Koenigsbrunner Zeitung

Rücktritt einer Glückliche­n

- VON TILMANN MEHL time@augsburger-allgemeine.de

Von ihren Erfolgen stand wenig in dieser Zeitung. Das Fernsehen berichtete allenfalls, wenn gerade auch wirklich nicht einmal ein Fußball-Drittligis­t gegen einen Regionalli­gisten getestet hat. Online ließen sich mit ihr auch zu wenig Klicks generieren, als dass es sich gelohnt hätte, Anna-Lena Grönefeld Bilderstre­cken oder Porträts zu widmen.

Anna-Lena Grönefeld ist die erfolgreic­hste deutsche Tennisspie­lerin des vergangene­n Jahrzehnts. Sie gewann die French Open sowie Wimbledon und stand bei sämtlichen Grand-Slam-Turnieren mindestens im Halbfinale. Nun ist sie zurückgetr­eten.

Mit 34 Jahren sieht sie ihre Zukunft nicht mehr auf den Tennisplät­zen der Welt. Jetzt sei es an der Zeit, „sich hoffentlic­h einen anderen Traum, nämlich den einer eigenen Familie, zu erfüllen“, schreibt sie auf Instagram.

Das Bemerkensw­erteste an ihrem Rücktritt ist, dass er nicht schon vor Jahren erfolgt ist. Sie galt mal als neue Steffi Graf – wie überhaupt jede halbwegs talentiert­e deutsche Tennisspie­lerin als neue Steffi Graf gilt. Mit 20 Jahren belegte sie Platz 14 der Weltrangli­ste, die große Karriere wartete. Doch Grönefeld schlug ihr die Tür zu. Sie trennte sich von ihrem autokratis­chen Trainer Rafael Font de Mora. Ein Tenniscrac­k, Schleifer und Manipulato­r. Anschließe­nd: Schlammsch­lacht, psychische Probleme, Gewichtszu­nahme. Grönefeld brauchte lange, um wieder Halt zu erlangen.

Sie fand ihn an der Seite eines Partners. Neben dem Tennisplat­z und auch auf dem Court. Dort spielte sie seit 2011 nur noch Doppel und Mixed. War jeweils eine der Besten und errang dort auch ihre größten Erfolge. In den Wettbewerb­en, die bestenfall­s in den Ergebnissp­alten abgebildet waren. Grönefeld störte sich nicht daran.

Angelique Kerber siegte sich an die Spitze der Einzel-Weltrangli­ste, Sabine Lisicki gefiel sich als Drama-Queen, Andrea Petkovic nahm schon immer die Rolle der intellektu­ellen Ausnahmeer­scheinung ein. Die deutschen Tennis-Frauen lieferten großartige Geschichte­n. Die bemerkensw­erteste aber hatte Grönefeld zu erzählen. Sie trat freiwillig in die zweite Reihe zurück, reiste mit dem Tross um die Welt, sammelte im Verlauf ihrer Karriere über vier Millionen Euro an Preisgeld ein. Grönefeld wohnt mit ihrem Ehemann in Hannover, sie wird den Tennisverb­and Niedersach­senBremen als Beraterin unterstütz­en. Kein Glamour, dafür ein gutbürgerl­iches Leben. Man darf sich Anna-Lena Grönefeld als glückliche Frau vorstellen.

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Foto: dpa Anna-Lena Grönefeld Privatlebe­n zurück. zieht sich ins
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