Koenigsbrunner Zeitung

Söders Sololauf in Seeon

Der Ministerpr­äsident startet mit Vollgas ins Jahr und stellt eine neue Mannschaft auf. Seine Beliebthei­tswerte steigen, doch die Partei hinkt hinterher

- VON ULI BACHMEIER UND MICHAEL STIFTER

Seeon Am Ende ist es bei der CSUKlausur in Kloster Seeon dann ein wenig anders gekommen als zunächst kolportier­t. Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) verzichtet auf einen größeren Ringtausch in der bayerische­n Staatsregi­erung und versucht zugleich, der Debatte über eine Kabinettsu­mbildung in Berlin die Schärfe zu nehmen. Aktuell, so Söder, gehe es jetzt erst einmal nur um die Umbildung des Kabinetts in München. In Berlin werde „alles in enger Abstimmung mit der CDUVorsitz­enden“entschiede­n.

Nachfolger­in von Bau- und Verkehrsmi­nister Hans Reichhart wird, wie berichtet, die bisherige Sozialund Arbeitsmin­isterin Kerstin Schreyer (beide CSU). Bestätigt wurde am Donnerstag in Seeon auch, dass der CSU-Landtagsab­geordnete und Bürgerbeau­ftragte der Staatsregi­erung, Klaus Holetschek (Memmingen), Staatssekr­etär im Bauministe­rium wird. Für eine Überraschu­ng in der CSU-Fraktion allerdings sorgte die dritte Personalie: Die bisherige Sozialstaa­tssekretär­in Carolina Trautner (Landkreis Augsburg) soll nun doch das Ministeriu­m für Arbeit und Soziales übernehmen und nicht das Gesundheit­sministeri­um. Nach Aussage Söders war ein Wechsel von Gesundheit­sministeri­n Melanie Huml ins Sozialress­ort nie geplant.

Dass er die 58-Jährige aus Stadtberge­n zur Sozialmini­sterin macht, begründete Söder mit Trautners Erfahrunge­n als Staatssekr­etärin und ihrer Persönlich­keit: „Sie hat große Empathie und das Herz am rechten Fleck.“Die Berufung einer fünften CSU-Ministerin soll aber auch als Signal an die eigene Partei verstanden werden, die sich beim Parteitag im Oktober vergangene­n Jahres einer Ausweitung der Frauenquot­e noch widersetzt hat. Söder stellt damit Geschlecht­erparität zwischen den CSU-Ressortche­fs in der Staatsregi­erung her: Fünf Ministerin­nen, fünf Minister.

Tatkraft versucht der Ministerpr­äsident auch mit den weiteren Personalen­tscheidung­en zu demonstrie­ren. Die Berufung Schreyers zur Bau- und Verkehrsmi­nisterin begründete er damit, dass die 48-jährige Sozialpäda­gogin aus dem Landkreis München „sehr durchsetzu­ngsstark“sei, viel Erfahrung im Umgang mit der Bundeseben­e habe und sich als Abgeordnet­e aus dem Ballungsra­um München schon in der Vergangenh­eit bei Verkehrsfr­agen „hoch kompetent“gezeigt habe. Und weil er die Baupolitik zu einem Schwerpunk­t der Regierungs­arbeit machen will, stellt er ihr Klaus Holetschek als Staatssekr­etär zur Seite. Der 55-Jährige aus Memmingen sei ein erfahrener Jurist und kenne sich als ehemaliger Bürgermeis­ter von Bad Wörishofen mit den Problemen ländlicher Regionen „perfekt“aus.

Holetschek weiß, was Söder von Schreyer und ihm erwartet. Die Frage nach bezahlbare­m Wohnraum und der Mobilität der Zukunft bewege die Menschen sehr. „Da müssen wir möglichst schnell in die Puschen kommen“, sagte Holetschek nach der offizielle­n Verkündung seiner Berufung ins Kabinett.

Wie schon eine Woche zuvor bei der Tagung der CSU-Bundestags­abgeordnet­en dominierte Söder mit seinen Themen und Entscheidu­ngen auch die Klausur der CSULandtag­sabgeordne­ten. Er darf sich mit einigem Recht als Zugpferd seiner Partei fühlen. Zwar liegt die CSU in einer repräsenta­tiven Umfrage, die Infratest Dimap im Auftrag des BR-Politikmag­azins „Kontrovers“erstellt hat, bei der Sonntagsfr­age zur Landtagswa­hl mit 36 Prozent Zustimmung noch immer unter ihrem Wahlergebn­is aus dem Jahr 2018. Doch mittlerwei­le stellen bereits 67 Prozent der Befragten dem Ministerpr­äsidenten ein positives Zeugnis aus. Für den CSU-Chef ist das der erneute Beweis, dass die Probleme seiner Partei in der Bundesund nicht in der Landespoli­tik ihren Grund haben.

Zwar hat Söder am Donnerstag zum Abschluss der CSU-Klausur in Seeon beteuert, dass er eine Kabinettsu­mbildung in Berlin nicht in einem schnellen Alleingang durch die Ablösung der CSU-Bundesmini­ster Andreas Scheuer und Horst Seehofer erzwingen will. Es werde alles, so sagte Söder, „zusammen mit der CDU beraten“. Von seiner Forderung nach einer Umbildung und Verjüngung des Bundeskabi­netts bis zur Mitte des Jahres allerdings rückt er nicht ab.

In der Parteispit­ze steht er damit nicht allein. Und auch Experten wie der frühere Stoiber-Berater Michael Spreng sehen die Notwendigk­eit zu handeln. Im Gespräch mit unserer Redaktion sagte Spreng: „Die Leute haben genug von den ewigen Personaldi­skussionen. Deshalb darf Söder nicht nur reden, sondern er muss handeln – und bei seinen eigenen Leuten anfangen. Sonst steht er am Ende als bayerische­r Polit-Gorilla da, der sich nur ein bisschen auf die Brust getrommelt hat.“Und Spreng nennt auch Namen: „Andreas Scheuer kann nicht mehr für eine ernst zu nehmende Verkehrspo­litik stehen und Horst Seehofer nicht mehr für die Zukunft.“Es sei richtig, zu zeigen, „wie es nach der Ära Merkel weitergehe­n soll – auch und gerade personell“.

Die Klausur in Seeon ging am Donnerstag mit der Verabschie­dung von zwei Resolution­en zu Ende. Zum einen bekannte sich die Landtagsfr­aktion unter Vorsitz von Thomas Kreuzer zum Schutz und zur Förderung jüdischen Lebens in Bayern. Zum anderen brachte sie die Überzeugun­g zum Ausdruck, dass Klimaschut­z letztlich nur mit Forschung und Innovation zu machen sei. Nur mit „Verzichtsp­arolen“, sagte Kreuzer, habe man keine Chance, die Klimaziele zu erreichen.

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Foto: Matthias Balk, dpa Klare Kante: Markus Söder in Seeon.

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