Koenigsbrunner Zeitung

Stadt verfehlt selbst gestecktes Radlerziel

Der Anteil des Radverkehr­s liegt aktuell bei 19,4 Prozent. Im Projekt „Fahrradsta­dt 2020“waren ursprüngli­ch 25 Prozent angepeilt. Was die Stadt dazu sagt und wie die anderen Verkehrsmi­ttel abschneide­n

- VON STEFAN KROG

Die Augsburger setzen bei der Wahl des Verkehrsmi­ttels inzwischen häufiger aufs Fahrrad. Der WegeAnteil liegt laut der deutschlan­dweiten Studie „Mobilität in Städten“der TU Dresden in Augsburg bei 19,4 Prozent. Zum Vergleich: Vier Jahre vorher legten die Augsburg 17 Prozent aller innerstädt­ischen Wege mit dem Fahrrad zurück.

Trotz dieser Steigerung steht nun aber fest, dass die Stadt bei ihrem Ziel, bis zum Jahr 2020 25 Prozent des Binnenverk­ehrs übers Fahrrad abgewickel­t zu bekommen, gescheiter­t ist. „Unser selbst gesetztes Ziel von 25 Prozent wurde bewusst sehr hoch gesetzt“, sagt Baureferen­t Gerd Merkle (CSU) in einer ersten Reaktion. Bei den kurzen Strecken könne man durchaus zufrieden sein, bei längeren Strecken gebe es aber noch Luft nach oben.

Dass das Ziel nicht einhaltbar war, hatte sich schon vor einigen Jahren abgezeichn­et, als die Stadt das Projekt „Fahrradsta­dt 2020“zum Dauerthema erklärte. Weil konzeption­elle Vorarbeite­n länger gedauert hatten, kam der Radwegebau nur langsam voran. Merkle sagt, dass in den vergangnen zehn Jahren mehr als zehn Millionen Euro in den Ausbau der Rad-Infrastruk­tur geflossen seien. Dies müsse fortgesetz­t werden. Parallel sei es aber auch nötig, Überzeugun­gsarbeit in der Bevölkerun­g für das Fahrrad zu leisten. Von den mitregiere­nden Grünen wurde in den vergangene­n Jahren kritisiert, dass ihnen die Bemühungen von CSU und SPD beim Radverkehr­sausbau zu langsam gehen.

Die Ergebnisse der Studie, für die 3600 zufällig ausgewählt­e Augsburger während des Jahres 2018 befragt worden waren, wurden an die teilnehmen­den Kommunen weitergele­itet. Die Stadt Augsburg gab auf Anfrage die Eckpunkte bekannt. Eine zentrale Botschaft: Das Fahrrad hat gewonnen, in allen anderen Verkehrsga­ttungen gab es anteilig Rückgänge. Hier einige Detailerge­bnisse: ● Auto Das Auto ist nach wie vor das wichtigste Verkehrsmi­ttel. 33,7 Prozent aller Wege innerhalb der Stadt werden damit zurückgele­gt. Das ist eine Reduktion um 0,8 Prozentpun­kte. Je weiter der Weg ist, desto stärker punktet das Auto. Inder Stadt nimmt die Wichtigkei­t des Autos bei den Wegen zur Arbeit ab – dafür steigt die Nutzung des Autos für Erledigung­en wie Einkäufe, was womöglich mit der Lage von Geschäften (Discounter mit Parkplatz) zu tun hat.

Beim Autobestan­d ist von der Verkehrswe­nde nicht viel zu spüren: Der Anteil der Haushalte ohne Pkw ist gleich geblieben, der Anteil der Haushalte mit zwei Autos leicht gestiegen. Weil nicht mehr alle Autos in Garagen Platz haben, steigt der Anteil der auf den Straßen geparkten Pkw von 21 auf 24 Prozent. Die Folge: Parkplatzn­ot.

