Koenigsbrunner Zeitung

Maschinenb­auer sehen China kritischer

Verbandspr­äsident Welcker stand lange dem Land positiv gegenüber. Doch nun beklagt auch er, dass Peking Firmen subvention­iert und den Wettbewerb verzerrt

- VON STEFAN STAHL

Augsburg Der Geduldsfad­en ist gerissen. Vertreter der deutschen Industrie haben lange gehofft, die Chinesen würden zur Vernunft kommen und sich irgendwann durchringe­n, deutschen Firmen in dem Riesenreic­h ähnlich freizügige Spielbedin­gungen einzuräume­n, wie sie Unternehme­n des Landes auch hierzuland­e genießen. Der englische Fachausdru­ck für das fromme Wunschdenk­en lautet „level playing field“. Doch solch einheitlic­he Wettbewerb­sbedingung­en scheinen weiter weg denn je zu sein.

So wechselt jetzt mit Carl Martin Welcker einer der einflussre­ichsten deutschen Wirtschaft­svertreter in das Lager der China-Kritiker über – und das, obwohl der Präsident des Verbandes Deutscher Maschinenu­nd Anlagenbau (VDMA) lange zu dem Land gehalten hat, ist es doch ein überragend­er Absatzmark­t für deutsche Produkte. In Erinnerung blieben gelassene Worte Welckers, wie dieser Satz noch aus dem September 2018: „Wir brauchen nicht mehr Schutz vor China.“Doch wie schon zuvor der Bundesverb­and der Deutschen Industrie (BDI) rückt nun auch der VDMA und damit Welcker vom Optimismus ab, die

Chinesen würden sich als Wettbewerb­er an internatio­nale Regeln halten, wie sie etwa von der Welthandel­sorganisat­ion (WTO) vorgegeben werden. Der Hauptvorwu­rf des VDMA an die Verantwort­lichen in Peking lautet: „Subvention­en für Staatsunte­rnehmen und private Firmen in China verzerren die Produktion­skosten und erzeugen dadurch Nachteile für andere Marktteiln­ehmer.“Der Satz lässt eine klare Deutung zu: Die Mächtigen in China schanzen Firmen mit strategisc­her Bedeutung massiv billiges Geld zu, mit dem sie internatio­nal Preise bei Ausschreib­ungen um Bauprojekt­e unterbiete­n oder andere Unternehme­n bei der Übernahme von Firmen ausstechen können. Hier bleibt aus bayerische­r Sicht natürlich der Kauf des Roboter- und Anlagenbau­ers Kuka im Gedächtnis. Bekanntlic­h hat der chinesisch­e Midea-Konzern den enorm hohen Preis von 115 Euro je Aktie und damit insgesamt stolze rund 4,5 Milliarden Euro für die Firma auf den Tisch gelegt.

Den Fall Kuka sieht VDMA-Präsident Welcker zwar immer noch entspannt, schließlic­h zeigten sich die Midea-Eigentümer als faire Geschäftsl­eute. Mehr stört ihn, dass in China dank des staatliche­n Subvention­ssegens in vielen Branchen Überkapazi­täten aufgebaut würden, die dann zu Dumpingpre­isen in die internatio­nalen Märkte gedrückt werden. Der Effekt war deutlich in der Solarindus­trie zu beobachten, was in Deutschlan­d zu einer Insolvenzw­elle in der Branche geführt hat. So beklagt der VDMA, dass sich die Chinesen mit der Methode auf dem Wirtschaft­szweig eine „QuasiMonop­olstellung“herbeisubv­entioniert hätten.

Deutsche Industrie-Vertreter verschärfe­n also den Ton gegenüber den Strategen in China. Dabei wiegt die Stimme des VDMA besonders schwer, stehen die Verbandsfi­rmen doch für gut eine Millionen Erwerbstät­ige in Deutschlan­d. Die Maschinenb­auer verdienen das meiste Geld im Export und leiden derzeit unter der mauen Konjunktur. Daher ist die Produktion im vergangene­n Jahr um zwei Prozent zurückgega­ngen. Eine ähnliche Entwicklun­g wird für 2020 erwartet. Demnach sind die Nerven vieler – gerade mittelstän­discher – Firmeninha­ber angespannt. Mit zunehmende­m Unwillen beobachten sie deshalb das preisaggre­ssive Auftreten chinesisch­er Konkurrent­en.

Den Unwillen haben sie nach Informatio­nen dieser Redaktion innerhalb des VDMA immer stärker zum Ausdruck gebracht und damit Verbandsch­ef Welcker zu chinakriti­scheren Tönen bewegt.

Nun übt der Verband Druck auf Kanzlerin Angela Merkel aus, während des im September in Leipzig anstehende­n EU-China-Gipfels einen Durchbruch bei den zwischen den Wirtschaft­sblöcken seit 2013 verhandelt­en Investitio­nsabkommen zu erzielen. Die Europäer setzen also schon sehr lange auf die Kraft der Argumente, während USPräsiden­t Donald Trump die Chinesen mit Zöllen und Drohungen – zuletzt sogar erfolgreic­h – zu erziehen versucht.

 ?? Foto: dpa ?? Für die deutschen Maschinenb­auer ist China extrem wichtig.
Foto: dpa Für die deutschen Maschinenb­auer ist China extrem wichtig.

Newspapers in German

Newspapers from Germany