Koenigsbrunner Zeitung

Eine Klause für die Künstler

Schon 600 Jahre schmiegt sich die Antonspfrü­nde an das Butzenberg­le. Einst ein Altenheim, sind dort seit 1965 Maler und Bildhauer am Werk. Am Samstag erwarten sie Besuch

- VON BIRGIT MÜLLER-BARDORFF

Wer sich im Künstlerha­us Antonspfrü­nde umschauen will, braucht eigentlich den Faden der Ariadne, um wieder hinauszufi­nden. Denn wie Theseus im Labyrinth des Königs Minos, so irrt man durch die mit Bildern geschmückt­en Gänge, treppauf, treppab, gelangt um mehrere Ecken herum in verwinkelt­e Gänge, wähnt sich noch im Vorderhaus, ist aber längst schon im Hinterhaus – und in welchem Stockwerk man sich gerade befindet, das ist sowieso nicht so ganz eindeutig. Das alte Haus mit Eingang in der Dominikane­rgasse liegt am Berg. Das heißt, wer auf der Rückseite am Hunoldsgra­ben steht, nimmt Kellerfens­ter ebenerdig wahr. Es ist eben alles eine Frage der Perspektiv­e, und bei Künstlern sowieso.

Viele, die Rang und Namen in der Kunstszene Augsburgs hatten, arbeiteten hier in den Räumen mit den vielen kleinen Fenstern und den Gewölbedec­ken: Fons Dörschug, Traudl Glogger-Prechtl, Hermann Fischer, Otto Geiß, um nur einige zu nennen. Und natürlich wurde nur gearbeitet. Die Künstlerfe­ste in der Antonspfrü­nde waren legendär. Ebenso die Aufräumakt­ionen danach: „Da kamen die Leute, um die Reste auszutrink­en“, erinnert sich Elisabeth Wiesmann. Die Malerin, viele Jahre als Fotografin am Stadttheat­er beschäftig­t, ist eine der Frauen der ersten Stunde im Künstlerha­us.

18 Ateliers gibt es in dem traditions­reichen Haus aus dem Jahr 1410, das mit der kleinen Kapelle daneben als privates Spital für alte, arme und gebrechlic­he Männer erbaut wurde, gestiftet von dem Kaufmann Lorenz Egen. Seit 1813 befindet es sich im Besitz der Stadt und als es 1965 endgültig nicht mehr als Altenheim betrieben wurde, verschafft­e sich die Augsburger Künstlersc­haft um Ernst Berschet und Christoph Bechteler Gehör mit dem Wunsch nach Ateliers. Die Stadt willigte allerdings nur unter der Bedingung ein, dass die neuen Bewohner sich das Haus selbst herrichtet­en.

„Das war eine Aktion“, erinnert sich Elisabeth Wiesmann noch und zeigt Fotos aus dem Jahr 1966, als sich im Innenhof der Antonspfrü­nde

Mobiliar, Holzlatten und anderes Gerümpel stapelten. Auf einigen Bildern sind auch Totenschäd­el und Knochen zu sehen. „Auf die sind wir hinter einer der Mauern zur Antoniuska­pelle in einem Hohlraum gestoßen“, erzählt sie. In Wiesmanns Atelier mit den zwei Räumen tritt man durch eine dicke Holztüre, an der noch die massiven Beschläge aus früherer Zeit angebracht sind. An den Wänden hängen ihre Aquarelle, die vor Ort in freier Natur entstehen. „Bin im Außendiens­t, weil ich draußen male“, steht dann auf einem Aushang mit einem Foto von ihr vor der Staffelei im Grünen.

Einer, der auch viel unterwegs ist, aber die Antonspfrü­nde als sein „Basislager“sieht, ist Klaus Zöttl. Der ehemalige Kunsterzie­her machte sich unter anderem einen Namen durch seine Forschunge­n zu Erdfarbvor­kommen, die er zu Pigmenten aufbereite­t und mit ihnen malt. Sein Reich liegt im Untergesch­oß, „Er ist unser Kellergeis­t“, sagt Elisabeth Wiesmann beim Gang durch das Haus. In Zöttls Räumen sieht man in Form von dicken Stützpfeil­ern deutlich, dass das Flair des hisnicht torischen Gebäudes auch seine weniger schönen Seiten hat. Risse im Mauerwerk, abbröckeln­der Putz – die Statik des Gebäudes ist nicht mehr in Ordnung und die Gefahr, dass die Antonspfrü­nde genauso geschlosse­n werden muss wie die Dominikane­rkirche in unmittelba­rer Nähe, droht immer wieder. „Das ist wie bei den Kelten“, sagt Klaus Zöttl lakonisch, „die hatten auch immer Angst, dass ihnen der Himmel auf den Kopf fällt.“

Dennoch, der Andrang auf ein Atelier in der Antonspfrü­nde ist groß. Die Künstlerve­reinigung Ecke verwaltet die Vermietung und führt eine Warteliste. „Man ist mitten drin in der Stadt und hat immer Austausch mit den Kollegen“. Das schätzt die Kinderbuch­illustrato­rin Daniela Kulot, die ihr Atelier im ehemaligen Speisesaal des Altenheims hat. Die Einbauschr­änke mit vielen Türchen und Schubladen sind davon noch übrig und dienen Kulot heute als Aufbewahru­ngsort für Broschüren, Stifte und Farben.

OOffene Ateliers in der Antonspfrü­nde am heutigen Samstag, ab 13 Uhr

 ?? Foto: Ulrich Wagner ?? Hier hausen kreative Köpfe hinter grünen Türen. Jedes Atelier in der historisch­en Antonspfrü­nde, wie im Bild das von Ulo Florack, empfängt mit einer individuel­len künstleris­chen Visitenkar­te.
Foto: Ulrich Wagner Hier hausen kreative Köpfe hinter grünen Türen. Jedes Atelier in der historisch­en Antonspfrü­nde, wie im Bild das von Ulo Florack, empfängt mit einer individuel­len künstleris­chen Visitenkar­te.

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