Er ist ein Urgestein auf dem Hoigarten
Rainer Linder half schon als Kind seinen Eltern in deren Stand auf dem Markt in Schwabmünchen. Weshalb der 45-Jährige sein Sortiment im Laufe der Jahre umstellte und was er am Schrannenplatz schätzt
Schwabmünchen Spaß am Hoigarten, das haben nicht nur die Besucher, sondern auch die Aussteller. Das erzählt jedenfalls Rainer Linder aus Schwabmünchen. Er nimmt auf dem Menkinger Adventsmarkt eine ganz besondere Stellung ein.
Eigentlich war Rainer Linder Bundeswehrsoldat, spielte die Klarinette im Luftwaffenmusikkorps, studierte dort Elektrotechnik, ging danach zum Finanzamt, ist aber inzwischen Lehrer für Wirtschaftswissenschaften an der Bundeswehrschule in Herrsching. Doch er hat auch einen Nebenjob, der ihn so richtig begeistert: Er ist Marktstandbetreiber, und das ist noch nicht alles: Linder ist wohl das einzige Urgestein des Hoigarten, das nicht ein einziges Jahr auf dem Schrannenplatz ausgelassen hat.
Die Ursprünge liegen aber nicht dort, wo der Hoigarten derzeit für winterliche Begeisterung zur Weihnachtszeit
sorgt, sondern im daran anschließenden Feuerwehrhaus. Drei Jahre stellten dort einige wenige Fieranten aus, ehe der „Markt“nach draußen verlegt wurde. Von diesem Tag an waren die Linders mit von der Partie. „Meine Eltern verkauften dort ab 1990 selbst gebastelte Perlenbäume aus Draht. Und ich habe als Kind schon mitgeholfen“, erzählt Linder, der gerne an diese Zeit zurückdenkt.
Kurz vor der Jahrtausendwende gründete er mit einem Freund eine GbR und übernahm den Stand von seinen Eltern. „Es war ein tolles Gefühl, eine eigene Firma zu haben – und das beim Hoigarten.“Hochwertiges Holzspielzeug aus Deutschland, das verkaufte er damals vorrangig. „Das lief gut, heut
„Meine Eltern verkauften dort ab 1990 selbst gebastelte Perlenbäume aus Draht. Und ich habe als Kind schon mitgeholfen.“
Rainer Linder
zutage allerdings kauft es kaum noch jemand. Jeder Supermarkt kann es viel billiger anbieten als ich“, sagt der 45-Jährige.
Deshalb stellte er sein Sortiment um, zunächst auf Volkskunst aus dem Erzgebirge und auf Bauernmalerei und zuletzt zusätzlich auf Spirituosen. Und das kam so: „Meine Frau und ich, wir gönnten uns ein Verwöhnwochenende am Schliersee und machten unter anderem eine Führung bei der Destillerie Lantenhammer. Die Brände schmeckten mir hervorragend. Daraufhin schickte mir der Inhaber eine ganze Kiste Whiskey zum Selbstkostenpreis. Und schon war die Idee geboren.“
Derzeit verkauft er auch Produkte der Marke Slyrs, dessen Name von dem Kloster am Schliersee abgeleitet ist. 50 verschiedene Brände, einschließlich sechs Gin-Cocktails, hat Linder im Angebot. „Und ich habe sie alle probiert.“Und nicht nur das: Er hat dazu auch viel Sachkenntnis und teilt sie seinen Kunden gerne mit. Und: Natürlich dürfen sie auch probieren, um sich von der Qualität der hochwertigen Ware zu überzeugen. Sein Favorit: Silt, ein Single Malt, der auf einem Schiffskutter bei Fahrten rund um Sylt im
Fass reift. „Mit den Menschen ins Gespräch zu kommen, sich beim Hoigarten zu treffen, das gefällt mir“, sagt Linder und führt weitere Argumente für seinen Stand an: „Tradition, Enthusiasmus, die Gemeinschaft der Fieranten, die Stimmung, der Spaß, dieser Stand gehört einfach zu mir.“Deshalb würde er nie auf einen anderen Weihnachtsmarkt gehen.
Was sich am Hoigarten in den vielen Jahrzehnten geändert hat? „Er ist immer größer, schöner, gemütlicher geworden. Natürlich spüren wir Konjunkturschwankungen. Aber das ist nicht so schlimm. Reich wird man an dem Verkauf ohnehin nicht“, sagt Linder.
Trotzdem, er fühlt sich in seinem Stand, auf seinen drei mal zwei Quadratmetern, ein wenig elektrisch beheizt, einfach wohl. Und mit ihm sein Sohn Stefan, der Grundschullehrer werden will. Er wächst so langsam in das Geschäft hinein.
Wer Linder und seine Produkte aber auch mal außerhalb der Adventszeit treffen will: Er ist auch beim Weinfest, bei der Langen Sommernacht und am St. Patricks Day der Buchhandlung Schmid vertreten. Und kaufen kann man bei ihm ohnehin das ganze Jahr.