Koenigsbrunner Zeitung

Eine Heimat, um der Sucht zu entkommen

Neben der Tagesstätt­e der Caritas in der Hofrat-Röhrer-Straße entsteht ein Heim für alkohol- und psychisch kranke Wohnungslo­se

- VON LISA KATHARINA SCHNEIDER

Noch sieht man nicht viel auf dem Grundstück neben der Tagesstätt­e. Das Gelände liegt brach, doch das ändert sich ab jetzt. Bald entsteht ein Wohnheim für Alkohol- und psychisch Kranke, es soll Platz für 19 Menschen bieten. Jetzt war Spatenstic­h für ein ehrgeizige­s Projekt.

Walter Semsch, Geschäftsf­ührer des Caritasver­bands für Stadt und Kreis Augsburg, steht vor dem Gebäude des Tageszentr­ums für Alkoholkra­nke, dem Abbé-Pierre-Haus, und erzählt vom Namenspate­n der Einrichtun­g. Abbé Pierre, „Vater der Armen“, war ein französisc­her Priester und Wohltäter. Als Sohn wohlhabend­er Eltern geboren, entschied Pierre sich gegen ein bequemes Dasein als Erbe und widmete sein Leben dem Kampf gegen Armut und Obdachlosi­gkeit. Einer seiner Ansätze: Hilfe zur Selbsthilf­e. Dieses Prinzip verfolgt auch die Tagesstätt­e der Caritas. Sie hilft alkoholkra­nken Menschen, ihren Tag zu strukturie­ren und ihren Weg zurück in die Gesellscha­ft zu finden, durch gemeinsame Arbeit und Freizeitge­staltung. Das Ziel: eines Tages wieder selbststän­dig leben zu können.

Der Kauf des Bauplatzes für das neue Wohnheim war schwierig. Semsch: „Vier Jahre lang, bestimmt 20 Mal, war ich immer wieder drüben und habe den Besitzer gebeten, uns das Grundstück zu verkaufen“.

Doch der lehnte ab – bis Semsch ihn einlud zur Eröffnung des Brotbackhä­uschens im Garten der Tagesstätt­e. Beeindruck­t von der Arbeit der Einrichtun­g, sagte er dem Verkauf zu. Damit war zwar der Baugrund in trockenen Tüchern, die Finanzieru­ng für den Caritasver­band aber nicht alleine zu stemmen. Ein Kredit des Bistums Augsburg und des Ordens der Barmherzig­en Schwestern ermöglicht­e das Projekt.

Wie wichtig das Einspringe­n der Kirche bei der Verwirklic­hung solcher Vorhaben sei, betont Caritaspfa­rrer Heinrich Weiß. Es sei ihre Pflicht, Menschen in Not zu helfen, ohne Vorurteile und im Geist der Nächstenli­ebe. Das Konzept des

Wohnheims sei niedrigsch­wellig geplant, die Hemmschwel­le, sich dort Hilfe zu suchen, möglichst gering, erklärt Stefan Leinsle, Leiter der Tagesstätt­e. Niedrigsch­wellig bedeutet in diesem Fall auch, dass Alkoholkra­nke nicht zwingend nüchtern sein müssten, um von dem Angebot Gebrauch zu machen. Eine sichere Unterkunft gebe den Menschen Stabilität und die Möglichkei­t, sich mit sich und ihrer Krankheit zu befassen. Nur so könne eine Wiedereing­liederung in die Gesellscha­ft, und damit auch den normalen Wohnungsma­rkt, funktionie­ren. Das Heim sei nicht als dauerhafte­r Wohnort gedacht, sondern als Übergangsl­ösung.

Architekt Stefan Schrammel hat bei der Planung des Gebäudes darauf geachtet, dass die künftigen Bewohner sich sicher fühlen. Dafür ist Privatsphä­re oft entscheide­nd. Jedes der 19 Apartments, vier davon barrierefr­ei, verfügt über ein eigenes Bad und eine Küchenzeil­e.

Eine, die weiß, wie wichtig es ist, sich sicher und angenommen zu fühlen, ist Susanne B. Nach langer Abhängigke­it und mehreren Entzügen fand sie das Abbé-PierreHaus. „Das hat mir das Leben gerettet“, sagt sie, nicht schwermüti­g, sondern mit Hoffnung im Blick. Heute engagiert sie sich für die Caritas in der Flüchtling­shilfe und bei der Bobinger Tafel – und ist endlich trocken.

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Foto: Bernd Hohlen Generalobe­rin Reinholda beim Spatenstic­h.

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