Aufstrebender Wirtschaftszweig
Nachhaltigkeit, Flächenknappheit und Fachkräftebedarf – ein Resümee
Für den Imagewandel der Logistik müssten alle an einem Strang ziehen, lautete der Tenor auf dem Forum des Logistik-Cluster Schwaben im November in Augsburg. Dr. Hans Reichhart, Staatsminister für Wohnen, Bau und Verkehr und namhafte Referenten legten anhand Beispielen dar, wie Kommunen mit dem Flächenbedarf umgehen und wie sie zusammen mit Unternehmen Lösungen entwickeln.
Die Logistik wurde abseits gängiger Klischees als eine Branche behandelt, die eine wichtige Grundlage für die wirtschaftliche Stärke der Region Augsburg und Schwaben ist. Anschaulich war in diesem Zusammenhang der Besuch des Schwerlastzentrums der MAN Energy Solutions SE. Der Logistikstützpunkt bildet das Kernstück des neuen Transportkonzepts von MAN. Aktuell rund 50 – bald 70 Prozent – der jährlich rund 150 Motorenlieferungen werden dort auf die Schiene verlagert. Damit entlastet MAN den Verkehr und die Anwohner in Augsburg.
Logistik ist ein aufstrebender Wirtschaftszweig. Deutschland steht regelmäßig an der Spitze der weltweit leistungsfähigsten Logistikmärkte in Bereichen wie Qualität und Effizienz. Die Großräume Augsburg und Ulm mit den umliegenden Regionen bringen, wie eine Fraunhofer-SCS-Studie zeigt, gemeinsam das notwendige Gewicht
auf die Waage, um zu den großen deutschen Logistik-Regionen zu gehören. Zu einem erheblichen Teil liegt dies daran, dass sie sich in ihrer Funktionalität ergänzen, anstatt zu konkurrieren.
Drittgrößte Branche
Gemessen an den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten ist die Logistik die drittgrößte Branche der Region Schwaben. Überdurchschnittlich viele Menschen sind hier bereits in der Logistik tätig, Tendenz steigend. Im Jahr 2018 lag die Zahl der Beschäftigten bei 76187. Mit einer Quote von 10,6 Prozent übersteigen die Beschäftigtenzahlen auch den bundesdeutschen Durchschnitt. Logistikimmobilien, denen in Deutschland der höchste Wertschöpfungsanteil zugeordnet wird, sind zu 40 Prozent Logistikimmobilien für die Produktionsversorgung und zu 25 Prozent für die Ballungsraumversorgung. In diesen Bereichen punktet auch das 112 Hektar große Güterverkehrszentrum (GVZ) Region Augsburg – die Logistikinfrastruktur bietet einen Anziehungspunkt für viele Unternehmen.
Die Logistikbranche hat jedoch noch immer mit ihrem ehemals negativen Image zu kämpfen. Was oftmals nicht gesehen werde, so die Experten, sei, welch große Anstrengungen unternommen werden, bevor sich Logistik ansiedeln kann. Interviews mit sieben unterschiedlichen Kommunen wurden auf dem Forum vorgestellt und zeigten, dass die guten Erfahrungen überwiegen: Zuverlässigkeit und Einhaltung von Versprechen, ganzheitlich durchdachte Verkehrskonzepte, aktives Einbringen in Gemeinden durch Unternehmen, hohe Wertschöpfung, geringerer Verkehr als erwartet, reduzierte Abhängigkeit von einer Branche, mehr zusätzliche Arbeitsplätze als erwartet, Innovationen finden im Rahmen der Immobilien statt, interkommunale Kooperation und eine schnelle Bauzeit.
Wenige geeignete Standorte
Zugleich werden an die Logistik von heute neue Anforderungen gestellt: die Modernisierung der Infrastruktur, der Ausbau der Digitalisierung, eine intelligente Verkehrssteuerung, Vernetzung und Multimobilität, Intermodalität oder auch Klimaschutz. Von besonderer Bedeutung war laut der Expertenmeinung auf dem Forum die effiziente Flächennutzung. Flächen- und Arbeitskräftemangel rücken Lagen auch abseits der Hot Spots in den Fokus. Und Standorte, die sowohl hohe Flächen- als auch Arbeitskräftepotenziale aufweisen, sind rar, so das Ergebnis des Logix-Standortkompasses vom Fraunhofer.
Der Wandel vom Nachfrage- zum Angebotsmarkt fand bereits statt. „Aber solange Logistik sich so dynamisch verhält, werden wir nicht um weitere Flächen herumkommen“, meinte Uwe Veres-Homm von der
Fraunhofer-Arbeitsgruppe für Supply Chain Services (SCS). Freie Flächen in etablierten Logistik-Gewerbegebieten werden immer knapper und damit wertvoller. Daraus folgt die gezielte Vergabe von Flächen für Ansiedler mit einem passenden Nutzungsprofil.
Alexander Kubis, Vertreter des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit, ging auf den Fachkräftebedarf für Logistik in der Zukunft ein. Offene Stellen werden oftmals über persönliche Kontakte nachbesetzt, der Wettbewerb um Fachkräfte erfordert daher zunehmend die Attraktivität als Arbeitgeber. Betriebliche Arbeitskräfteengpässe gelten als Ursache für nicht ausgeschöpfte wirtschaftliche Möglichkeiten – dies hat weiter zugenommen und erfordert eine vorausschauende Planung.
Am Vorabend tauschten sich die Gäste im ehemaligen Weltbildareal über die Nachhaltigkeit in der Nutzung von Logistikimmobilien aus, die Besichtigung des vollautomatischen Hochregallagers inbegriffen. Dr. Sebastian Bögel, Teamleader Industrial Agency von Jones Lang LaSalle SE, forderte dazu auf, sich stärker auf die Möglichkeiten der Nachverdichtung zu fokussieren. Zudem sollte man sich auch mit Flächen beschäftigen, die im Bestand umnutzbar sind.
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