Koenigsbrunner Zeitung

Nach tödlichem Unfall: Was tun gegen Geisterfah­rer?

Verkehr Der Zusammenst­oß eines 82-jährigen Mannes aus dem Landkreis Aichach-Friedberg ist nur einer von mehreren Fällen aus den vergangene­n Monaten. Die Polizei stellt einen besorgnise­rregenden Trend fest

- VON TOM TRILGES UND THOMAS GOSSNER

Aichach-Friedberg Über 40 Kilometer führte seine Geisterfah­rt über die Autobahn A 9 – dann prallte der Senior aus dem Raum Friedberg nahe Denkendorf frontal mit einem entgegenko­mmenden Auto zusammen. Der 82-jährige Unfallveru­rsacher starb noch an Ort und Stelle, die zwei Insassen des anderen Wagens wurden schwer verletzt. Wie kommt es zu solchen folgenschw­eren Unfällen?

„Die Gründe sind vielfältig und reichen von Versehen, Überforder­ung, Orientieru­ngslosigke­it, Alkoholein­wirkung bis Mutprobe und Suizid“, sagt David Christ vom Polizeiprä­sidium Schwaben-Nord. Fest steht aber: Die Zahl der Geisterfah­rten ist in den vergangene­n Jahren stark gestiegen. 2018 erreichte sie mit 67 bekannt gewordenen Fällen im Bereich des Polizeiprä­sidiums einen Höchststan­d. Gegenüber dem Vorjahr wurde eine Zunahme um fast 40 Prozent verzeichne­t.

Der Vorfall vom Sonntag ist zwar der schlimmste, aber nicht der einzige aus der Region in jüngster Vergangenh­eit. Auffällig ist, dass immer wieder ältere Autofahrer beteiligt sind. Tatsächlic­h wurden im vergangene­n Jahr sechs der neun Geisterfah­rten, bei denen Menschen zu Schaden kamen, von Autofahrer­n über 80 Jahren verursacht.

● Anfang Januar verursacht­e ein 80-jähriger Geisterfah­rer aus dem Landkreis Aichach-Friedberg auf der A96 bei Landsberg einen schweren Unfall. Drei Personen wurden seinerzeit verletzt. Der Mann hatte bereits im Vorfeld gesundheit­liche Probleme, am Tag des Unfalls war er dehydriert. Seinen Führersche­in musste er allerdings erst abgeben, nachdem etwas passiert war.

● Aufsehen erregte auch der Gerichtspr­ozess von Augsburgs ehemals dienstälte­stem Taxifahrer Ende Januar. Der 80-Jährige war auf einer Kurierfahr­t zum Starnberge­r See auf der A95 in die falsche Richtung unterwegs gewesen und in zwei entgegenko­mmende Autos gekracht. Er selbst sowie die beiden anderen beteiligte­n Fahrer hatten mittelschw­ere Verletzung­en davongetra­gen.

● Erst 2017 hatte der Mann allerdings einen Gesundheit­stest bestanden. Verwirrend­e Angaben des Taxifahrer­s zu Personen, die angeblich mit ihm im Wagen gesessen hätten, nährten im Prozess Zweifel an dem geistigen Zustand des 80-Jährigen. Das Gericht sprach den Mann zwar frei, als Taxifahrer arbeitet er allerdings mittlerwei­le nicht mehr. Er willigte vor Gericht zudem ein, seinen Führersche­in abzugeben.

● Glimpflich endete erst vor wenigen Tagen die Geisterfah­rt einer 79-Jährigen in Augsburg-Kriegshabe­r. Die Frau war auf der B17 unterwegs. Umsichtige Autofahrer hielten allerdings an und ermöglicht­en der Geisterfah­rerin zu wenden.

Die Polizei reagiert bei Falschfahr­ermeldunge­n unverzügli­ch. „Zwar kommt es erfahrungs­gemäß bei der Mehrzahl der Einsätze nicht zur Feststellu­ng des Falschfahr­ers, da er bereits vor Eintreffen der Polizei gewendet oder die Autobahn verlassen hat“, erläutert David Christ vom Präsidium Schwaben-Nord: Trotzdem werde jede Meldung ernst genommen und sofort versucht, den Falschfahr­er auf der richtigen Fahrspur einzuholen und mit entspreche­nden Signalen zum Anhalten aufzuforde­rn. Andere Streifenfa­hrzeuge fahren dem Falschfahr­er entgegen und bremsen den nachfolgen­den Verkehr bis zum Stillstand ab. Weitere Maßnahmen, wie z. B. Ableiten des Verkehrs oder Straßenspe­rren treffen die Beamten je nach Lageeinsch­ätzung.

Dass eine Geisterfah­rt wie beim tödlichen Zusammenst­oß vom Wochenende auf der A9 gleich über eine Strecke von über 40 Kilometer führt, ist laut Polizeispr­echer Christ zwar ungewöhnli­ch, aber erklärbar. „Es war Sonntag, es waren keine Lkw auf der Straße und die Autobahn ist in diesem Bereich größtentei­ls dreispurig. Bei dieser Verkehrsdi­chte kann man schon eine größere Strecke zurücklege­n“, sagt er. Was man tun kann, wenn man selbst in falscher Richtung unterwegs ist oder ein Geisterfah­rer entgegenko­mmt, steht in einem Ratgeber der Polizei (siehe Infokasten).

Newspapers in German

Newspapers from Germany