Damaskus liegt jetzt in Pfersee
Vor über einem Jahr hat sich Hany Balout mit dem Lokal in der Pferseer Straße selbstständig gemacht. Es gibt Gerichte aus Syrien. Seit Kurzem betreibt er das Restaurant mit einem Partner
Die syrische Küche gilt als vielfältig, raffiniert, schmackhaft und pikant, sie gilt als die Beste im Vorderen Orient. Und man bekommt sie seit über einem Jahr sehr authentisch bei Hany Balout im „Damaskus“an der Pferseer Straße. Das Haus in unmittelbarer Nähe der Unterführung ist mit seinem knallgelborangen Anstrich unübersehbar. Ganz im Gegensatz zum schrillen Gebäude ist Gastronom Hany Balout aus Damaskus. Der 31-jährige Syrer ist zurückhaltend, fast scheu.
Doch auch er schwärmt von den Gerichten seiner Heimat. Wie dem Schawarmateller. Dahinter verbirgt sich Kalbfleisch, eingestrichen mit 13 Gewürzen, komplettiert mit Reis oder Pommes, Sesamsoße, Humus, Granatapfelsoße, Zwiebel, Petersilie, Tomaten, Joghurt und Baba Ganoush, ein Püree der arabischen Küche aus Auberginen und Sesampaste. Auch Falafel stehen auf der Speisekarte, ebenso syrisches Frühstück oder ein Köfte-Spieß. Wer es süß mag, auf den wartet eine Nachspeise aus Zucker, Grieß, Käse, Sahne und Pistazien. Bei Weitem nicht alles, was das Lokal zu bieten hat. Nur Alkohol gibt es nicht.
Am 15. Juni 2018 hat Hany Balout das Lokal eröffnet, in dem zuvor ein türkischer Laden war. Pro Tag bewirtet er zwischen 50 und 60 Gäste, es könnten mehr sein. Trotzdem ist der anerkannte Flüchtling nicht frustriert. In Syrien war er Informatiker, ausgebildet an einer Akademie. Jetzt schwitzt er am Grill, überwacht die Zubereitung des Essens und bedient. Fünf Mitarbeiter helfen zeitweise, doch die meiste Arbeit bleibt am Chef hängen. Und an seinem Partner Mohamad Alsabbaghin, der vor Kurzem eingestiegen ist. Auch er ist Flüchtling aus Damaskus, verheiratet und dreifacher Vater.
Beide haben eine fast schon klassische Fluchtgeschichte. Syrien, Türkei, Griechenland, Mazedonien, Serbien, Ungarn, Österreich, Deutschland. Im November 2014 ist Balout aus Syrien geflohen, ein halbes Jahr war er zu Fuß und mit dem Boot unterwegs. Bis er in Pöttmes landete. Auch der 45-jährige Alsabbaghin kann eine ähnliche Geschichte erzählen.
Vor allem der Militär- und Kriegsdienst ist gefürchtet in Syrien. „Man kann sich zwar freikaufen, aber immer nur für einige Monate“, so Balout, dann müsse man wieder bezahlen. Kurzzeitig saß er sogar im Gefängnis. Er erzählt, dass er nach der Entlassung sofort zur Grenze fuhr, um seine Heimat zu verlassen. Deutschland gefällt ihm, aber es fehlen die Verwandten. „In Syrien hilft man sich gegenseitig“, das vermisse er hier schmerzlich. Deshalb hat er einen Plan: Wenn das Damaskus genügend abwirft, will er Mutter und Geschwister einladen. „Ich habe meine Mutter seit vielen Jahren nicht mehr gesehen.“
Neben diesem Projekt träumt der 31-Jährige noch von etwas anderem. „Mein Partner und ich hätten gerne ein Lokal in der Augsburger Innenstadt.“Das dürfte allerdings noch einige Zeit dauern, zumal dort bereits Syrer gastronomische Zelte aufgeschlagen haben. In Sachen Personal kämpft das Damaskus wie viele Lokale um geeignete Mitarbeiter. Dazu kommt noch die Sprache. „Unsere Mitarbeiter müssen neben Deutsch auch Arabisch sprechen.“Da das Lokal neben der Pferseer Unterführung sieben Tage von 11 bis 22 Uhr geöffnet hat, bedeutet das für Balout und Alsabbaghin eine 80-Stunden-Woche. Mit überschaubarem Einkommen. Dabei träumen sie davon, ihre neue Heimat besser kennenzulernen. Lediglich zwei Tage am Ammersee waren bisher „drin“.