Koenigsbrunner Zeitung

Was Weber (CSU) und Wurm (SPD) unterschei­det

Am Sonntag entscheide­n die Augsburger in der Stichwahl über den neuen Oberbürger­meister. Angesichts von Corona fand zuletzt kein Wahlkampf mehr statt – wir zeigen auf, wofür die Kandidaten inhaltlich stehen

- VON STEFAN KROG

Am Sonntag werden Eva Weber (CSU) und Dirk Wurm (SPD) als Oberbürger­meister-Kandidaten in die Stichwahl gehen. Von Wahlkampf ist angesichts der CoronaKris­e, an deren Bewältigun­g beide gemeinsam in der städtische­n „Führungsgr­uppe Katastroph­enschutz“arbeiten, momentan wenig zu spüren – Unterschie­de gibt es aber dennoch zwischen den beiden Kandidaten. Wenige Tage vor der Stichwahl bieten wir noch einmal eine Übersicht über die Positionen der Kandidaten und ihrer Parteien:

Verkehr

Weber betont, kein Verkehrsmi­ttel gegen das andere ausspielen zu wollen. Das Bürgerbege­hren zur Förderung des Radverkehr­s wird von der CSU nicht unterstütz­t, wenngleich Weber sagt, Verständni­s für dessen Ziele zu haben. Einseitige Verkehrspo­litik wolle sie aber nicht betreiben, und so stehen im CSUWahlpro­gramm neben mehr Radwegen und einer Verkehrsbe­ruhigung von Innenstadt­straßen auch Dinge wie mehr Gehwegpark­en in manchen Stadtteile­n. Eine Umgestaltu­ng der Karlstraße sei wünschensw­ert, so Weber, dürfe aber nicht angrenzend­e Straßen mit Verkehr fluten.

Wurm legte sich relativ schnell darauf fest, das Fahrradbeg­ehren, das etwa mehr Radwege und -stellplätz­e vorsieht, zu unterstütz­en. Auch die SPD ist dafür, speziell in der Innenstadt Durchgangs­verkehr zu reduzieren. Eine Beruhigung der Karlstraße befürworte­t auch die SPD – und schlägt vor, die kleine Nordtangen­te, ein Bauprojekt, das seit Jahrzehnte­n in der Planung ist, aber bisher nie angefasst wurde, als Entlastung zu bauen.

Ein erklärtes Ziel von Weber ist es, ein eigenes Mobilitäts­referat innerhalb der Stadtregie­rung einzuricht­en, weil dieses große Thema momentan auf mehrere Referate aufgeteilt ist. Wurm hält dies für unnötig. Wolle man Autos aus der Stadt bekommen, sei ein günstiger Nahverkehr wichtiger.

Nahverkehr

Beide Parteien bekennen sich zum Hauptbahnh­ofs-Tunnel und zum Ausbau des Nahverkehr­s mit Straßenbah­nen und tangential­en Buslinien. Wurm hat bei der Trassierun­g der Linie 5 eine Strecke durch die Rosenaustr­aße als Favoriten erkoren, die CSU verweist auf das noch offene Prüfungsve­rfahren. Weitere Unterschie­de gibt es beim Thema Tarifpolit­ik: Weber, die als Bürgermeis­terin aktuell das Thema Nahverkehr verantwort­et, will eine Änderung der 2017 umgesetzte­n Tarifrefor­m, die teils für Unmut bei den Fahrgästen sorgte. Wie diese aussehen wird, soll davon abhängen, was ein von der Stadt beauftragt­er Fachmann sagt. Wurm, dessen SPD die Tarifrefor­m ablehnte, fordert plakativ die schrittwei­se Einführung eines 365-Euro-Tickets für alle und eine Wiedereinf­ührung des Seniorenab­os. Zahlen soll das der Freistaat.

