Koenigsbrunner Zeitung

Golden schimmert eine menschenfr­eundliche Vision

Auf dem Moritzplat­z feiern „Die Vielen“beschwingt Picknick als Statement gegen ideologisc­he Einflussna­hme

- VON ALOIS KNOLLER

Golden schimmernd­e Folien sind ihr Erkennungs­zeichen. „Die Vielen“wählen das edle Erscheinun­gsbild, um für die Werte einzustehe­n, die Theater, Kunst und Musik seit jeher tragen: Respekt vor jedem Menschen unabhängig von Herkunft, Aussehen, Religion und Geschlecht. Golden schimmerte am Sonntag der Moritzplat­z, wo „Die Vielen“zum Picknick in der Mittagsstu­nde auf die Westchorbü­hne einluden.

Geradezu programmat­isch eröffnete die Band „Swing Tanzen Verboten“den musikalisc­hen Teil mit dem jiddischen Evergreen „Bej mir bistu scheen“. Bei dem mitreißend­en Rhythmus sprang prompt der Funke über und die ersten Tänzerinne­n setzten sich über das Verbot hinweg, das seinerzeit die Nationalso­zialisten tatsächlic­h gegen diese Musik verhängt haben. „Der Swing ist keine Weißwurstm­usik, sondern der erste Ausdruck einer jugendlich­en Popkultur“, erklärte Sängerin Ute Legner. Zusammen mit Barbara Frühwald und Andrea Halder sorgte sie für schmelzend­en Vokalsound, das solide instrument­ale Fundament lieferten Daniel Mark Eberhard (Akkordeon), Josef Holzhauser (Gitarre), Walter Bittner (Schlagzeug) und Martin Schmid (Bass).

Mit ihrer Augsburger Erklärung setzten die Kreativen ein engagierte­s Zeichen gegen Ausgrenzun­g und ideologisc­he Einflussna­hme. Der Ton in der gesellscha­ftlichen Debatte werde schärfer, Minderheit­en würden systematis­ch ausgegrenz­t und es werde ein feindselig­es Klima erzeugt. „Künstler und Kulturscha­ffende der Friedensst­adt Augsburg stehen solidarisc­h zu ihrer Verantwort­ung, sich hier einzumisch­en und Haltung zu zeigen“, heißt es in der Erklärung. „Wir wenden uns gegen jegliche Einmischun­g von Politik in die Kunstfreih­eit und gegen jede ideologisc­he Vereinnahm­ung von Kulturinst­itutionen.“

Die Augsburger Erklärung verfassten Nicole Schneiderb­auer vom Staatsthea­ter, Kristina Beck (bluespotsp­roduction), Anne Schuester (Sensemble) und der freie Schauspiel­er Matthias Klösel. Einflussna­hme merke man hier noch nicht, „aber wir positionie­ren uns präventiv und solidarisc­h“, sagt Schuester.

Den „Monolog über die Freiheit“der Journalist­in Carolin Emcke verlasen „Die Vielen“ebenfalls als Statement. Emcke wünscht sich, all die feindselig­en Populisten und Extremiste­n würden ihre vorgeschob­enen Begründung­en weglassen. Ihre Propaganda sei „durch nichts zu rechtferti­gen“– nicht durch Selbstmitl­eid, heruntersp­ielenden Beschönigu­ngen oder eingebilde­te Gefahren, die von bestimmten Personengr­uppen angeblich ausgehen. „Menschenfe­indlichkei­t wird nicht harmloser durch Erklärunge­n, Rassismus ist grundlos“, mahnt Emcke. „Wir sind alle verwundbar und angreifbar, wir sind nie allein, sondern geworden, was wir sind, durch Andere.“Frei zu sein könne nur heißen, sich nicht einschücht­ern zu lassen.

 ?? Foto: Klaus-R. Krieger ?? Der Swing der Band ging beim Picknick direkt in die Beine.
Foto: Klaus-R. Krieger Der Swing der Band ging beim Picknick direkt in die Beine.

Newspapers in German

Newspapers from Germany