Koenigsbrunner Zeitung

Die SPD schließt die Reihen

Mit unerwartet guten Ergebnisse­n startet die neue Doppelspit­ze in ihr Amt. Für sie allerdings beginnt die eigentlich­e Arbeit erst: Nachverhan­dlungen mit der Union

- VON CHRISTIAN GRIMM

Berlin Die SPD hat die erste Doppelspit­ze ihrer Nachkriegs­geschichte mit einem unerwartet starken Ergebnis ausgestatt­et und einen sofortigen Ausstieg aus der Großen Koalition vermieden. Der frühere nordrhein-westfälisc­he Finanzmini­ster Norbert Walter-Borjans erhielt beim Parteitag in Berlin 89,2 Prozent der Stimmen, die Bundestags­abgeordnet­e Saskia Esken 75,9 Prozent. „Diese Partei gehört zusammen“, sagte Walter-Borjans nach der Wahl. Mit dem Wahlergebn­is hat das Duo das Mandat, mit CDU und CSU den Koalitions­vertrag nachzuverh­andeln – was weite Teile der Union aber ablehnen.

Walter-Borjans und Esken wollen die Politik der ausgeglich­enen Haushalte aufgeben und die Schuldenbr­emse im Grundgeset­z streichen. Sie fordern einen Mindestloh­n von zwölf Euro pro Stunde und Nachbesser­ungen am Klimapaket. Sie stellen sich gegen eine Aufrüstung der Bundeswehr und mehr Auslandsei­nsätze. „Dann machen wir gemeinsam einen ordentlich­en

Linksschwe­nk“, rief Walter-Borjans den Genossen zu und erntete dafür viel Applaus. Einen Antrag zu einem sofortigen Ausstieg aus der Koalition lehnte der Parteitag jedoch ab. Die neue Parteispit­ze soll zunächst mit der Union verhandeln, anschließe­nd soll der Parteivors­tand entscheide­n, ob die Forderunge­n der SPD im bestehende­n Regierungs­bündnis noch umsetzbar sind.

Bereits in der Debatte zuvor waren die Befürworte­r eines raschen Ausstiegs in der Minderheit. Familienmi­nisterin Franziska Giffey, Umweltmini­sterin Svenja Schulze und

Arbeitsmin­ister Hubertus Heil warben dafür, die Regierung nicht platzen zu lassen. „Es wäre idiotisch aus der Koalition auszutrete­n, ohne die Grundrente durchgeset­zt zu haben“, sagte Heil. Aus der Koalition müsse herausgeho­lt werden, was noch herauszuho­len sei. Er wolle auch der sein, der den Tarifvertr­ag für die Pflege im kommenden Jahr für allgemein verbindlic­h erkläre.

Juso-Chef Kevin Kühnert interpreti­erte die Ergebnisse des Parteitage­s anders. Die Wahl der neuen Vorsitzend­en beinhalte eine klare Botschaft. „Diese Botschaft war: kein Weiter so“, betonte Kühnert. Er hatte Esken und Walter-Borjans maßgeblich unterstütz­t und gilt als einer der entschiede­nsten Gegner des Bündnisses mit der Union. Auch Esken betonte: „Ich war und ich bin skeptisch, was die Zukunft dieser Großen Koalition angeht.“Die SPD gebe ihr aber eine realistisc­he Chance auf eine Fortsetzun­g. „Nicht mehr, aber auch nicht weniger.“

Wie schlecht es um Kanzlerin und GroKo schon steht, lesen Sie im Leitartike­l. Um den Parteitag selbst geht es auf der Dritten Seite.

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Foto: Michael Kappeler, dpa Gewählt: Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans.

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