen erregte auch der Gerichtsprozess von Augsburgs ehemals dienstältestem Taxifahrer Ende Januar. Der 80-Jährige war auf einer Kurierfahrt zum Starnberger See auf der A95 in die falsche Richtung unterwegs gewesen und in zwei entgegenkommende Autos gekracht. Er selbst sowie die beiden anderen beteiligten Fahrer hatten mittelschwere Verletzungen davongetragen.
● Erst 2017 hatte der Mann allerdings einen Gesundheitstest bestanden. Verwirrende Angaben des Taxifahrers zu Personen, die angeblich mit ihm im Wagen gesessen hätten, nährten im Prozess Zweifel an dem geistigen Zustand des 80-Jährigen. Das Gericht sprach den Mann zwar frei, als Taxifahrer arbeitet er allerdings mittlerweile nicht mehr. Er willigte vor Gericht zudem ein, seinen Führerschein abzugeben.
● Glimpflich endete erst vor wenigen Tagen die Geisterfahrt einer 79-Jährigen in Augsburg-Kriegshaber. Die Frau war auf der B17 unterwegs. Umsichtige Autofahrer hielten allerdings an und ermöglichten der Geisterfahrerin zu wenden.
Die Polizei reagiert bei Falschfahrermeldungen unverzüglich. „Zwar kommt es erfahrungsgemäß bei der Mehrzahl der Einsätze nicht zur Feststellung des Falschfahrers, da er bereits vor Eintreffen der Polizei gewendet oder die Autobahn verlassen hat“, erläutert David Christ vom Präsidium Schwaben-Nord: Trotzdem werde jede Meldung ernst genommen und sofort versucht, den Falschfahrer auf der richtigen Fahrspur einzuholen und mit entsprechenden Signalen zum Anhalten aufzufordern. Andere Streifenfahrzeuge fahren dem Falschfahrer entgegen und bremsen den nachfolgenden Verkehr bis zum Stillstand ab. Weitere Maßnahmen, wie z. B. Ableiten des Verkehrs oder Straßensperren treffen die Beamten je nach Lageeinschätzung.
Dass eine Geisterfahrt wie beim tödlichen Zusammenstoß vom Wochenende auf der A9 gleich über eine Strecke von über 40 Kilometer führt, ist laut Polizeisprecher Christ zwar ungewöhnlich, aber erklärbar. „Es war Sonntag, es waren keine Lkw auf der Straße und die Autobahn ist in diesem Bereich größtenteils dreispurig. Bei dieser Verkehrsdichte kann man schon eine größere Strecke zurücklegen“, sagt er. Was man tun kann, wenn man selbst in falscher Richtung unterwegs ist oder ein Geisterfahrer entgegenkommt, steht in einem Ratgeber der Polizei (siehe Infokasten).