Baby Finn ist endlich daheim
Weil seine Familie keine Pflegekräfte gefunden hatte, konnte der schwer kranke Bub nach seiner Geburt nicht in sein Dillinger Zuhause. Jetzt hat es geklappt – 18 Monate später
Dillingen Vermutlich wird er mal Rockstar. Schlagzeuger in einer Band. Rhythmus hat Finn auf jeden Fall. Und richtig draufhauen kann er auch. Zumindest kennt der kleine Blondschopf kein Halten mehr, wenn er den hölzernen Stock in der Hand hält. Dann bearbeitet er minutenlang das bunte Klangspiel vor sich auf dem Hochstuhl. Seine Mama Nicole steht daneben und sagt lachend: „Ich glaube eh, dass er mal ein Frauenheld wird. Denn er hat schon jetzt wieder alle um den Finger gewickelt. Fremdeln kennt er ja nicht.“
Wie auch. Seit Finn auf der Welt ist, war er in Krankenhäusern und bis zuletzt in einem Kinderhaus. Weil er am 30. Mai 2018 schwer krank auf die Welt gekommen ist. Seither konnte er nicht in sein Zuhause, das in Dillingen ist. Nicht, weil er dafür zu krank ist. Sondern weil es keine Pflegekräfte gab, die die Familie in den eigenen vier Wänden unterstützten. Bis jetzt. Denn seit wenigen Tagen ist der tapfere Kämpfer daheim. Ein kleines Wunder für seine Familie.
Finn ist per Notkaiserschnitt im im Augsburger Klinikum zur Welt gekommen. Seine viel zu kleine Lunge ist mit dem ersten Atemzug kollabiert. Er muss deshalb 24 Stunden beatmet werden. Für seine Eltern begann damit die verzweifelte und lange Suche nach Pflegekräften, die ein Leben daheim in Dillingen möglich machen sollten. Einrichtungen in ganz Deutschland haben sie angefragt, öffentliche Aufrufe auf allen möglichen Kanälen veranlasst und viele Diskussionen mit der Krankenkasse geführt. Kurz vor Weihnachten 2018 musste der Bub in einer Hauruck-Aktion aus der Klinik raus und hat mit Mama Nicole in einem Heim für intensivpflegebedürftige Kinder in Amberg in der Oberpfalz gelebt – 175 Kilometer weit weg von Papa und dem Zuhause in Dillingen. Unsere Redaktion hat über den verzweifelten Kampf der Eltern immer wieder berichtet. Viele Menschen haben Anteil am Schicksal von Finn genommen.
Es hat bis fast 18 Monate gedauert, bis es ein Happy End für den kleinen Finn gibt – und dafür ist Regens Wagner Dillingen, eine kirchliche Einrichtung für Menschen mit und ohne Behinderung, verantwortlich. Seit dieser Woche helfen drei Fachkräfte Mama Nicole bei der Versorgung von Finn. Dafür hat Regens Wagner im Sommer extra einen ambulanten Pflegedienst eingerichtet, den aktuell mehr als zwei Dutzend Menschen im Landkreis Dillingen in Anspruch nehmen. Für Finn wurde mit den Kassen, den Kostenträgern, eine Einzelvereinbarung ausgehandelt. Auch, weil die Fachkräfte eine Zusatzausbildung für sein Beatmungsgerät brauchen. Ein langer, komplizierter Weg.
Mama Nicole sagt: „Ich weiß das alles sehr zu schätzen und bin unfassbar dankbar. Und ich glaube Finn weiß, dass er zu Hause ist.“Die Nachbarn wissen es auf jeden Fall auch. Denn der NachwuchsSchlagzeuger ist nicht zu überhören.