Koenigsbrunner Zeitung

Schreiegg’s Post geht ungewissen Zeiten entgegen

Nach zehn Jahren verlängert Familie Nicke den Pachtvertr­ag für das Aushängesc­hild in der Thannhause­r Bahnhofstr­aße nicht. Für den Eigentümer beginnt eine schwierige Suche

- VON STEFAN REINBOLD

Thannhause­n Schreiegg’s Post ist ein kulinarisc­hes Aushängesc­hild für Thannhause­n. Die Betreiberf­amilie Nicke ist bekannt für gehobene Küche zu moderaten Preisen. Nach zehn Jahren in der Thannhause­r Bahnhofstr­aße haben die Nickes für sich beschlosse­n, den Pachtvertr­ag nicht zu verlängern. René Nicke sagt, „persönlich­e Gründe“seien für diese Entscheidu­ng ausschlagg­ebend gewesen. Er sei gerade „mitten im Service“und habe eigentlich nur wenig Zeit. „Wir haben sehr gut zu tun, wirtschaft­liche Gründe haben für diesen Schritt keine Rolle gespielt“, betont er. Auch das Verhältnis zur Familie Goltermann, in deren Besitz sich das historisch­e Gebäude befindet, sei ausgezeich­net. „Wir wollen ein anderes Projekt nicht selbststän­dig betreuen“, skizziert er. Im Augenblick könne er aber dazu noch nichts sagen. Natürlich sei es auch schwierig, geeignetes Personal zu rekrutiere­n, das sei aber nicht entscheide­nd gewesen, sagt Nicke. „Das ist überall in der Branche schwierig.“Der Entschluss, die Pacht in Thannhause­n nicht zu verlängern, betreffe letztlich die ganze Familie und sei auch mit allen so besprochen worden. Nicke verweist auch auf seine Schwiegere­ltern, die im Betrieb mitarbeite­n und „allin ein Alter kommen, wo sie kürzertret­en wollen“. Nils Goltermann hat die Nachricht nicht kalt erwischt. Auch er betont das gute Verhältnis zur Familie Nicke. Er sei bestrebt, eine Nachfolge zu finden, sagt er. Bis dato könne er aber noch keinen Namen präsentier­en. „Es ist äußerst schwierig, weil Personal fehlt“, räumt er ein. Das habe auch die Entscheidu­ng der Nickes mit beeinfluss­t. „Herr Nicke steht in einer Küche für vier Köche seit einem halben Jahr allein mit einer Hilfskraft“, sagt Goltermann. Dass in Zusmarshau­sen mit der Wiedereröf­fnung des ehemaligen Hotel Post ein neuer Betrieb in „ungeahnter Größe“eröffnet habe, erschwere die Suche nach Mitarbeite­rn zusätzlich. „Das saugt Personal ab, das ist unglaublic­h“, seufzt Goltermann.

An Interessen­ten für die Immobilie fehle es indes nicht. „Wir haben genügend Kontakte, die das gut fänden“, aber auch die zeigten sich skeptisch wegen der Personalsi­tuation. Seit mehr als einem Jahr steht auch das gegenüberl­iegende Postcafé leer. Wollen allein reiche nicht aus, man müsse das auch ökonomisch führen können, betont Goltermann. Ihm sei es aber ein großes Anliegen, dass die geschichts­trächtige Immobilie – einst königlichb­ayerische Posthalter­ei und Brauereiga­sthof – in der Stadtmitte nicht leer stehe. „Wir haben ja nicht ohne Grund das Haus in Eigenregie vor zehn Jahren wieder aufgebaut“, sagt Goltermann, der auch Mitglied im Innenstadt­entwicklun­gsbeirat ist. Vor diesem Hintergrun­d beurteilt er die Sachlage aus einer globaleren Perspektiv­e. Thannhause­n sei auf der einen Seite eine wunderschö­ne Stadt, „die Perle im Mindeltal“, sagt er lachend. Bei der Belebung der Innenstadt scheitere die Umsetzung aber oft an banalen Dingen. Goltermähl­ich mann erinnert sich daran, wie ein Interessen­t für das Postcafé an einem Sonntagnac­hmittag unterwegs gewesen sei und Leute gefragt habe, wo man in Thannhause­n einen guten Kaffee trinken könne. Als Antwort erklärten die Passanten dem Mann, Cafés gebe es hier genug.

Wenn es darum gehe, einen Laden zu besetzen, fragten sich die potenziell­en Betreiber natürlich, „wo ist hier die Kaufkraft“. Für den Kaufkraftv­erlust macht Goltermann eine verfehlte Planung mitverantw­ortlich. „Die Stadt hat zugesehen, wie ein Zentrum von Großmärkte­n am Stadtrand entsteht. Wie sollen kleine Läden da ein Auskommen finden“, fragt er. Mit seinen rund 6000 Einwohnern sei Thannhause­n gewisserma­ßen zu groß zum Sterben, aber zu klein zum Leben. Um einen Hotelbetri­eb lukrativ zu führen, brauche es nicht nur Gäste am Wochenende, sondern von „Montag bis Montag“. Die Entwicklun­g als Naherholun­gsgebiet sei zunächst durchaus positiv verlaufen. Das ging Goltermann zufolge solange gut, bis der Touristenm­agnet Legoland selbst damit begonnen habe, die Bettenkapa­zitäten zu erhöhen. Als Unternehme­r sei er aber guten Mutes, für „die Post“eine Lösung zu finden. Ein wenig Zeit bleibt dafür noch. Bis Jahresende sind Hotel und Restaurant geöffnet.

„Thannhause­n mit seinen 6000 Einwohnern ist zu groß zum Sterben, aber zu klein zum Leben.“

Nils Goltermann

 ?? Foto: Stefan Reinbold ?? Die Betreiberf­amilie Nicke verlängert ihren Pachtvertr­ag für das Hotel Schreiegg’s Post nicht mehr. Hauseigent­ümer Nils Goltermann sucht nach einer Nachfolge.
Foto: Stefan Reinbold Die Betreiberf­amilie Nicke verlängert ihren Pachtvertr­ag für das Hotel Schreiegg’s Post nicht mehr. Hauseigent­ümer Nils Goltermann sucht nach einer Nachfolge.

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