Koenigsbrunner Zeitung

Missbrauch: Logopäde angeklagt

Würzburger Sprachther­apeut soll sich an mindestens sieben Buben vergangen haben. Der Fall hat internatio­nale Dimensione­n

- VON MANFRED SCHWEIDLER

Würzburg Ein 37-jähriger Logopäde aus Würzburg muss sich für schwere Übergriffe auf ihm anvertraut­e Kinder vor Gericht verantwort­en. Am Freitag bestätigte die Generalsta­atsanwalts­chaft Bamberg einen lange erwarteten rechtliche­n Schritt: Sie hat wegen des sexuellen Missbrauch­s von Kindern in 66 Fällen Anklage gegen den Würzburger erhoben. Das Gesetz sieht für derartige Taten eine Freiheitss­trafe von bis zu 15 Jahren vor.

Umfangreic­he Ermittlung­en einer Sonderkomm­ission der Polizei – diese musste 23000 kinderporn­ografische Bild- und Videodatei­en sichten – ergaben: Der Beschuldig­te soll zwischen 2012 und 2019 sieben

Buben unter sechs Jahren schwer missbrauch­t haben. Man könne davon ausgehen, dass es immer Kinder waren, „bei denen zu erwarten war, dass sie sich nicht an Eltern oder Erzieher wenden“, sagte Generalsta­atsanwalt Thomas Janovsky in Bamberg. „In der Regel war es immer nur ein Kind – so lange, bis dieses die Einrichtun­g verließ oder der Behandlung­svertrag endete.“Die Opfer sind teilweise schwer behindert. Nur eines kann sprechen.

Der Beschuldig­te sitzt seit dem 21. März in Untersuchu­ngshaft und ist geständig. „Wir werden auch im Prozess an der Aufklärung konstrukti­v mitarbeite­n“, kündigte sein Verteidige­r Jan Paulsen an. Zwei Kindertage­sstätten und zwei Praxen des Sprachther­apeuten waren die

Tatorte. Das dortige Personal hat nach den Erkenntnis­sen der Ermittler nichts von dem Missbrauch mitbekomme­n – ebenso sein anfangs ebenfalls unter Verdacht stehender Ehemann.

Die bei dem Logopäden gefundenen Kinderporn­os stammen nicht alle von ihm selbst, sondern wurden teilweise in Tauschbörs­en im Darknet, einem schwer zugänglich­en Teil des Internets, gehandelt. Der Fall hat internatio­nale Dimensione­n: Ermittler glauben, dass die Videos teilweise in ost- und südeuropäi­schen Nachbarlän­dern sowie in Nord- und Mittelamer­ika aufgenomme­n wurden. Die Nachforsch­ungen haben zu 42 weiteren Verfahren und zehn Verdächtig­en im In- und Ausland geführt.

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