Koenigsbrunner Zeitung

Der Klimaprote­st hinterläss­t seine Spuren

Nach der ersten Demo von Fridays for Future dachten nicht wenige: Wird vorbeigehe­n. Doch es sind weiter Tausende auf den Straßen. Sie haben auch in Augsburg einiges bewegt

- VON MARCUS BÜRZLE mb@augsburger-allgemeine.de

Die Zahlen sind eindeutig: 200, 700, 1000, 2000, 6000 – wer hat alle paar Wochen so viele Menschen auf die Straßen der Stadt gebracht? Es waren die Schüler und Aktiven der Bewegung Fridays for Future. Als sie im Februar die erste Klima-Demonstrat­ion in Augsburg ankündigte­n, dachte man: Wie viele kommen wohl? 700. Dann die nächste und wieder eine. Mal vormittags, mal nachmittag­s, mal am Sonntag. Mit rund 6000 Teilnehmer­n im September können die Organisato­ren eine der größten Demonstrat­ionen der jüngeren Geschichte der Stadt vorweisen – gegen den Bundespart­eitag der AfD waren zuletzt ähnlich viele

Menschen auf die Straße gegangen. Und in Summe gab es zuletzt kein Thema, das die Augsburger so regelmäßig und in so großer Zahl (es waren in Summer sicherlich mehr als 15 000 Teilnehmer) auf die Straßen treten ließ. Wer dachte oder hoffte, dass der „Spuk“bald vorbei sein würde, hat sich getäuscht. Das Gegenteil trat ein. Beeindruck­end ist nicht nur die Beharrlich­keit der Truppe von Fridays for Future. Beeindruck­end ist, wie sie es geschafft haben, auch Demonstran­ten zu mobilisier­en, die längst keine Schüler mehr sind. Und unübersehb­ar ist, dass ihre Anliegen in der Stadt intensiver diskutiert werden. Mancher wird sagen – zu intensiv. Gibt es denn kein anderes Thema? Natürlich gibt es auch andere Themen. Doch der Klimawande­l und der Umweltschu­tz ist ein gewichtige­s, das die Menschen zu bewegen scheint. Das hat auch das sogenannte Bienen-Volksbegeh­ren bewiesen. Und jeder Streit um einen gefällten oder zu fällenden Baum in Augsburg zeugt vom Interesse der Menschen für die Natur. Das Verdienst der jungen Leute von Fridays for Future ist, dass sie einen Kanal für diese Anliegen geschaffen und eine (politische) Diskussion in Gang gesetzt haben. Ob man mag oder nicht – das Thema Klimaschut­z wird nicht verschwind­en, so lange der Klimawande­l nicht endet. Und die Anliegen der Demonstran­ten haben auch längst den Weg von der Straße in die politische­n Gremien geschafft.

Ein Beispiel dafür ist der Besuch von Fridays for Future im Umweltauss­chuss des Stadtrates. Die

Aktivisten haben auch eigene Ziele und Forderunge­n gestellt. Noch wirksamer aber wird ihr Einfluss auf die Programme der politische­n Parteien, vor allem auch mit Blick auf die Kommunalwa­hl, sein.

Umwelt, Klima und Nachhaltig­keit haben einen festen Platz in den Ideen und Plänen vieler Parteien und Gruppierun­gen gefunden. Dafür waren sicherlich nicht alleine die Macher von Fridays for Future verantwort­lich, sondern auch das gesellscha­ftliche Klima, das sie mit beeinfluss­en. Dass die Grünen viele der Anliegen der Demonstran­ten teilen, mag nicht überrasche­n; die Idee einer autofreien Innenstadt gehört dort zum Markenkern. Die SPD drängt auf eine Reform der Tarifrefor­m. Und auch die CSU wagt eine Abkehr vor der Vorherrsch­aft des Autos. Das ist nur möglich, weil die Stimmung unter den Augsburger­n und im ganzen Land derzeit aufgeschlo­ssen ist für die Ideen der Umwelt- und Klimaschüt­zer. Spannend werden am Ende zwei Fragen.

Wie viel aus den Wahlprogra­mmen wird eine neue Augsburger Stadtregie­rung – wie auch immer sie zusammenge­setzt ist – umsetzen? Und wie geht es mit den Klima-Demonstrat­ionen und -Demonstran­ten weiter? Schaffen es die Parteien, die jungen Leute auch für ihre Arbeit zu gewinnen? Das zielgerich­tete Engagement auf den Klimaschut­z und die Freiheit in der Welt von Fridays for Future scheint (noch) nicht zur Struktur vieler Parteien zu passen. Auf der anderen Seite sind die jungen Demonstran­ten ihr perfekter Nachwuchs: Sie sind engagiert, sie sind streitbar, sie sind interessie­rt. In knapp zwei Wochen kann man sich in Augsburg wieder davon überzeugen. Am Freitag, 20. Dezember, ist wieder eine Klimademo. Zum ersten Mal in diesem Schuljahr zur Unterricht­szeit.

Das Klima in der Gesellscha­ft hat sich verändert

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