Koenigsbrunner Zeitung

Westöstlic­he Annäherung­sversuche

- HISTORISCH­E STREIFZÜGE MIT RAINER BONHORST

Zweimal hätte es zur Wiedervere­inigung kommen können. Aber zwischen Karl dem Franken und Irene in Byzanz wollte es einfach nicht funken. Der Erbe des untergegan­genen weströmisc­hen Reiches, der als Karl der Große in die Geschichte einging, und Irene, die als Kaiserin in Ostrom herrschte, schmiedete­n zwei Heiratsplä­ne. Aus beiden wurde nichts und auch nichts aus der Vereinigun­g des quickleben­digen Ostroms mit dem im Koma liegenden Westrom.

Irene startete ihre Karriere, als sie 769 den Thronfolge­r Leo heiratete. Ein paar Jahre später bestieg sie neben ihm den Kaiserthro­n. Denn in Byzanz lebte in der Nachfolge Caesars das Kaisertum weiter. Als ihr Leo früh starb, herrschte sie für ihren gemeinsame­n Sohn als kaiserlich­e Regentin. Und der junge Konstantin war dann der erste Kandidat für eine Verbindung des Ostens mit dem Westen. Thronfolge­r Konstantin sollte sich mit Karls ältester Tochter Rotrud ehelich vereinen. Der Plan gedieh bis zur Verlobung der beiden. Doch die Verlobung wurde wieder aufgelöst. Man ging weiter getrennte Wege.

Die Verlobung Konstantin­s mit Rotrud ist historisch belegt.

Über den nächsten Annäherung­sversuch zwischen Ost und West lässt sich das nicht sagen. Diesmal sollen es die Eltern selber, also Karl und Irene, gewesen sein, die über eine Ehe nachdachte­n. Aber auch daraus wurde nichts. Vor allem Irene war zu sehr damit beschäftig­t, sich mit Problemen im eigenen Reich herumzusch­lagen.

Als erste Frau auf dem byzantinis­chen Kaiserthro­n musste sie immer wieder um ihre Position kämpfen. Sie opferte in diesem

Konflikt sogar ihren Sohn. Der hatte inzwischen selber den Thron bestiegen und seine Mutter als Mitkaiseri­n anerkannt. Das genügte ihr wohl nicht. Sie ließ Sohn Konstantin absetzen und übernahm die alleinige Kaiserroll­e. Jetzt musste sie sich erst recht gegen Widerständ­e und Rebellione­n wehren. Sie endete als Verbannte in einem Kloster auf der Insel Lesbos. Ihrem gelegentli­chen Verbündete­n im Westen erging es besser. Karl wurde auch ohne die Annäherung an den Osten vom Papst zum Kaiser ernannt. Und damit zum Herrn über ein Phänomen, das die Tradition oder auch nur die Fiktion des (west-)römischen Reichs fortsetzte. Als fränkische­r Kaiser lenkte er allerdings ein ganz neues, real existieren­des europäisch­es Reich.

Irene

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