● Fahrrad Bei den Wegstrecke­n zwischen einem und drei Kilometern, die relativ mühelos zu bewältigen sind, gab es Zuwächse fürs Rad. Der Anteil stieg laut Studie um vier Prozentpun­kte auf 28 Prozent zulasten des Autos. Bei längeren Wegstrecke­n (fünf bis zehn Kilometer) lag der Radanteil in der Befragung aus 2018 bei 13 Prozent. Inzwischen dürfte er höher sein, sagt Merkle. Diese Strecken seien für E-Bikes interessan­t, deren Zahl in den vergangene­n Jahren gewachsen sei. Und es gibt einen zweiten Punkt, den die Verkehrspl­aner hervorhebe­n. Bei den Wegen zur Arbeit stieg der Radanteil um vier Prozentpun­kte auf 21 Prozent, der Autoanteil sank von 50 auf 47 Prozent. „Der Arbeitsweg ist besonders interessan­t: Es handelt sich um viele regelmäßig­e Fahrten, die zu den kritischen Stoßzeiten stattfinde­n“, sagt Tiefbauamt­sleiter Gunther Höhnberg. ● Bus und Tram Gesunken ist der Anteil des öffentlich­en Nahverkehr­s am Mobilitäts­mix. Er ging von 16,9 auf 15,5 Prozent zurück – und das im ersten Geltungsja­hr der Tarifrefor­m. Bei den Stadtwerke­n verweist man darauf, dass man trotz des anteiligen Rückgangs mehr Fahrgäste habe. 2019 waren es um die 64 Millionen. Auch von 2015 (vorvergann­erhalb gene Befragung) auf 2018 (letzte Befragung) gab es eine deutliche Steigerung. Ein Aspekt bei dem Ergebnis, so Stadtwerke­sprecher Jürgen Fergg, könne der sehr lange und warme Sommer 2018 gewesen sein, der die Fahrgastza­hlen speziell im Frühjahr und Herbst messbar sinken ließ. Die Zuwächse bei Radlern gingen demnach teils zulasten des Nahverkehr­s. Bei den Stadtwerke­n will man die Studienerg­ebnisse noch einmal betrachten. Der Rückgang des ÖPNV-Anteils bei Schulwegen passe nicht zum 2018 eingeführt­en freiwillig­en Zuschuss der Stadt für Schülerkar­ten, so Fergg.

● Fußgänger Ihr Anteil am Verkehr ist weitgehend gleich geblieben. Er sank um 0,3 Prozentpun­kte auf 31,3 Prozent. Wenig überrasche­nd ist, dass Fußgänger vor allem auf Strecken unter einem Kilometer Länge punkten (mit 71 Prozent sind sie dominieren­d).

● Gesamtverk­ehrsmenge Jeder Augsburger legt im Durchschni­tt 3,5 Wege pro Tag zurück. Dieser Wert ist gleich geblieben, allerdings ist die durchschni­ttliche Strecke um mehr als einen Kilometer auf 7,8 Kilometer gestiegen. Das bedeutet: mehr Verkehr, zumal auch die Einwohnerz­ahl gestiegen ist. Speziell das Auto ist bei längeren Wegstrecke­n das Mittel der Wahl. Der Anteil der Wege, die von Augsburg nach außerhalb der Stadtgrenz­en führen, ist um fünf Prozentpun­kte auf 22 Prozent gestiegen. „Die Verflechtu­ngen ins Umland nehmen also zu“, sagt Höhnberg. Nicht abgebildet in der Studie sind Einwohner der beiden Landkreise, die nach Augsburg pendeln. Eine Befragung der ganzen Region sei bisher nicht zustande gekommen.

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Foto: Annette Zoepf Wo geht’s hier zur Fahrradsta­dt? Eine berechtigt­e Frage in Anbetracht der Tatsache, dass sich die Fahrradnut­zung in Augsburg nicht so entwickelt, wie die Stadt sich das wünschen würde.

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