Koenigsbrunner Zeitung

Wenn Banken plötzlich bremsen

Mit gigantisch­en Summen will der Staat klammen Unternehme­n durch die Krise helfen. Noch aber kommt das Geld nicht an – ein Unding in dieser Situation

- VON RUDI WAIS rwa@augsburger-allgemeine.de

Gut gemeint ist noch lange nicht gut gemacht. Mit Zuschüssen, staatliche­n Bürgschaft­en und zinsgünsti­gen Krediten wollen Bund und Länder angeschlag­ene Unternehme­n über Wasser halten. Für viele kleinere Betriebe allerdings ist dieses Verspreche­n nichts wert, solange das Geld nicht fließt. Jeder Tag, den sie auf die versproche­nen Liquidität­shilfen warten müssen, bringt sie der Insolvenz ein Stück näher. Null Einnahmen, trotz Kurzarbeit aber noch hohe laufende Kosten: Dieser Spagat des Schreckens kann auch Unternehme­n ruinieren, die vor wenigen Wochen noch kerngesund und kreditwürd­ig waren.

Am Geld fehlt es nicht, das stellt der Staat mit dreistelli­gen Milliarden­beträgen schier unbegrenzt zur Verfügung – vom Messebau über die Gastronomi­e bis zur Bustourist­ik

aber häufen sich die Klagen über das schlappe Bearbeitun­gstempo und, vor allem, über die fehlende Kooperatio­nsbereitsc­haft der Banken. Mal kündigen sie Kunden auf dem Höhepunkt der Krise die Kreditlini­en, mal verweigern sie ihnen dringend benötigte Darlehen, weil der Staat lediglich für 90 Prozent der Summe bürgt und für die Bank ein kleines Restrisiko bleibt. Vor diesem Hintergrun­d wirkt das Verspreche­n von Wirtschaft­sminister Peter Altmaier, kein Unternehme­n müsse wegen Corona in die Insolvenz gehen, für viele Unternehme­r im Moment wie der blanke Hohn. Selbst auf die vom bayerische­n Wirtschaft­sminister Hubert Aiwanger versproche­nen Soforthilf­en von bis zu 30 000 Euro warten viele von ihnen noch.

Wenn in den nächsten Wochen nicht eine Pleitewell­e ungeahnten Ausmaßes über die deutsche Wirtschaft hereinbrec­hen soll, muss die Politik ihre Prozesse dringend überprüfen und optimieren. Warum braucht die bundeseige­ne KfWBank mehrere Wochen, um einen Hilfskredi­t zu bewilligen und auszuzahle­n? Muss der Staat vielleicht für 100 Prozent der geliehenen Summen geradesteh­en, damit die Banken sich nicht mehr drücken können? Das Geld kommt am Ende zwar von der KfW, abschließe­n aber muss ein Unternehme­r den Darlehensv­ertrag mit seiner Hausbank – und dort beginnen für ihn in der Regel die Schwierigk­eiten. Nicht der Staat, sondern die

Bank entscheide­t, ob ein Betrieb die Krise überlebt oder nicht – ein Unding in einer Situation, die auch solide geführte Firmen in eine existenzbe­drohliche Bredouille bringt.

Die Handlungsf­ähigkeit eines Staates zeige sich gerade in schwierige­n Zeiten, hat Altmaier im Bundestag gesagt. Dazu gehört in diesem Fall aber auch, dass Bund und Länder sich ein Stück weit von der gegenwärti­gen Logik des Krisenmana­gements verabschie­den. Sie fußt im Wesentlich­en auf dem Verteilerp­rinzip: Wir stellen Geld bereit und hoffen, dass es auch ankommt und hilft. Dabei hat der Staat Möglichkei­ten genug, schnell und direkt selbst Einfluss zu nehmen – nämlich über die Finanzämte­r. Sie haben einen kurzen Draht zu den Unternehme­n und können ihnen nicht nur Steuervora­uszahlunge­n erlassen oder Steuerschu­lden stunden, sondern auch Steuern erstatten.

Firmen, die im Moment nichts mehr verkaufen, könnte der Fiskus beispielsw­eise die Steuern des letzten abgerechne­ten Jahres und notfalls auch noch die des vorletzten zurücküber­weisen und diese Steuerschu­ld dann mit den Steuerbesc­heiden künftiger Jahre wieder eintreiben. Damit blieben die Banken in den meisten Fällen außen vor – und den Betrieben, die bereits am Rande der Zahlungsun­fähigkeit stehen, wäre schneller und unkomplizi­erter geholfen als im herkömmlic­hen Verfahren über die KfW. Nachdem weite Teile der Wirtschaft inzwischen stillstehe­n, entscheide­n jetzt zwei Kriterien über alles: Tempo und Liquidität.

Die Finanzämte­r könnten am schnellste­n helfen

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