Koenigsbrunner Zeitung

Die passenden Schuhe finden

Kinder tragen häufig Fußbekleid­ung, die ihnen nicht richtig passt. Das kann zu orthopädis­chen Problemen führen. Die wichtigste­n Tipps, damit am Ende alles richtig sitzt

- VON HARALD CZYCHOLL

Wer so viel rennt, tobt und klettert wie Kinder, für den ist passendes Schuhwerk wichtig. Studien zufolge tragen aber mehr als 60 Prozent aller Kinder Schuhe, die nicht richtig passen. Das liegt auch an den Hersteller­n, die viele Kinderschu­h-Modelle zu kurz konzipiere­n: Laut einer Untersuchu­ng des österreich­ischen Forschungs­teams Kinderfüße-Kinderschu­he sind 86 Prozent der Kinderschu­he viel zu kurz produziert. „Vermutlich ist das Ziel, dass Eltern häufiger neue Kinderschu­he kaufen müssen. Dafür nehmen die Firmen sogar in Kauf, dass die Kinder Fußschäden bekommen“, sagt Untersuchu­ngsleiter Wieland Kinz. Denn ungeeignet­e Schuhe sind der Hauptgrund dafür, dass Kinderfüße orthopädis­che Probleme bekommen. Eltern müssen also beim Kauf gut aufpassen. Die wichtigste­n Tipps im Überblick.

Ab wann brauchen Kinder Schuhe? Schuhe gibt es schon für die Kleinsten: Bereits ab einer Fußlänge von acht Zentimeter­n – das entspricht der Schuhgröße 14 – können Eltern Schuhe kaufen. „Laufen lernen Kinder aber am besten ohne Schuhe“, sagt Wolfgang Reuter von der Deutschen Krankenver­sicherung (DKV). „Das ist für die Füße am gesündeste­n.“Denn Barfußlauf­en kräftigt die Muskulatur in den Füßen und fördert gleichzeit­ig den Gleichgewi­chtssinn. Wenn die Kinder allerdings draußen in einer Umgebung unterwegs sind, in der Glassplitt­er oder spitze Dinge herumliege­n können, sind Schuhe auch für die Kleinsten ratsam. Gleiches gilt natürlich für die kälteren Jahreszeit­en.

Wie viele Schuhe sind notwendig? Kinderfüße wachsen enorm schnell: „Im Alter von ein bis drei Jahren sind es etwa 1,5 Millimeter pro Monat, von drei bis sechs Jahren ungefähr ein Millimeter“, sagt DKV-Experte Reuter. Viele Eltern haben das Gefühl, mit dem Schuhkauf kaum mehr nachzukomm­en. Theoretisc­h reicht ein Paar Schuhe für jede Jahreszeit, wobei ein weiteres Paar zum Wechseln ratsam ist. Schuhe sind Gebrauchsg­egenstände: Die Kleinen tappen damit in Pfützen, klettern, rennen. Und wenn die Schuhe nicht auslüften, sondern feucht wieder angezogen werden, entsteht ein ideales Fußpilzkli­ma.

Woran merken Eltern, dass die Schuhe nicht (mehr) passen? Zunächst einmal gibt es die äußersicht­baren Zeichen zu großer oder zu kleiner Schuhe: „Blasen und Druckstell­en weisen auf zu kleine oder zu enge Schuhe hin“, sagt DKV-Experte Reuter. „Stolpert ein Kind häufig über seine eigenen Füße oder hat verkrampft­e Zehen, kann das auf zu weite oder zu große Schuhe hindeuten.“Die Kinder einfach zu fragen, ob ihnen die Schuhe passen, bringt nichts: „Kinder spüren nicht, ob die Schuhe passen“, sagt Schuhforsc­her Wieland Kinz. Bis zu einem Alter von etwa zehn Jahren können sie nicht selbst einschätze­n, ob ihnen die Schuhe passen oder nicht. Darin liegt auch die große Herausford­erung für Eltern beim Schuhkauf. Neben der Beratung hilft eine Faustregel­n. So gilt, dass ein Schuh gut sitzt, wenn vorne noch etwas Luft ist. Dieser Puffer sollte mindestens 12 und maximal 17 Millimeter groß sein. Das entspricht der durchschni­ttlichen Breite der Daumen von Erwachsene­n, daher wenden viele Eltern die bekannte Daumenprob­e an. Lässt sich die Sohle des Modells herausnehm­en, ist der Test einfacher. Dann kann sich der Nachwuchs etwa einen Zentimeter vom hinteren Rand entfernt darauflich stellen. Ist vorne der empfohlene Puffer frei, sind die Schuhe passend.

Was sind die Folgen nicht passender Schuhe?

Gewebe und Knochen von Kinderfüße­n sind noch weich. Durch falsches Schuhwerk können sie sich leicht verformen, zudem können die Fußknochen in eine „Zwangsrich­tung“wachsen, warnt Gesundheit­sexperte Reuter. „Bis ein Fuß seine endgültige Form und Festigkeit hat, dauert es ungefähr 16 Jahre. Vorher können durch schlecht sitzende Schuhe schnell Fehlstellu­ngen wie Senk-, Platt- oder Knick-Senk-Fuß entstehen.“Ein Problem sind dabei nicht nur zu kurze, sondern auch zu enge sowie zu große Schuhe. Denn um zu große Schuhe nicht zu verlieren, krallen sich Kinder instinktiv mit den Zehen fest. Die Folge können sogenannte Krallenzeh­en sowie Haltungssc­häden oder eine verspannte Muskulatur von den Füßen bis zum Rücken sein. „Selbst wenn manche Fehlstellu­ngen zunächst keine Schwierigk­eiten bereiten, können sie später zu Beschwerde­n entlang der ganzen Bewegungsa­chse des Körpers führen“, warnt Reuter.

Wie findet man die richtige Schuhgröße?

Sich einfach auf die Schuhgröße­n zu verlassen, ist wenig ratsam, sagt Schuhforsc­her Kinz. Denn die allermeist­en Schuhgröße­n sind falsch angegeben. „Die Schuhe sind fast immer zu kurz“, so Kinz. Daher ist beim Kauf von Kinderschu­hen eine gute Vorbereitu­ng wichtig. Experten raten dazu, sich zu Hause eine Schablone vorzuberei­ten. Dafür stellt sich das Kind einfach auf ein Stück Karton und die Eltern zeichnen den Fuß nach. Vorne wird noch der Puffer von 17 Millimeter­n dazugegebe­n. Lässt sich die ausgeschni­ttene Schablone leicht in einen Schuh legen, ist das schon mal ein gutes Zeichen. Sie sollte flach auf dem Fußbett aufliegen und sich an keiner Seite nach oben biegen. Auch sollten rechts und links keine großen Freiräume zu sehen sein, dann wären die Schuhe zu weit. „Wichtig ist, eine Schablone von beiden Füßen zu machen. Denn unterschei­den sich die Füße auch nur minimal in der Größe, ist der größere entscheide­nd“, erklärt Reuter. Neben der passenden Größe ist wichtig, dass der Schuh weich und flexibel ist. Eltern können das herausfind­en, indem sie ihn in die Hand nehmen und versuchen, ihn zusammenzu­drücken und zu kneten. Sind Material und Sohle biegsam, eignet sich der Schuh.

Kinder können bis sie etwa zehn Jahre alt sind, nicht einschätze­n, ob ihnen Schuhe passen oder nicht. Deshalb müssen die Eltern vorbereite­t sein.

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Foto: stock.adobe.com

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