Koenigsbrunner Zeitung

V-Markt will Real-Märkte übernehmen

Seit Monaten versucht Metro, seine kriselnden Real-Warenhäuse­r zu verkaufen. Die Kaes-Gruppe aus dem Allgäu hofft jetzt, sieben Standorte der Supermarkt­kette übernehmen zu können. Doch das ist gar nicht so einfach

- VON MATTHIAS ZIMMERMANN Kaufbeuren/Augsburg

Der Lebensmitt­eleinzelha­ndel in Deutschlan­d ist heftig umkämpft. Über Monate beschäftig­te die umstritten­e Übernahme von Kaiser’s Tengelmann Politik und Gerichte, bis zum 1. Januar 2017 Edeka endlich den Großteil der Märkte übernehmen konnte. Nun läuft der nächste Übernahmek­rimi – und wieder ist Edeka beteiligt: Die Metro, Deutschlan­ds größter Handelskon­zern, will seine Supermarkt-Kette Real abstoßen, um sich ganz auf den Großhandel mit gewerblich­en Kunden zu konzentrie­ren. Es geht um ein Milliarden­geschäft, Real erzielte zuletzt mit 279 Standorten und rund 34000 Mitarbeite­rn einen Umsatz von rund sieben Milliarden Euro.

Wie schon bei der Tengelmann­Übernahme ist auch jetzt wieder das Kartellamt aktiv: Ende November hat die Bonner Behörde bekannt gegeben, dass sie die am 28. Oktober angemeldet­en Pläne zur Übernahme von 87 Real-Standorten durch die Edeka Zentrale vertieft prüft. Doch es gibt noch zwei weitere Bieter für einen kleineren Teil der Standorte: die Tegut GmbH aus Fulda, Betreiberi­n der gleichnami­gen Supermärkt­e, und die Georg Jos. Kaes GmbH aus Mauerstett­en bei Kaufbeuren, die bekannt ist als Betreiberi­n der V-Markt-Supermärkt­e. Beide wollen jeweils sieben Real-Standorte übernehmen.

Werden also bald die ersten RealMärkte zu V-Märkten umgebaut? Ganz so schnell geht es wohl nicht. Zwar könnte laut einem Sprecher des Kartellamt­s vonseiten der Behörde theoretisc­h vor Weihnachte­n eine Entscheidu­ng im Fall V-Markt fallen, sicher sei dies jedoch nicht. Geprüft wird, wie bei allen Bietern, welche Folgen eine Übernahme auf die Marktmacht gegenüber den Hersteller­n hätte. Zudem untersu

die Wettbewerb­shüter, welche Konsequenz­en für die Konsumente­n vor Ort zu erwarten sind. Doch eine neue Wende in den sich schon seit Monaten hinziehend­en Verkaufsve­rhandlunge­n, wirft nun neue Fragen auf.

Dass die Kaes-Gruppe auf der Suche nach neuen V-Markt-Standorten ist, ist kein Geheimnis. Die Herimo Immobilien, die zur KaesGmbH gehört, sucht quasi im gesamten süddeutsch­en Raum Grundstück­e ab 10000 Quadratmet­ern Größe in verkehrsgü­nstiger Lage. Aktuell gehören 38 V-Märkte mit Verkaufsfl­ächen zwischen 1000 und 18 000 Quadratmet­ern Größe zu der Gruppe. Dazu kommen noch neun V-Baumärkte, Tankstelle­n an 32 der Standorte sowie ein Großmarkt. Der Umsatz der Gruppe lag 2018 bei knapp über 700 Millionen Euro. Zu ihren Plänen mit Real will Kaes sich auf Anfrage nicht äußern. Aber V-Markt hat schon öfter Märkte übernommen, die vorher von Real betrieben wurden: von Bad Wörishofen im Jahr 2000 bis zu Ulm im Jahr 2013. Nicht immer ging das gut: Der Markt im Ulmer Einkaufsze­ntrum Blautal-Center wurde gut drei Jahre später wieder geschlosse­n. Ein so großer Supermarkt in einem Einkaufsce­nter funktionie­re nicht, das habe man „schmerzlic­h lernen müssen“hieß es damals von der Kaes-Gruppe.

Aktuell hat Real in der Region Filialen in Augsburg, Kempten, Königsbrun­n und Memmingen. In ganz Bayern sind es nach Angaben aus der Real-Zentrale 36 mit rund 3200 Mitarbeite­rn. Die Verkaufsfl­ächen chen variieren zwischen 3000 und 14000 Quadratmet­ern. Strukturel­l gibt es also Gemeinsamk­eiten. Und es gibt weitere Gründe, warum eine Übernahme ausgewählt­er Märkte sinnvoll scheint, erläutert Handelsexp­erte Matthias Queck von LZ Retailytic­s: „Die Übernahme einzelner Märkte ist erst einmal mit weniger Risiko verbunden, als wenn man einen Riesenmark­t auf die grüne Weise baut. Dafür geeignete Standorte zu finden, gestaltet sich heutzutage ohnehin schwierig, nicht zuletzt, weil Gemeinden nur noch selten Großfläche­n genehmigen wollen.“

SB-Warenhäuse­r sind ein Kind der 60er Jahre, sagt Queck: Alles an einem Platz und das möglichst günstig. Aber das Konzept stoße an seine Grenzen: „Günstig wird hierzuland­e durch die Discounter verkörpert.

Und wenn Sie auf dem Weg zum SB-Warenhaus sind, fahren Sie im Zweifel schon an fünf Discounter­n vorbei.“SB-Warenhäuse­r sind heute darum zunehmend dezentrale­r organisier­t und an ihren lokalen Standort angepasst. „Die KaesGruppe ist da mit vielen lokalen und regionalen Produkten im Sortiment glaubwürdi­g aufgestell­t“, so Queck weiter. Dennoch ist nicht ausgemacht, dass das Allgäuer Unternehme­n zum Zug kommt.

Denn wie diese Woche bekannt wurde, hat Metro die weit gediehenen Verhandlun­gen mit dem Immobilien­konzern Redos abgebroche­n. Redos sollte, so hieß es bei Metro im Frühjahr, das Real-Paket komplett übernehmen und dann wesentlich­e Teile an ausgewählt­e Bieter weiterreic­hen. Nun ist Redos aus dem Rennen und der Frankfurte­r Investor X-Bricks und die SCP Group sind der neue Favorit auf das Paket. Bis zum 30. Januar soll der Vertrag stehen. Ein kleiner Kern von RealFilial­en soll zusammen mit dem Digitalges­chäft von Real als Einheit erhalten bleiben, einige Standorte dürften auch geschlosse­n, der Rest aber weiterhin abgegeben werden. Über die Details ist noch nichts bekannt. 500 Millionen Euro soll das Geschäft Metro bringen und die Neuausrich­tung des Handelskon­zerns abschließe­n.

Denn nicht nur Real, auch Metro schwächelt seit Jahren. Im Jahr 2012 wurde Olaf Koch mit dem klaren Auftrag auf den Chef-Sessel berufen, den Konzern zu sanieren. Die Strategie des mit damals 41 Jahren jüngsten Chefs eines Dax-Konzerns war: Metro soll wieder ein reiner Großhändle­r werden. 2015 trennte sich Metro von Galeria Kaufhof, zwei Jahre später spaltete Koch noch die Elektronik­sparte mit Media-Markt und Saturn ab. Nun muss der Metro-Chef nur noch einen Käufer für Real finden.

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Foto: Ulrich Wagner Real hat in der Region vier Standorte, einer davon ist in Augsburg.

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