Bauen und Wohnen

Die SPD will mehr Regulierun­gen, um Mieter zu schützen: Wurm sprach sich für das Volksbegeh­ren zum Mietendeck­el aus, um dem Markt eine Pause zu verordnen, bis andere Maßnahmen (z.B. mehr greifen. Weber hielt das Volksbegeh­ren, dessen Zulässigke­it geprüft wird, für ein Programm, das den Wohnungsba­u erst einmal zum Erliegen bringen werde. Auch ansonsten sind die Rollen beim Thema Regulierun­gen geradezu klassisch zwischen CSU und SPD verteilt: Die Sozialdemo­kraten fordern auch Erhaltungs­satzungen für einige Stadtteile, um Luxussanie­rungen zu erschweren und Mieter zu schützen. Die Forderung aus dem Wahlprogra­mm, 30 Prozent geförderte Wohnungen in Neubaugebi­eten vorzuschre­iben, haben die Sozialdemo­kraten inzwischen durchgeset­zt.

Die CSU setzt vor allem darauf, mehr zu bauen, etwa indem neue Gebiete mit Augenmaß ausgewiese­n werden und die Wohnbaugru­ppe unterstütz­t wird. Nötig sei auch die Förderung sozial ausgericht­eter Wohnkonzep­te, mehr Vergaben von städtische­n Grundstück­en im Erbbaurech­t und sogenannte Konzeptver­gaben. Insgesamt will die CSU auch die Möglichkei­ten schaffen, höher zu bauen – gleichwohl sagte Weber zuletzt, dass auch noch genügend Freifläche­n und Durchlässi­gkeit in der verdichtet­en Stadt übrig bleiben müssen. Hintergrun­d ist die Novellieru­ng der Bayerische­n Bauordnung, die grundsätzl­ich höhere Gebäude erlauben würde, für die drei größten Städte Bayerns aber eine Ausnahme macht. Wurm hält diese Ausnahme für unsinnig – das werde zur Folge haben, dass in Stadtberge­n ein Stockwerk höher gebaut werden darf als in Augsburg. Allerdings sieht auch die SPD das Problem, dass starke Verdichtun­g den Charakter von Vierteln ändern kann. Deshalb müssten Nachbarn bei Projekten stärker einbezogen werden.

Bürgerbete­iligung

Weber will im Fall ihrer Wahl in der kommenden Periode einen Grundsatzb­eschluss im Stadtrat erreichen, der die Einrichtun­g von sogenannte­n Bezirksaus­schüssen als Stadtteilp­arlamente zum Ziel hat. Damit werde die Teilhabe der Bürger vor Ort gestärkt. Wurm sieht das anNeubaute­n) ders: Er favorisier­t thematisch­e Stadtteilk­onferenzen, bei denen konkrete Absprachen getroffen werden. Zudem will er einen sogenannte­n Bürgerhaus­halt einrichten, bei dem Bürger über Projekte mitreden können.

Einigkeit

Es gibt in vielen Dingen unterschie­dliche Meinungen zwischen Weber und Wurm, in vielen Dingen aber auch Einigkeit. Dass für die Augsburger Wirtschaft Rahmenbedi­ngungen geschaffen werden müssen, um die Digitalisi­erung hinzubekom­men, ist Konsens, wenngleich mit etwas unterschie­dlicher Akzentuier­ung, was Interessen von Arbeitgebe­rn und -nehmern betrifft. Auch bei der Bildung und der Sanierung von Schulen gibt es ähnliche Aussagen zur Wichtigkei­t, wenngleich die SPD die CSU im Wahlkampf für das Agieren ihres Bildungsre­ferenten Hermann Köhler kritisiert­e. Ebenfalls wird Integratio­n als wichtige Zukunftsau­fgabe gesehen.

 ?? Foto: Peter Fastl ?? Finanzbürg­ermeisteri­n Eva Weber (CSU) und Ordnungsre­ferent Dirk Wurm (SPD) wollen beide Oberbürger­meister werden. Am Sonntag ist Stichwahl. Im ersten Wahlgang vor knapp zwei Wochen holte Weber 43,1 Prozent, Wurm 18,5 Prozent der Stimmen.
Foto: Peter Fastl Finanzbürg­ermeisteri­n Eva Weber (CSU) und Ordnungsre­ferent Dirk Wurm (SPD) wollen beide Oberbürger­meister werden. Am Sonntag ist Stichwahl. Im ersten Wahlgang vor knapp zwei Wochen holte Weber 43,1 Prozent, Wurm 18,5 Prozent der Stimmen.

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